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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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jammerte, da sie unsanft auf den Allerwertesten gefallen war.
    »Das wollen wir doch sehen, ob du so ein guter Kämpfer bist, du windiges Bürschchen.«
    Der Betrunkene wollte nach seinem Degen greifen, doch da fiel ihm ein, dass er - genau wie alle anderen Herren - seine Waffe in der Eingangshalle hatte abgeben müssen. Die Besitzerin war aus Erfahrung klug geworden; sie wollte keine Ordnungshüter im Haus haben, die wegen Mord und Totschlag ermitteln mussten.
    »Meine verehrten Herren«, versuchte die Puffmutter, die
erhitzten Gemüter zu beruhigen, »seid vernünftig und lasst es gut sein. Niemand wurde beleidigt und es besteht kein Grund zu Tätlichkeiten. Darf ich die geschätzten Signori vielleicht zu einem Versöhnungsumtrunk auf Kosten des Hauses einladen?« Sie winkte einen ihrer Kellner herbei.
    Der Kontrahent schien durchaus gewillt, von seinen kämpferischen Absichten abzulassen, aber das war wiederum keineswegs im Sinne Albertas.
    »Nichts da!«, brüllte sie. »Der krumme welsche Hund hat mich ›Großmaul‹ und ›windiges Bürschchen‹ genannt und das fordert Genugtuung!«
    Auch sie hatte sich leicht schwankend erhoben - ohne allerdings Isabella auf die Erde fallen zu lassen. »Ich will meine Ehre verteidigen, welche auf das Gröbste von diesem Ochsen hier beleidigt wurde!«
    »Jetzt seid doch bitte still«, zischte Isabella ihr zu. »Kommt, lasst uns aufs Zimmer gehen, Herr«, versuchte sie, den vermeintlichen Hitzkopf abzulenken.
    »Das fehlte noch«, murmelte Alberta bei sich. Laut aber schrie sie »Nehmt diese Maulschelle von einem bayerischen Edelmann!« und versetzte ihrem Gegner eine schallende Ohrfeige. Der hatte mit dieser primitiven Art des Angriffs nicht gerechnet. Mit einem wütenden Aufschrei warf er sich auf den unverschämten Tedesco, um ihn windelweich zu prügeln.
    »Was erlaubt Ihr Euch, Ihr Hänfling? Wartet nur, ich werde Euch in sämtliche Einzelteile zerlegen«, schrie er wutentbrannt.
    Alberta hatte indes das Glück, dass der schwer Alkoholisierte nicht mehr sicher auf den Beinen stand. So gelangen ihr einige Boxhiebe und Fußtritte, die den anderen - obwohl um einen Kopf größer und um gut dreißig Pfund schwerer - wider Erwarten niederstreckten.

    In Kürze war der herrlichste Tumult ausgebrochen, ähnlich einer der üblichen sonntäglichen Wirtshausschlägereien. Die Mädchen und die Bordellwirtin kreischten und heulten, die Kellner brüllten und versuchten, die Kämpfenden zu trennen. Inzwischen hatten sich die Freunde Albertas und eine Anzahl anderer angetrunkener Freier ins Getümmel gestürzt und mischten tatkräftig mit.
    Die schönste Massenkeilerei war im Gange. Tische, Bänke und Stühle fielen um, Gläser, Teller und Flaschen zerschellten am Boden und an den Wänden, Wein spritzte durch den Saal, Spiegel zersplitterten, Leuchter samt Kerzen fielen um - und auf einmal brannten die roten Vorhänge lichterloh.
    »Madre santissima! Feuer! Feuer! Zu Hilfe! Zu Hilfe!«
    Die Wirtin kreischte immer noch vollkommen hysterisch, als längst zwei Mägde mit großen Putzkübeln Wasser auf die Flammen schütteten, Kellner die schweren Portieren herunterrissen und einige Gäste versuchten, mit Tischdecken und Mänteln das Feuer zu ersticken.
    Die meisten der niedlichen Venusdienerinnen waren wie der Blitz auf ihre im oberen Stockwerk gelegenen Kämmerchen verschwunden, wo jede geschwind ihre Habseligkeiten samt dem ersparten Geld zusammenraffte, damit sie nicht ein Raub der Flammen würden. Mochte der Liebestempel ruhig zu Asche verbrennen, das scherte die Mädchen wenig. Sie waren jung und hübsch und fanden auch anderswo ihr Auskommen; aber jede war darauf bedacht, ihr sauer Verdientes zu retten.
     
    Alberta hatte ihr Ziel erreicht. Inmitten des allgemeinen Durcheinanders und durch den Ausbruch des Feuers kam niemand mehr auf den Gedanken, dass man sich eigentlich mit den Huren hatte ins Bett legen wollen. Jedermann war bestrebt, sich in Sicherheit zu bringen.

    Die Aufbruchsstimmung sorgte dafür, dass sich im Vorzimmer, wo die Herren ihre Hüte, Umhänge und Degen deponiert hatten, ein regelrechter Stau bildete. Im Eingangsbereich rempelten sich die Besucher gar gegenseitig an, um ja so schnell wie möglich zu entkommen. Einige griffen sich auch die falschen Waffen und Überröcke.
    Als Alberta und ihre Gefährten heil und sicher in ihrer Droschke saßen und der Kutscher den Gaul bereits antrieb, fiel ihnen ein, dass keiner von ihnen seinen Wein oder das Essen bezahlt

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