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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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selbst erstaunt, wie leicht ihr inzwischen diese Vokabeln von den Lippen gingen. Sie hatte in der Tat dazugelernt! Eleonora wäre entsetzt, wenn sie ihre Älteste so reden hörte …
    Albrecht von Hochfelln-Tausch verschluckte sich beinahe vor Lachen. Als er die betretene Miene seines Begleiters sah, wurde er wieder ernst. »Ja, das ist so eine Sache. Entschuldigt, bitte, Graf! Aber wenn ich ehrlich bin, weiß ich auch nicht, wie viele Bastarde von mir bereits herumlaufen. Nun, das bleibt eben nicht aus, solange wir ledig sind, nicht wahr?«
    Darauf musste Alberta aus verständlichen Gründen die Antwort schuldig bleiben. Sie war indes erleichtert, dass das pikante Gesprächsthema vorerst abgehakt war, schien es ihr doch, als sei sie bis unter die Haarwurzeln errötet.
     
    Die Gräfin und ihr Begleiter konzentrierten sich die nächsten Stunden darauf, in einer bestimmten, ihnen als besonders kunstsinnig empfohlenen Glasbrennerei nach exquisiten Erzeugnissen
des von Mund geblasenen Kristallglases zu suchen. Bereits beim Betreten des Geschäfts wurden sie schier überwältigt vom Anblick der wunderbaren Schöpfungen. Da gab es Gläser, Schalen und Vasen, sowie Tiere, Fabelwesen und Blüten in allen erdenklichen Größen und Farben.
    Allen gemeinsam war das Zarte, Zerbrechliche und Meisterhafte der Formen, sowie des einzigartigen Schliffs. Um diesen filigranen Eindruck noch zu verstärken, waren die Exponate in gläsernen, durch Kerzenlicht raffiniert ausgeleuchteten Vitrinen und Regalen untergebracht.
    »Jedes dieser Stücke ist ein Kunstwerk«, flüsterte Alberta beinahe andächtig. Ihr Blick war auf ein Paar prachtvoll schillernde, mehrfach gewundene und meterhohe Kerzenleuchter gefallen, die vor allem durch ihren Farbton bestachen, der sonnendurchstrahlten Meereswogen ähnelte. Der Herzog würde es ihr zu danken wissen …
    Der österreichische Baron hingegen war für sich selbst auf der Suche, um seinen Palazzo zwischen Florenz und Lucca zu schmücken.
     
     
     
    28. Juni 1611, Venedig
     
    Viel zu schnell ging die für die »Serenissima« veranschlagte Zeit von vier Wochen zu Ende. Die künstlerische Ausbeute des Aufenthalts in der Lagunenstadt befand sich wohlverpackt im Hof des Fondaco dei Tedeschi, der alten Handelsniederlassung der deutschen Kaufleute am Canal Grande. Die Kunstwerke würden auf Maultierrücken von einem Warenzug deutscher Händler nach Norden über die Alpen und nach Bayern mitgenommen werden.
    Alberta selbst gedachte sich noch eine Weile bei den Verwandten
ihrer Mutter in Norditalien aufzuhalten. Vielleicht könnte sie auch noch einem bestimmten Kloster in den Bergen einen Besuch abstatten …
    Schon lange bedrückte sie der Gedanke, nicht genau die Stelle zu kennen, wo ihr geliebter und unvergessener Zwilling vor acht Jahren sein Leben gelassen hatte. Im Kloster Santa Caterina waren schließlich auch die grundlegenden Weichen für ihr eigenes Leben gestellt worden. Ohne das tragische Schicksal des verliebten Jünglings hätte ihre Existenz ihren ganz normalen Verlauf genommen.
    »Ich hätte eine Frau bleiben können«, dachte Alberta und war zum ersten Mal richtig unglücklich bei diesem Gedanken. Seit der Bekanntschaft mit Albrecht geschah es beinahe jeden Tag, dass sie den Rollentausch, zu dem sie Vater und Beichtvater mehr oder weniger gedrängt hatten, aufrichtig bedauerte.
    Sie war bereits fünfundzwanzig Jahre alt. Ihr Leben schien zu verrinnen, ohne dass sie ihrer Natur entsprechend jemals Ehefrau und Mutter sein würde. Und was war sie stattdessen?
    Der »Hexenrichter« Herzog Maximilians, gehasst von den einen, gefürchtet von den anderen, zumeist aber gemieden - es sei denn, Adlige oder Bürger bedurften ihres Rates in juristischen Angelegenheiten. Da wurde sie dann schon mal eingeladen und hofiert, man schmeichelte ihr, da man wusste, dass ihr jeden Tag der Fürst sein Ohr lieh. Sie war die Vermittlerin der verschiedensten Anliegen, Bitten und Gesuche.
    Und um sie einzelnen Familien noch mehr zu verpflichten, trug man ihr wiederholt die Töchter als Gemahlinnen an - obwohl inzwischen in ganz München und darüber hinaus jedem bekannt sein musste, dass »der Graf« im selbsterwählten Zölibat lebte.

    Sicher war, dass ihr der Abschied von dem steirischen Edelmann sehr, sehr schwerfallen würde. Der schöne Baron war der erste Mann, der Alberta nicht nur ausnehmend gut gefiel, sondern dem es auch - natürlich vollkommen ungewollt - gelungen war, ihre Sinnlichkeit zu wecken.

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