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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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vorbringen soll …«
    Mach jetzt keinen Fehler, Rosa, überleg, schnell!
    Die Raben starrten sie ungeduldig an.
    Wenn du keine Trümpfe in der Hand hast, dann tue so, als hättest du welche , hörte sie wieder ihren Vater, der zum Leidwesen der Mutter ein begnadeter Spieler gewesen war. Rosa überschlug ihre Möglichkeiten, und plötzlich wusste sie, was sie sagen musste. Es gab nur diesen einen Weg.
    »Da mein Neffe noch nicht alleine nach Hause fahren kann, werde ich ihn holen. Meine Halbschwester wünscht es so, damit ihr armer Sohn nicht unter Heiden aufwachsen muss«, erklärte Rosa mit betont fester Stimme und hoffte, niemand würde ihr ansehen, dass sie bisher noch nicht einmal bis Fürth gekommen war oder auch nur bis vor die Tore der Stadt.
    Einen Moment herrschte verblüfftes Schweigen, dann begann einer nach dem anderen zu lachen, immer lauter und lauter. »Die da holt das Kind?«, stöhnte der Schmerbäuchige und zeigte mit dem Finger auf Rosa. »Ausgerechnet die da?«
    »Direkt aus Indien!« Der Spitzbärtige schlug sich auf die Schenkel. »Das muss ich meinem Vater erzählen. So ein lächerliches Ansinnen hat es unter seinem Vorsitz sicher nicht ein einziges Mal gegeben.«
    »Dieses Frauenzimmer hält sich wohl für klug, aber ich versichere ihr, es ist ein Irrsinn zu glauben, dass sie ohne anständige Begleitung und Schutz auch nur bis vor die Stadttore kommen wird.« Ein bisher stummer Ratsherr brachte die anderen mit seiner lauten Stimme zum Schweigen.
    Rosa betrachtete ihn neugierig. Er hatte ein ledern gegerbtes Gesicht mit einer großen Narbe über dem rechten Auge, was den Eindruck entstehen ließ, als würde er fortwährend fragend die Augenbrauen hochziehen.
    »Mein seliger Vater, der verehrte Johann Sigismund Wurffbain, hat in seinem Reisetagebuch genauestens beschrieben, welche Strapazen ein Mannsbild auf dieser Reise zu erwarten hat. Undenkbar, dass ein Frauenzimmer das durchsteht.«
    In Rosas Ohren hallte noch das Gelächter wider. Sie dachte an ihren Vater, der alles für sie getan hatte und dessen Lebenswerk sie jetzt verschleudern sollten. Niemals!
    Sie setzte zu einer Erwiderung an, doch da griff ihre Mutter nach Rosas Arm, um sie zum Schweigen zu bringen. Doch diese schüttelte deren Hand ab. »Woher wollt Ihr wissen, dass ich scheitern werde? Der Erfolg meiner Mission steht allein in Gottes Hand, und er wird darüber entscheiden. Meine Schwester ist auch wohlbehalten in Indien angekommen! Es wäre also nur recht und billig, wenn Ihr meiner Mutter wenigstens zwei Jahre gebt, die ihr als Witwe mehr als zustehen. Wenn ich nach Ablauf der zwei Jahre mit meinem Neffen nicht vor Euch erscheine, dann …«
    Diesmal lachten sie alle gleichzeitig, es dröhnte dumpf in Rosas Kopf, die weit aufgerissenen Münder kamen ihr vor wie gierige Schlünde. Die Doppelkinne wabbelten über den Spitzenkrägen, und in diesem Moment hasste Rosa sie alle miteinander von ganzem Herzen.
    Plötzlich drang ein gequälter Laut an ihr Ohr, ihre Mutter. »Rosa!«, stöhnte sie drängend. »Mir ist nicht wohl!«
    Rosa riss die Augen von den lachenden Raben los, um sich ihrer Mutter zuzuwenden, und konnte sie gerade noch auffangen.
    »Mutter!«, rief sie, aber ihre Mutter war ohnmächtig.
    Das Gelächter beruhigte sich.
    »Seht nur, was diese verhexte Person ihrer Mutter mit ihrem Geschwätz angetan hat. Bringt die Zapfin nach draußen, fächelt ihr Luft zu!«, verlangte der Schmerbäuchige. »Wir werden uns beraten und Euch dann unsere Entscheidung verkünden.«
    Ein Ratsdiener half Rosa dabei, ihre Mutter in den Flur zu schleppen. Sie legten sie auf eine der steinernen Bänke, die unter den hohen, schmalen Bogenfenstern standen. Hier kam eine leichte Brise herein, die sie der Mutter mit ihrer Überschürze zufächelte. Der Ratsdiener ging einen Becher Wasser holen.
    Rosa fragte sich, warum ihre Mutter ohnmächtig geworden war. Noch nie hatte Rosa sie so hilflos gesehen, und sie dachte bei sich, dass es nicht schlecht wäre, wenn ihre Mutter bewusstlos bleiben würde, dann konnte sie die Lügen ihrer Tochter nicht aufdecken.
    »Danke«, sagte Rosa und nahm den Becher vom zurückgekehrten Diener entgegen. Sie tauchte eine Ecke ihrer Überschürze in das Wasser und tupfte ihrer Mutter die Stirn ab. Ihre Mutter war für gewöhnlich von zäher Natur. Doch wie sie so dalag in ihrem besten Gewand mit der teuren Lochstickerei, die Wangen eingefallen und mit schwarzen Schatten unter den Augen, begriff Rosa plötzlich, dass

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