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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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einer Frau – mit Neuzuweisungen verbracht, die darin
bestanden, daß man Dinge von einem Ort zum andern trug; wobei
Schmutz, wie ihre Mutter immer zu sagen pflegte, nichts weiter war
als Materie am falschen Platz.
Tröstlicherweise rief an jenem Abend, während die Kinder um
Alexandra herumlungerten, um je nach Alter entweder den Wagen
oder Hilfe bei den Schularbeiten oder beim Zubettgehen zu fordern,
Van Horne an. Das war ungewöhnlich, weil sich seine Sabbate
normalerweise spontan ergaben, durch das telepathische oder
telefonische Verschmelzen der Lüste seiner Anbeterinnen, ohne daß er
sich zu einer persönlichen Einladung herabgelassen hätte. Sie fanden
sich bei ihm ein, ohne genau zu wissen, wie sie dazu gekommen
waren. Ihre Autos – Alexandras kürbisfarbener Subaru, Sukies grauer
Corvair, Janes moosgrüner Valiant – trugen sie mit sich fort, wie von
psychischen Kräften getrieben. «Komm Sonntag abend rüber»,
schnarrte Darryl in seinem heiseren New Yorker Taxifahrerton. «Es ist
ein höl isch deprimierender Tag, und ich habe etwas Stoff da, den ich
an euch Bande ausprobieren wil .»
«Es ist nicht leicht», sagte Alexandra, «am Sonntagabend einen
Babysitter zu bekommen. Am nächsten Morgen müssen sie früh hoch
wegen der Schule, und deshalb bleiben sie lieber zu Hause und sehen
sich Archie Bunker an.» Aus ihrem unvermuteten Widerstand spürte
sie Ablehnung heraus, einen Ärger, den Jane Smart ihr eingepflanzt
    hatte, doch dessen Intensität nun in ihren eigenen Adern weiter
wuchs.
«Ach, hör auf. Deine Kinder sind groß, wozu brauchen sie immer
noch einen Babysitter?»
«Ich kann Marcy die drei jüngeren nicht einfach aufs Auge drücken,
sie akzeptieren ihre Erziehungsmaßnahmen nicht. Außerdem könnte
sie jemanden besuchen wol en, und davon möchte ich sie nicht
abhalten; es ist nicht fair, einem Kind die eigene Verantwortung
aufzubürden.»
«Welches Geschlecht hat denn der jemand, den das Kind besuchen
will?»
«Das geht dich nichts an. Zufäl igerweise ist es eine Freundin. »
«Jesus, mach mich doch nicht an, ich bin es doch schließlich nicht
gewesen, der dich mit diesen kleinen Monstern reingelegt hat!»
«Es sind keine Monster, Darryl. Und ich vernachlässige sie.»
Interessanterweise schien es ihn nicht zu stören, daß sie ihm
widersprach, was sie noch nie getan hatte: vielleicht war das der Weg
zu seinem Herzen. «Wer könnte schon sagen», erwiderte er sanft, «was
Vernachlässigung heißt? Hätte meine Mutter mich ein bißchen mehr
vernachlässigt, wäre ich möglicherweise ein ganz brauchbarer Typ
geworden.»
«Du bist ganz in Ordnung.» Es klang gezwungen, aber ihr gefiel,
daß er Bestätigung suchte.
«Sei gefickt zum Dank», antwortete er mit unvermittelter Grobheit.
«Wir sehen dich also oder auch nicht.»
«Sei doch nicht gleich beleidigt.»
«Wer ist beleidigt? Komm oder laß es. Sonntag gegen sieben.
Zwanglose Kleidung.»
Sie fragte sich, warum der nächste Sonntag ihn wohl bedrücken
    würde. Sie sah auf den Küchenkalender. Die Zahlen waren von Lilien
umrankt.
Der Osterabend erwies sich als lau, mit einem Südwind, der den
Mond durch wilde, bleiche Wolken zurücktrieb. Die Flut hatte
silberne Lachen auf dem Damm hinterlassen. Junges grünes
Marschgras sproß aus den Zwischenräumen der Steine. Alexandras
Scheinwerfer ließen Schatten über die Felsblöcke und über das Tor,
durch das der junge Baum wuchs, tanzen. Die geschwungene Auffahrt
führte an der Stelle vorbei, wo die Silberreiher zu nisten pflegten und
wo jetzt die zusammengefal ene Tennishal enhaut gefaltet und hart
wie ein Lavastrom lag; dann fuhr der Wagen die von nasenlosen
Statuen gesäumte Auffahrt hinauf. Als sich die stattliche Silhouette
des Hauses abzeichnete, durch dessen Fenstergitter helles Licht schien,
hob sich ihr Herz in Feiertagsstimmung; jedesmal, wenn sie herkam,
ob nachts oder am Tage, hoffte sie jenem Wesen von Bedeutung zu
begegnen, das, wie sie wußte, sie selbst war, sie selbst ohne Putz und
Fessel, sündlos und nackt, aufrecht und vol kommen und offen für
jedes ehrenvol e Angebot: die schöne Fremde, ihr heimliches Ich.
Keine noch so große Mattigkeit am nächsten Tag konnte sie von der
überspannten Erwartung kurieren, die das Lenox-Haus in ihr wach
rief. Deine Sorgen verdampften in der Eingangshal e, wo
Schwefeldüfte dich grüßten, und ein Elefantenfuß als
Regenschirmständer eine Menge altmodischer Griffe und Henkel

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