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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Dämonen »gepeinigten« Klosterfrauen. Es waren Schreie, die selbst durch die dicken Mauern der Abtei drangen.
    Von angenehmem Schrecken durchrieselt, raunten sich die Bewohner Auxerres zu: »In Sainte Cathérine geht der Teufel mit seinen höllischen Gesellen um. Und der Oberste von allen ist Abbé Canfort.«
    Als Gerüchte an das Ohr der deutschen Gräfin drangen, es sei doch eigenartig, dass diese Erscheinungen erst aufgetreten seien, seit die Flüchtlinge sich im Kloster aufhielten, bekam Adelaide wirklich Angst, denn sie wusste, zu welch abartigen Gräueln sich fanatisierte Massen hinreißen ließen. Waren sie womöglich vom Regen in die Traufe gekommen?
    Da traf es sich gut, dass knapp vor dem Heiligen Abend Besuch im Kloster eintraf; es handelte sich um einen Herrn von hohem Adel in der wichtigen Funktion eines Staatsrates, welcher aus Paris nach Auxerre gereist war, um seine Cousine, Madame Angélique des Anges, über die Weihnachtsfeiertage aufzusuchen. Sein Name lautete Pierre de Lombarde.
    Als dieser Herr von der Comtesse Adelaide über das »seltsame« Geschehen informiert wurde und kurz danach selbst eine Kostprobe von den Verrücktheiten der Äbtissin und ihrer Nonnen erlebte, witterte der kluge Mann umgehend eine Chance, sich beim Ersten Minister von Frankreich, bei Kardinal Richelieu, lieb Kind zu machen.
    Es war dem Herrn Staatsrat nämlich bekannt, dass der Kardinal den Abbé Simon Canfort absolut nicht leiden konnte. Bereits des Öfteren war der Kirchenfürst mit dem Geistlichen aus Auxerre wegen dessen schlechten Rufs als Frauenbeglücker aneinandergeraten. Besonders übel nahm er dem frechen Canfort dessen impertinente Flugschrift über die erzwungene Ehelosigkeit und Keuschheit der Priester.
    »Ich werde Seiner Exzellenz von diesen unglaublichen Vorfällen im Kloster Sainte Cathérine berichten«, versprach Monsieur Pierre de Lombarde der deutschen Adeligen. »Und die Rolle, die der Abbé dabei spielt, wird dem Kardinal überhaupt nicht gefallen. Er kennt ihn als sündhaften und unbußfertigen Diener GOTTES, und ich denke, er wird ihn für seine Verbrechen, die er an diesen unschuldigen Bräuten Christi begeht, zur Rechenschaft ziehen.«
    Adelaides Gefühle bei dem ganzen Geschehen waren höchst zwiespältig. »Einesteils bin ich erleichtert, dass der Verdacht, diese Vorfälle hätten mit uns etwas zu tun, vom Tisch ist. Andererseits bin ich entsetzt, dass man dem unschuldigen Canfort die ganze Schuld anlasten will. Er kann mit Sicherheit nichts dafür, dass die armen Frauenzimmer in der Kutte auf einmal völlig den Verstand verlieren«, raunte die Comtesse ihrer Zofe Anne zu.
    »Der geistliche Herr wird sich schon zu wehren wissen, Madame«, meinte das Mädchen darauf leichthin.
     
     
    Sofort nach seiner Rückkehr nach Paris berichtete der Staatsrat voller Häme dem Kardinal von den befremdlichen Vorfällen im Kloster in Auxerre.
    Bloßfüßig, im Hemd und ohne Schleier, mit aufgelöstem, wallendem, rabenschwarzem Haar, das nach der Schur beim Eintritt in den Orden schon längst wieder nachgewachsen war, rannte die Äbtissin gelegentlich durch die Gänge der Abtei. Dabei schrie sie in unbekannten Sprachen unverständliches Zeug, oder sie kauerte apathisch mit bis zur Taille hochgeschobenem Hemdsaum in einer Ecke am Boden des Refektoriums und starrte nur vor sich hin – und verhielt sich dabei ähnlich wie Demoiselle Hélène.
    Die andere Variante war, dass sie auf ihrem Bett lag, sich das Hemd vom Leib riss, Obszönitäten hinausschrie und sich mit den Händen selbst befriedigte. Sie wand sich dabei auf ihrem Lager, spreizte die Beine und vollführte typische Koitusbewegungen. Ihr Keuchen und Stöhnen war im gesamten Kloster zu hören.
    Das wiederum reizte ihre Mitschwestern zur Nachahmung, und bald befand sich das gesamte Kloster in einer Atmosphäre der Wollust und Brünstigkeit, dass jede Bordellmutter vor Neid erblasst wäre.
    Kein Zweifel, die Nonnen waren besessen. Kardinal Richelieu, der intellektuelle Spötter, lächelte zuerst. Er konnte und wollte keinesfalls an die dämonischen Liebhaber der Äbtissin und der Schwestern glauben. Er beurteilte die Sache völlig richtig als eine geistige Verwirrung, die durch die erzwungene sexuelle Abstinenz hervorgerufen worden war.
    »Die frommen Frauen sollten mehr beten und arbeiten, damit sie zur Schlafenszeit ordentlich müde sind, dann ertragen sie leichter das Gelübde der Keuschheit«, meinte er und wollte zu Wichtigerem übergehen.
    Dann

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