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Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Die Hexengabe: Roman (German Edition)

Titel: Die Hexengabe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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sie ihn besser kannte, war ihr klar, dass es Giacomo nicht im Traum einfallen würde, sich ernsthaft mit einer wie ihr einzulassen.
    Obwohl er sich seines Standes sehr bewusst war, gefiel er ihr jeden Tag besser. Der milchbärtige Italiener fand dauernd einen Grund zum Lachen, er lachte über knorrige Bäume am Wegrand, die aussahen wie bucklige alte Männer, und er äffte für Rosa Baldessarinis ungnädiges Schnaufen nach. Er freute sich, wenn die Sonne rot aufging, und er zählte, wie oft der Kuckuck rief, wenn man ihn hören konnte. Und er strahlte wie ein Kind, wenn es mehr als zwanzig Mal war, denn so oft wie der Kuckuck rief, so alt wurde man. Das jedenfalls hätte ihm seine Amme erzählt, eine starke Germanin, wie er nicht müde wurde zu beteuern. Überhaupt redete er unablässig, auch beim Kartenspielen. Das genoss Rosa besonders, denn sonst richtete niemand das Wort an sie. Nie.
    Am liebsten hatte es Rosa, wenn Giacomo von seinen Schwestern im Palast in Venedig erzählte: »Unser Palast ist aus dem Meer emporgewachsen, als ein Geschenk von Neptun selbst. Er hat weiße Säulen wie ein griechischer Tempel und ist mit starken Löwen und Fensterbildern aus dem bunten Glas von der Insel Murano versehen. Überall blitzen die goldenen Ornamente in der Sonne.« So hatte er geschwärmt. Venedig sei die einzige Stadt der Welt, in der das Meer die Unendlichkeit des Himmels und der Himmel die Unendlichkeit des Meeres habe. Das konnte sich Rosa beim besten Willen nicht vorstellen, und als sie neugierig nachgefragt hatte, wie er das denn meine, hatte er nur wieder gelacht und gemeint, das würde sie schon sehen, wenn sie erst dort wären.
    Und so konnte sie es kaum erwarten, endlich in Venedig anzukommen.
    Giacomo war genauso perfekt darin, seine drei Schwestern nachzumachen wie Baldessarini, deshalb war Rosa sicher, sie würde die drei erkennen, sollte sie ihnen in Venedig begegnen. Sie hatte den Eindruck gewonnen, dass ihm Caterina, die Frau von Baldessarini, am liebsten war, weil er nur voller Bewunderung von ihr sprach.
    Doch je mehr er erzählte, desto mehr wunderte sich Rosa. Es kam ihr komisch vor, dass Baldessarini im Palast der Familie seiner Frau wohnte. In Nürnberg zogen die Frauen für gewöhnlich bei ihrer Hochzeit in die Wohnung des Mannes. Dieser Gedanke hatte sie zum Lächeln gebracht, denn ausgerechnet ihre Eltern hatten da eine Ausnahme gebildet, jedenfalls bis die Apotheke ihrer Großeltern abgebrannt war. Erst danach waren auch sie in ein Haus gezogen, das ihr Vater gekauft hatte.
    Rosa fand es höchst merkwürdig von Caterina, dass diese in ihrem Palast nur hässliche Dienerinnen beschäftigte, um ihren Mann nicht in Versuchung zu führen. Giacomo nannte das Klugheit, Rosa nannte das bei sich billige Eifersucht.
    »Dich hätte sie niemals eingestellt«, hatte Giacomo grinsend erklärt und auf Rosas Haube gezeigt. »Denn für deine blonden Haare würde sie töten. Alle Venezianerinnen träumen davon, blond zu sein. Sie schmieren sich Bleichmittel auf ihr Haar und setzen sich damit stundenlang auf die Dächer ihrer Paläste in die Sonne. Aber nachdem ich dein Haar gesehen habe, kann ich sagen, sie hätten sich die Mühe sparen können, denn eine Venezianerin wird allenfalls grünblond.«
    Rosa wusste nicht, was sie dazu sagen sollte, aber es schmeichelte ihr, dass Giacomo ihre Haare so genau betrachtet hatte.
    Als er aber dann erzählte, seine Schwester habe ihn als Aufpasser für Baldessarini mitgeschickt, konnte Rosa sich kaum noch länger zurückhalten. Das erschien ihr abscheulich, und es wurde nicht besser dadurch, dass dieser blutjunge Giacomo offensichtlich auch noch alles Geld verwaltete, das Caterina in den Handel ihres wesentlich älteren Mannes gesteckt hatte. Es hatte Rosa viel Kraft gekostet, ihre Empörung für sich zu behalten. Dass ein Mann wie Baldessarini sich diese Bevormundung gefallen ließ, wunderte sie – ihr Vater hätte sich das verbeten.
    Doch sie hatte sich offenkundig nicht gut genug im Griff gehabt. Giacomo hatte ihr Unbehagen bemerkt, über sie gelacht und gemeint, Caterina hätte all ihr Geld von einer reichen Tante geerbt, und es sei doch sehr gescheit von ihr, es lieber der Kontrolle eines Blutsverwandten zu unterstellen als dem angeheirateten Ehemann, von dem man ja nie wisse …
    Manchmal kam Baldessarini und beobachtete sie beide beim Kartenspielen, ohne je mitzuspielen. Er klopfte seinem Schwager wohlwollend auf die Schulter, wenn er wieder einmal gegen Rosa

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