Die Hexenadvokatin
kaufen beabsichtigte, schauen, als verräterische Geräusche aus der finstersten Ecke an ihr Ohr drangen«, setzte sie zur näheren Erklärung an.
»Erst vermutete sie, eine der Mägde würde sich mit einem der Pferdeburschen verlustieren. Demnach war sie vollkommen konsterniert, als das Frauenzimmer mit dem nackten Busen und den hochgeschobenen Röcken sich als die Tochter des Hausherrn entpuppte, zwischen deren Schenkeln sich ein junger Mann gerade anschickte, es sich wohl sein zu lassen.
Meine Freundin konnte das Unglück gerade noch verhindern! Constanze hat geheult und frech behauptet, der Kerl habe sie überrumpelt. Aber Sophie hatte genau beobachtet, wie willig sie sich dem Burschen an den Hals geworfen hatte.
Sie gab der Kleinen zwar ihr Wort, den Mund zu halten; aber in diesem Fall, wo es um die Ehre der Mangfall-Pechsteiner geht, setzt sie die Wahrheit höher an als das einer Sünderin gegebene Versprechen. So hat sie es mir beim Leben ihres eigenen Sohnes geschworen.«
»Hoffentlich bleibt die Dame auch dabei. Schon manche bekamen es mit der Angst zu tun, wenn es ernst wurde vor Gericht und sie die Hand zum Schwur erheben sollten«, gab Pater Winfried zu bedenken, skeptisch wie immer.
»Ich kenne Frau von Klagenbach seit mehr als zwanzig Jahren, Pater; ich bin gut mit ihr und ihrem Gemahl befreundet. Sie wird uns nicht enttäuschen«, war sich die Gräfin sicher.
Ganz war der Benediktiner zwar nicht überzeugt, aber um Eleonora nicht zu verstimmen, ging er nicht weiter darauf ein. Dafür schlug er vor, Alberta auf eventuelle Fragen der Herren von der Inquisition vorzubereiten.
»Je mehr Ihr Bescheid wisst über die Dinge und je gründlicher Ihr auf Präzedenzfälle vorbereitet seid, die in früheren Zeiten bei derartigen Verfahren eine Rolle gespielt haben, umso besser werdet Ihr gegebenenfalls dastehen, Alberta. Als studierte Juristin kennt Ihr das ja, nicht wahr?«
»Vollkommen richtig, Pater. Mit speziellem Wissen kann
man immer Eindruck schinden und den Inquisitoren und Kommissaren zeigen, dass man sich mit ihnen, was die Kompetenz anbelangt, auf Augenhöhe befindet. Seid so gut, Pater, und schafft mir alles herbei, was mir in dieser Angelegenheit dienlich sein könnte. Ich selbst wage ja noch nicht, mich auf der Straße sehen zu lassen.«
»Bald werdet Ihr das wieder ungeniert tun können, meine Liebe. Dafür werde ich Sorge tragen«, versprach der Mönch. »Aber an Eurem kleinen Abenteuer von gestern Morgen seid Ihr leider selber schuld, nicht wahr? Ich hatte Euch gewarnt, Euch zu früh in der Öffentlichkeit blicken zu lassen.«
Fragend hob Gräfin Eleonora ihre geschwungenen Augenbrauen. Alberta zuckte zusammen; sie hätte es eigentlich lieber gesehen, wenn ihre Eltern nichts davon erfahren hätten, aber jetzt musste sie Farbe bekennen.
Sie hatte es am vorigen Tag irgendwann nicht mehr ausgehalten, im Palais der Familie tatenlos eingesperrt zu sein. So hatte sie sich - den Hut tief ins Gesicht gezogen - aufgemacht, um einen ehemaligen Studienkollegen in der Stadt aufzusuchen. Schon kurz darauf war sie wieder zu Hause angelangt, ohne den Bekannten überhaupt gesehen zu haben.
Denn bereits nach kurzer Zeit geriet ihr Ausflug nach draußen zum reinsten Spießrutenlauf. Kaum hatte sie sich außerhalb des väterlichen Palais’ sehen lassen, waren ihr nicht nur die frechen Gassenbuben nachgelaufen, auch die erwachsenen Münchner hatten es sich nicht nehmen lassen, den »Dämon der heiligen Nonne« in Augenschein zu nehmen.
»Ui, schaugt’s nur grad«, hatte Alberta hinter sich tuscheln hören, »dös is’ er, der böse Geist.«
»Dös is’ also der Deifi, der die arme Klosterfrau bis aufs Bluat schikaniert!«
»Der Leibhaftige is’ er, der Geheime Rat vom Herzog, der sich bloß verstellen tuat.«
»Bisher war er doch der Hexenrichter«, meinte ein biederer Handwerker, worauf ein älterer Bürger trocken entgegnete: »Na, da haben’s ja genau den Richtigen g’habt! So’was nennt ma’ ›den Bock zum Gärtner machen‹.«
»Ich sag dazu: Den Deifi mit dem Beelzebub austreib’n«, war die Meinung eines anderen.
Die Schlange aus laut diskutierendem und grölendem Publikum, die der junge »Ratsherr« auf der Gasse hinter sich herzog, wurde immer länger. Mittlerweile führte Alberta eine richtige Prozession an. Längst hatte sie jede Lust verloren, ihren einstigen Kommilitonen aus Bologna zu besuchen, dem sie zur Geburt seines ersten Sohnes gratulieren wollte.
»Ich kann es
Weitere Kostenlose Bücher