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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Gedanken. «Irgendeine Art von Zauberbann.
Aber welchen Unterschied würde es schon machen? Jenny ist dort,
    sagst du. Sie genießt seinen Schutz.»
«Oh, es wird einen Unterschied machen, glaub mir», artikulierte
Jane Smart in einem langen zitternden Warnton, als wäre er ein
Tremolo unter einem einzigen Strich ihres Bogens.
«Wie denkt Sukie darüber?»
«Sie denkt genauso wie ich. Daß es eine Unverschämtheit ist. Daß
wir betrogen worden sind. Meine Liebe, wir haben eine Schlange an
unserem Busen genährt.»
Alexandra mußte wehmütig an die Abende denken, die in der Tat
im Laufe des Winters seltener geworden waren, da sie, al esamt nackt,
naß und matt vor lauter Hasch und Californischem Chablis, Tiny
Tims vielen Stimmen lauschten, von denen sie in der stereophonen
Dunkelheit, tril ernd und brummend und ihr Innerstes massierend,
umspielt wurden; die stereophonischen Vibrationen brachten ihren
Herzen, Lungen und Lebern Erleichterung, ihrer glitschigen, fetten
Anwesenheit in jenem purpurnen Innern, zu dem der schummrig
erleuchtete Baderaum mit seinen asymmetrischen Kissen eine Art
Verstärkung bedeutete. «Ich würde meinen, es geht al es so weiter wie
bisher», sagte sie zu Jane. «Er liebt schließlich uns. Und Jenny tut
nicht die Hälfte dessen, was wir für ihn tun; wir waren es, die sie
bedienen wol te. Und oben ist so viel Platz, sie müssen nicht al e in
einem Zimmer schlafen, oder so was.»
«Ach Lexa», seufzte Jane in zärtlicher Verzweiflung. «In Wahrheit
bist du die Ahnungslose.»
Nach diesem Telefonat fühlte Alexandra sich al es andere als
beruhigt. Die Hoffnung, daß der dunkle Fremdling sich am Ende
doch für sie entscheiden würde, hockte noch immer in einer Ecke
ihrer Einbildung; konnte es denn sein, daß ihrer königlichen Geduld
keine größere Belohnung zuteil wurde, als benutzt und dann
fortgeworfen zu werden? Und jener Oktobertag, als er sie hinauf zum
    Portal gefahren hatte wie zu einem gemeinsamen Besitz, und als sie
durch die Flut hinwegwaten mußte, als ob die Elemente selbst sie
gebeten hätten zu bleiben: konnten denn solche kostbaren Auspizien
leere Versprechungen sein? Wie kurz das Leben ist, wie schnell die
Zeichen ihre Bedeutung verlieren. Sie strich sich liebevol über die
Unterseite der linken Brust und meinte, dort ein kleines Knötchen zu
entdecken. Beunruhigt und erschrocken sah sie unverhofft in die
leuchtenden Knopfaugen eines grauen Eichhörnchens, das sich ins
Futterhäuschen gestohlen hatte, um zwischen den
Sonnenblumenkernen herumzustöbern. Es war ein feister kleiner
Gentleman in einem grauen Frack, mit weißer Hemdbrust, der mit
glänzendem Blick zum Diner gekommen war. Diese
Unverschämtheit, diese Gier. Seine kleinen grauen Händchen,
empfindungslos und trocken wie Vogelfüße, verhielten auf halbem
Wege vor seiner Brust, durch plötzliches Innewerden ihres Blickes,
ihres psychischen Angriffs; seine Augen saßen seitwärts in dem ovalen
Schädel und schienen in ihrer Wölbung wie glänzende,
schiefstehende, undurchsichtige Glaskuppeln. Der Lebensfunke im
Innern des winzigen Schädels wol te fliehen, sich in Sicherheit
bringen, aber Alexandras plötzlich starrer Blick ließ ihn sogar durchs
Glas hindurch gefrieren. Ein schwacher kleiner Wil e, programmiert
auf Futter und Flucht und saisonale Fortpflanzung, pral te auf einen
stärkeren. Morte, morte, morte sagte Alexandra wortlos und
entschieden, und das Eichhörnchen fiel um wie ein plötzlich leerer
Sack. Ein letztes Zucken seiner Gliedmaßen ließ ein paar leere Hülsen
über die Kante des Plastikfutterhäuschens fliegen, der üppige eisgraue
Schwanzbusch schlug einige Sekunden hin und her, dann war das
Tier stil ; das tote Gewicht brachte das Futterhäuschen, das an einem
Draht zwischen zwei Pfeilern der Laube angebracht war, mitsamt
seinem kegelförmigen Dach aus grünem Plastik zum Schwingen. Das
Programm war gelöscht.
    Alexandra fühlte keine Reue; es war eine köstliche Macht, die sie
besaß. Jetzt aber mußte sie ihre Gummistiefel anziehen und
hinausgehen und mit eigener Hand den Körper vol er Ungeziefer
beim Schwanz fassen, zum Ende des Gartens gehen und ihn in die
Büsche hinter der Steinmauer werfen, wo das Moor begann. Es gab so
viel Schmutz im Leben, so viele Radiergummikrümel, verstreuten
Kaffeesatz und tote Wespen, die zwischen die Doppelfenster geraten
waren, daß es schien, als würde die gesamte Zeit eines Menschen –
jedenfal s die

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