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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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betrachtete
er im Mondlicht ihr regloses Gesicht, und die Art, wie ihre
geschlossenen Lider in die verschatteten Augenhöhlen gebettet und
die zusammengepreßten Lippen hingeritzt waren, die einen
unausgesprochenen Beitrag zur Traumdebatte versiegelten, enthül te
seinem Bück die alte Makellosigkeit zierlich gefügter Knochen. Felicia
    hatte etwas Zerbrechliches im Schlaf. Auf den Ellbogen gestützt, lag er
da und starrte sie an, und die Gestalt des quirligen Teenagers, den er
geliebt hatte, stellte sich ihm wieder her; er sah sie vor sich in ihren
flauschigen, pastel enen Pul overn und den langen Schottenröcken,
wie sie beschwingten Schritts durch die Flure mit den hohen grünen
Metal schließfächern eilte, und hatte zugleich ein Bild von sich selber,
von dem schlaksigen, «hellen» Jungen, der er gewesen war; eine
riesige, stofflose Säule aus verlorener und vertaner Zeit wuchs dann
aus den Schlafzimmerwänden empor, und ihm war, als lägen Felicia
und er wie zwei zermalmte Körper auf dem Grund eines Luftschachts.
Aber im Augenblick stand sie aufgerichtet vor ihm, unabweisbar, in
schwarzem Rock und weißem Pul over, dem Aufzug, in dem sie bei
der abendlichen Sitzung des Feuchtgebietsschutzkomitees den Vorsitz
geführt hatte. Auf dieser Sitzung hatte sie die Neuigkeit über Ed
Parsley erfahren, von Mavis Jessup.
«Er war schwach», konstatierte sie, «ein schwacher Mann, dem
irgend jemand mal gesagt hat, er sehe gut aus. Für mich hat er nie gut
ausgesehen, mit dieser pseudoaristokratischen Nase und den unsteten
Augen. Er hätte nie ein geistliches Amt übernehmen dürfen, er war
nicht berufen, er dachte, er könnte Gott bezirzen, so wie er die alten
Damen bezirzt hat, damit nur ja keine dahinterkommt, wie hohl er
ist. In meinen Augen – Clyde, sieh mich an, wenn ich mit dir spreche!
– hat er es in sträflichem Maße verabsäumt, die Eigenschaften eines
Gottesmannes vorzuleben.»
«Ich bin gar nicht sicher, ob die Unitarier so enorm viel Wert legen
auf Gott», erwiderte er milde; noch hoffte er, weiterlesen zu können.
Quasare, Pulsare, Sterne schleuderten pro Mil isekunde Ströme von
mehr Materie aus, als in al en Planeten zusammen enthalten ist: in
solchem kosmischen Wahnsinn suchte viel eicht er den altmodischen
himmlischen Gott. Damals, in jenen unschuldigen Tagen, als er noch
ein «heller» Junge gewesen war, hatte er, um einen Extrapunkt in
    Biologie zu erringen, eine lange Abhandlung mit der Überschrift Der
hypothetische Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion geschrieben
und war abschließend zu dem Ergebnis gekommen, daß es diesen
Konflikt nicht gab. Die Arbeit war mit A-plus bewertet worden, vom
teiggesichtigen weichlichen Mr. Thurmann, damals vor
fünfunddreißig Jahren, aber jetzt erkannte Clyde, daß er gelogen
hatte. Der Konflikt lag offen zutage, war unversöhnlich, und die
Wissenschaft siegte.
«Worauf immer die Wert legen, es ist auf jeden Fal mehr, als bloß
ewig jung zu bleiben, was aber genau das ist, das Ed Parsley in die
Arme dieses kläglichen kleinen Flittchens getrieben hat», tat Felicia
kund. «Er muß sich diese durch und durch jammervol e Sukie
Rougemont, die du so gern hast, eines Tages gründlich unter die Lupe
genommen und festgestellt haben, daß sie über dreißig ist, und er gut
daran tut, sich schleunigst nach einer jüngeren Geliebten umzusehen,
weil er sonst womöglich noch mit hineingezogen wird ins
Erwachsenwerden. Diese heiligmäßige Brenda Parsley, warum die sich
das alles gefal en läßt, ist mir ein Rätsel.»
«Warum. Warum nicht. Was für eine Alternative hatte sie denn!» Es
war ihm zuwider, wenn sie so drauflosschimpfte, dennoch konnte er
dann und wann nicht widerstehen, ihr zu antworten.
«Wie du meinst. Aber die bringt ihn um. Diese Neue bringt ihn
um, das steht fest. Es dauert kein Jahr, dann liegt Ed Parsley in
irgendeinem Loch, in das sie ihn verschleppt hat, und ist tot, die
Arme übersät mit Nadeleinstichen, und von mir hat er kein Mitleid
zu erwarten. Ich werde auf sein Grab spucken. Clyde, hör endlich auf,
in diesem Magazin zu lesen. Was habe ich gerade gesagt?»
«Du wil st auf sein Grab fpucken.»
Ohne sich dessen ganz bewußt zu sein, hatte er eine kleine Eigenart
ihrer Aussprache nachgeahmt. Er blickte auf, gerade noch rechtzeitig,
    um zu sehen, wie sie einen kleinen blauen Fussel zwischen ihren
Lippen hervorzog. Sie ließ die Hand wieder sinken und rol te den
Fussel mit hastigen,

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