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Die Hexen von Eastwick

Titel: Die Hexen von Eastwick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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keine Ahnung warum. Dieser ekelhafte Geschmack und dann diese
Gegenstände! Morgens, wenn ich aufwache, habe ich manchmal das
Gefühl, als müßte ich ersticken, und Stücke von Stroh, schmutzigem
Stroh, kommen heraus, wenn ich mir die Zähne putze. Aber ich weiß doch, daß ich nichts gegessen habe. Ich habe einen entsetzlichen
Mundgeruch, Clyde! Ich weiß nicht, was los ist mit mir!»
Als dieser Schrei aus ihr herausbrach, war ihr Körper angstvol
verrenkt, sie stand da, als werde sie gleich davonfliegen, irgendwohin,
und Clyde mußte an Sukie denken: beide Frauen hatten helle,
trockene Haut und einen leptosomen Körperbau. Zu High-School-
Zeiten war Felicia überschüttet gewesen mit Sommersprossen, und ihr
«Pep» damals hatte etwas von der flotten, kessen Al üre seiner
Lieblingsreporterin gehabt. Doch die eine Frau war der Himmel und
die andere die Höl e. Er nahm Felicia in die Arme. Sie schluchzte. Es
stimmte: ihr Atem roch wie der Boden in einem Hühnerstal .
«Vielleicht sol ten wir zu einem Arzt gehen», sagte er tröstend. Diese
blitzartige ehemännliche Gefühlsanwandlung, in der er ihre
verängstigte Seele mit dem schützenden Mantel der Fürsorge
umhül te, verbrauchte viel von dem Alkohol, der in seinem Kopf
wölkte.
    Felicias eheweibliches Sichfal enlassen jedoch dauerte nur einen
kurzen Augenblick; sie verhärtete sich wieder und wehrte sich gegen
die Umarmung. «Nein. Der konstruiert bloß, daß ich verrückt bin,
und rät dir, mich wegzugeben. Denk ja nicht, ich wüßte nicht, was du
denkst! Wenn die doch tot wäre, das denkst du, du Mistkerl. Du bist
genau wie Ed Parsley, ihr seid al e Mistkerle. Erbärmlich, verkommen
… Ihr wollt alle nur einf: widerliche Frauen …» Sie entwand sich
seinen Armen; im Augenwinkel sah er noch, wie sie sich mit der
Hand an den Mund fuhr. Sie wol te die Hand auf dem Rücken
verstecken, aber wutentbrannt – vor al em darüber, wie ihrer
rasenden, haltlosen Selbstzufriedenheit die Wahrheit beigemischt war,
für die ein Mann ja sein Leben gibt, packte er ihr Handgelenk und
brach ihre Faust auf. Ihre Haut fühlte sich kalt an und feucht. In ihrer
aufgebogenen Hand lag zusammengeringelt eine nasse Flaumfeder,
wie von einem Küken, aber einem Osterküken, denn die kleine
weiche Feder war lavendelblau eingefärbt.
    «Er schreibt mir Briefe», sagte Sukie zu Darryl Van Horne, «ohne
Absender, er schreibt, er ist in den Untergrund gegangen. Sie haben
ihn und Dawn einer Gruppe zugeteilt, die lernt, wie man aus
Weckern und Schießpulver Bomben bastelt. Das System hat keine
Chance mehr.» Sie grinste äffchenhaft.
«Wie fühlst du dich dabei?» fragte der schwere Mann ruhig, mit
hohler Psychiaterstimme. Sie aßen zu Mittag in einem Restaurant in
Newport, wo sie sicher sein konnten, niemanden aus Eastwick zu
treffen. Ältliche Kel nerinnen in gestärkten braunen Miniröcken, mit
Taftschürzen, die hinten zu großen Schleifen gebunden waren – man
sollte an Playboy-Häschen denken –, brachten ihnen große
Speisekarten, auf denen, Braun auf Beige gedruckt, lauter Sachen auf
Toast standen, al e mit wenig Kalorien. Mit ihrem Gewicht hatte
Sukie keine Sorgen; bei ihrer nervösen Energie wurde ja sofort al es
    verbrannt.
Sie blinzelte ins Unbestimmte und überlegte sich eine ehrliche
Antwort, denn sie spürte, daß dieser Mann ihr die Chance bot, sie
selbst zu sein. Nichts würde ihn schockieren oder verletzen. «Ich fühle
mich erleichtert», sagte sie, «daß er mir aus der Hand genommen ist.
Ich meine, was er wol te, war nichts, was eine Frau ihm hätte geben
können. Er wol te Macht. Ich als Frau kann einem Mann bis zu
einem gewissen Grad Macht über mich geben, aber ich kann ihm
nicht ins Pentagon verhelfen. Das war es, was Ed so begeistert hat an
der Protestbewegung, wie er sie sich vorstel te, nämlich, daß sie an die
Stelle des Pentagon treten würde, mit einer eigenen Armee und, na,
eben al em, was so dazu gehört, Uniformen und Reden und
Sitzungssälen mit großen Landkarten und so. Da war der Ofen richtig
aus bei mir, wenn er anfing, davon zu phantasieren. Ich mag sanfte Männer. Mein Vater war sanft, er war Tierarzt in unserer kleinen
Stadt in der Fingersee-Gegend, er las so gern. Er hatte al e
Erstausgaben von Thornton Wilder und Carl Van Vechten, in
Plastiküberzügen, damit die Schutzumschläge geschont würden.
Monty war eigentlich auch immer ganz sanft, außer wenn er die
Schrotflinte herunterholte

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