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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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hielt der Erste Minister Ludwigs XIII. plötzlich inne. Halt! Beinahe hätte er etwas Wichtiges übersehen. Behaupteten die Damen nicht, es sei Abbé Simon Canfort, der sie auf so unerträgliche Weise belästigte? Nun, da bot sich ihm doch eine hervorragende Gelegenheit, sich diesen widerborstigen Priester ein für alle Mal vom Halse zu schaffen!
    Ja, er würde diesem Geistlichen, der sich nicht in Zucht zu halten vermochte und der offenbar glaubte, das Seelenheil zwischen den Schenkeln williger Frauen zu finden, anstatt bei Buße und Gebet, den Prozess machen lassen.
    Auf diese Weise schlüge er zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Nonnen in Sainte Cathérine würden sich wieder beruhigen, und er wäre den lästigen Burschen los. Monsieur de Richelieu zweifelte keinen Augenblick daran, dass die Folterknechte jedes erwünschte Geständnis aus Canfort herauspressen würden. Das schafften sie doch immer – selbst wenn der Delinquent ein Heiliger sein sollte.
    Das war ja der Grund, weswegen der Kardinal diese Art von Prozess gegen Hexen und Zauberer eigentlich im Grunde seines Herzens als Unfug ablehnte. Etwas anderes war es natürlich, wenn er selbst einen Nutzen davon hatte. Mitleid mit dem Abbé besaß er keineswegs.
    »Dieser Hurenbock hat der heiligen Mutter Kirche unendlich viel Schaden zugefügt. Dafür allein gehört er schon auf den Scheiterhaufen«, murmelte Kardinal Richelieu grimmig vor sich hin. »Statt wenigstens in aller Stille zu sündigen, hat sich dieser Mensch in seinem Hochmut mit seiner Zügellosigkeit noch gebrüstet und damit der Kirche viele Menschen zu Feinden gemacht«, grollte er erbittert.

KAPITEL 61
    STAATSRAT PIERRE DE LOMBARDE berief im Namen Richelieus eine Kommission ein, die sich genauestens mit den Ereignissen im Kloster Sainte Cathérine zu beschäftigen hatte.
    Als Erstes wurde der Abbé verhaftet, der selbstredend gegen diese Maßnahme auf das Heftigste protestierte. Aber es nützte ihm selbstverständlich nichts, auch nicht, dass umgehend etliche Damen der Gesellschaft eine Petition unterzeichneten, in der die unverzügliche Freilassung des »heiligen Mannes« verlangt wurde.
    Soldaten schleppten Monsieur Canfort ins Kloster Sainte Cathérine und stellten ihn den Nonnen gegenüber.
    Kaum sah ihn die Äbtissin, verfiel sie in ihre Krämpfe, wobei sie sich laut schreiend auf dem Boden wälzte. »Satan, lass mich in Ruhe!«, kreischte sie. Dann rief sie ihm obszöne Worte zu. Die anderen Klosterfrauen ahmten das Verhalten ihrer Oberin umgehend nach, indem auch sie Ausdrücke aus der Dirnensprache benuzten, die selbst den abgebrühten Soldaten die Schamröte ins Gesicht trieben. Nun klagten alle Nonnen den Geistlichen an, sie zur Unzucht verführt und ihnen damit das Heil ihrer jungfräulichen Seelen geraubt zu haben.
    Simon Canfort mochte protestieren, soviel er wollte, es brachte ihm nichts ein. Wahrheitsgemäß wies er darauf hin, dass er diese Besessenen noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hätte – vergebens. »Ich schwöre bei Christus und allen Heiligen, dass ich noch nie meinen Fuß in dieses Kloster gesetzt habe!«, rief er verzweifelt. »Nachts schlafe ich in meiner Wohnung, in meinem Bett und betrete nicht die Zellen der Nonnen.«
    In seiner Not rief er sogar seine Haushälterin als Zeugin dafür auf, dass er des Nachts immer daheim bei ihr schlafe … Dies war zwar geeignet, die Frau zu kompromittieren, aber ihm half es nicht.
    Der Prozess erregte die Bevölkerung zutiefst und spaltete sie zugleich in zwei gegensätzliche Lager: Die Frauen waren für den attraktiven Priester, während die Männer ihn natürlich verfluchten.
    Als die Kommission auch die Gräfin und ihre Zofe befragte, konnten beide Frauen nur zu Protokoll geben, dass sie diesen Mann noch nie im Kloster gesehen hätten. Nein, auch in seiner Kathedrale wären sie ihm nie begegnet, weil sie seit ihrer Ankunft vor zwei Monaten das Kloster noch nie verlassen hätten.
    Adelaide bemerkte sehr wohl, dass dies nicht die Antwort war, welche die Herren zu hören begehrten, aber weshalb sollten sie lügen? Sie zweifelte keinen Augenblick daran, dass das Todesurteil über den Pfarrer sowieso längst gesprochen war.
    »Schade um den schönen Mann«, meinte Anne bedauernd. »Weshalb nur hat er die Äbtissin so vor den Kopf gestoßen? Was wäre denn so Schlimmes dabei gewesen, Madame, den Nonnen jede Woche einmal die Beichte abzunehmen? Angenehmer als der Scheiterhaufen hätte sich das Bett der Ehrwürdigen Mutter

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