Die Hexenadvokatin
Keineswegs! Ganz umsonst hatte die arme Frau sich gequält …
»Meine Gemahlin und ich sind sehr angetan von den wunderbaren Bildern von Tizian und Leonardo da Vinci, sowie von den anderen Kunstwerken, die Ihr in Venedig für uns erworben habt, Graf«, begann der Herzog huldvoll die Audienz.
Vor einigen Tagen waren die kostbaren Gegenstände in München eingetroffen.
Eine ganze Weile widmete Maximilian nun einem Exkurs über bildende Kunst, ehe er auf die Kapuziner und ihr neues Kloster zu sprechen kam: Der Besitzer des Grundstücks, das die Patres sich für ihre Niederlassung in Straubing wünschten, gelte als »etwas schwierig«.
»Das soll vermutlich heißen, dass er geldgierig ist und einen weit überhöhten Kaufpreis herausschlagen möchte«, dachte die Gräfin. Damit würde sie schon fertigwerden. Sie wusste auch bereits, wie sie die Sache anpacken würde …
»Eure Durchlaucht werden voll und ganz zufrieden sein mit dem Ergebnis meiner Verhandlungen«, versprach sie dem Herzog, indem sie ihm zuvorkam; mit Erleichterung registrierte sie, dass sich seine Miene erhellte. Das war zwar ein
wenig voreilig, aber Alberta war sich nahezu sicher, dem Eigentümer einen Vorschlag unterbreiten zu können, den dieser auf keinen Fall ablehnen würde. Sie hatte vor einiger Zeit Gerüchte über diesen Herrn gehört - die sie natürlich noch mithilfe ihres Vaters verifizieren würde, ehe sie ihn mit ihrem Wissen konfrontierte.
Der Herzog ließ sich Zeit, ehe er mit seinem nächsten Anliegen herausrückte. Elisabeth - die sanfte, mildtätige und schöne Landesmutter - hatte sich derweil zurückgezogen. Sie wolle in der Hofkapelle beten, entschuldigte sie sich, ehe sie buchstäblich entschwebte. Ihre Schritte waren so leicht und lautlos, dass man denken konnte, sie wandle tatsächlich eine Handbreit über dem im Schachbrettmuster verlegten Palisanderholzboden.
»Es ist ein Jammer, dass die hohe Frau ihrem Gemahl keinen Sohn schenken kann«, schoss es Alberta durch den Kopf, die ihr traurig nachsah. Plötzlich empfand sie heftiges Mitleid mit der Herzogin - und mit sich selbst. Auch ihr würde die Mutterschaft wohl immer verwehrt bleiben …
Seit der Bekanntschaft mit Albrecht von Hochfelln-Tausch war sie merkwürdig ruhelos, ja unzufrieden. Heftige Gefühle der Melancholie und des Verlustes überkamen sie immer wieder, seit sie sich in Venedig von ihm verabschiedet hatte. Würde sie den schönen, hochgewachsenen und liebenswürdigen Edelmann jemals wiedersehen?
Andererseits: Für ihn war sie ja doch nur »ein guter Freund« - den Schmerz, ihn an der Seite einer anderen Frau zu sehen, was früher oder später unweigerlich eintreten würde, wollte Alberta ohnehin nicht auskosten.
Sehnlich wünschte sie sich möglichst schwierige Aufgaben, die es für den Herzog zu erledigen galt, um sich von den irritierenden
Gedanken an den österreichischen Baron zu befreien … Sie schreckte auf. Jetzt hatte sie doch die letzten Worte ihres Landesherrn überhört.
»Habt Ihr mich verstanden, Graf?«
»Verzeiht, Durchlaucht! Ich war einen Augenblick abgelenkt und habe Euch daher nicht so ganz verstanden. Ich bitte Eure Durchlaucht vielmals um Vergebung.«
Alberta saß wie auf glühenden Kohlen und wurde überdies schamrot. Jeder wusste, wie schlecht der Herzog es aufnahm, wenn jemand nicht ganz Ohr war, sobald Seine Fürstlichen Gnaden nur den Mund auftaten - und wäre es auch bloß zum Gähnen …
»Ihr macht Euch Gedanken über die Herzogin, nicht wahr?«, entgegnete Maximilian überraschend milde und erstaunlich hellsichtig. »Ja, meine Gemahlin ist eine wunderbare Frau. Nur schade, dass Gott, unser Herr, sie nicht mit einem Kind segnen will.«
Das war allerdings ein riesiges Manko. Aber andererseits hätte der Herzog es mit der Person seiner Ehefrau gar nicht besser treffen können. Wenn man über die Grenzen Bayerns schaute, konnte man Maximilian zu seiner Wahl nur beglückwünschen. Als junger Mann hatte er etliche Höfe Europas auf der Suche nach einer Gemahlin beehrt und war unter anderem auch nach Pisa an den Hof der Medici gereist, wo die Florentiner sich gerade aufhielten.
Man bot ihm Maria de Medici als künftige Herzogin an. Zum Glück hatte er davon Abstand genommen, weil sie ihm nicht schön genug war …
Später war die Mediciprinzessin mit dem französischen König Heinrich IV. vermählt worden und beide führten eine sehr unglückliche Ehe. Während er - wie man in ganz Europa wusste - beständig hinter
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