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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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umworben hat.«
    Gräfin Adelaide überflog den Rest des Schreibens und ließ es endlich in ihren Schoß sinken. Das Übrige war nicht wichtig; der Vater setzte sie lediglich davon in Kenntnis, dass Hasso im Mai beabsichtige, seine schwäbische Verlobte heimzuführen und dass es schön wäre, wenn Adelheid bei den, trotz der angespannten politischen Lage geplanten, Feierlichkeiten anlässlich der Hochzeit, anwesend sein könnte.
    Den Schwierigkeiten im Land Rechnung tragend, würde das Fest allerdings nicht mit dem üblichen Pomp abgehalten werden können, man würde es »in bescheidenem Rahmen« halten.
    Ferfrieds Tochter legte keinen Wert auf die Bekanntschaft mit der jungen Herzogstochter aus Württemberg, obwohl sie wusste, wie ungerecht ihr Verhalten im Grunde war: Was konnte die blutjunge Braut dafür, dass sie die Schwester ihres ersten Beischläfers war?
    Sorgen bereitete ihr die Neuigkeit, dass man sich nicht gescheut hatte, die Mutter Georgs und Helenes als Hexe in Gewahrsam zu nehmen.
    Dass man noch immer vergebens nach den Mördern des Scheible fahndete, hatte der Graf nur am Rand erwähnt. Adelaide konnte sich des unbestimmten Gefühls nicht erwehren, dass ihr Bruder Hasso irgendwie in die Angelegenheit verwickelt wäre …
    Obwohl seine Liebe zu dem Mädchen aus bäuerlichem Stand erloschen war, hegte er noch immer Hass gegen alle, die sich an seiner hübschen, lebensfrohen Liebsten vergriffen hatten. Jedenfalls hatte die Gräfin das zwischen den Zeilen ihres Vaters herauslesen können.
     
     
    Madame Angélique des Anges führte nach ihrer spontanen Genesung – sprich nach der Verbrennung des Abbé bei lebendigem Leibe – ein »großes Haus«, was zur Folge hatte, dass sich die berühmtesten und gelehrtesten Herren Frankreichs im Kloster Sainte Cathérine trafen und sich mit der gebildeten Äbtissin und den Nonnen über Kunst, Kultur und Politik unterhielten.
    Der dabei herrschende Ton war sehr offen und frei. Die Comtesse de Bréteuil nahm immer an den Diskussionen teil. Sie war erstaunt, mit welchem Freimut auch heikle Themen wie Moral, Sitte und Religion aufgegriffen wurden.
    Es gab nur ein einziges Tabu, woran sich jeder hielt, die Ehre des Königs und seines Ersten Ministers. Weder Ludwig XIII. noch Kardinal Richelieu wurden jemals verunglimpft, ja nicht einmal die leiseste Kritik war gestattet.
    Die Äbtissin war auch weitschichtig verwandt mit Richelieu und von Stolz erfüllt, ihren »cher Cousin« in dieser hohen Funktion zu erleben.
    Außerdem hatte Seine Eminenz ihr gerade mit der Vernichtung des dreisten Simon Canfort, der es gewagt hatte, sie zurückzuweisen, einen außerordentlichen Gefallen erwiesen – mochten die Beweggründe des Kardinals auch ganz persönliche gewesen sein.
    Die Bevölkerung Auxerres, allen voran der weibliche Teil, aber hasste die Ehrwürdige Mutter Oberin. Sie mied das Kloster und seine Insassinnen, wo es nur ging, selbst die Bedürftigen suchten nur in allergrößter Not das Spital und die Armenküche der frommen Schwestern auf. War es doch den »verrückten Nonnen« zu verdanken, dass der allseits beliebte Abbé auf so grausige Art hatte enden müssen. Das Spendenaufkommen für das Kloster war zudem drastisch zurückgegangen.
    Madame des Anges ließ dieser Zustand nicht ruhen. Denn sie wünschte sich nichts mehr als die allseitige Anerkennung und Verehrung der Massen.
    »Gerade das einfache Volk soll mich lieben, so wie ich es liebe«, klagte sie der Comtesse ihr Leid. »Es macht mich sehr betrübt, wenn ich erleben muss, wie sehr man mich in manchen Kreisen ablehnt.«
    Die Äbtissin spielte dabei auf den erst kürzlich erfolgten Besuch Richelieus im Kloster an. Der große Diplomat in der roten Robe war von Hunderten von Menschen, welche an den Straßenrändern im Staub ausgeharrt hatten, um ihn zu sehen, mit Jubel begrüßt worden.
    Was machte es schon, dass »die Begeisterten« von Agenten des Kardinals gekauft waren …
    Als der schlanke, asketisch wirkende und immer noch gut aussehende Kirchenmann die Menge segnete, waren sogar zahlreiche Frauen in regelrechte Verzückung gefallen; nur als seine Cousine erschienen war, die Äbtissin des Anges, waren lautes Zischen, Pfeifen, ja sogar Pfui-Rufe auf dem weiten Platz vor der Kathedrale zu hören gewesen, wo der Empfang des hohen Herrn stattgefunden hatte.
    Adelaide konnte es der raffinierten Klosterfrau ansehen, dass diese längst wusste, wie sie es anstellen musste, um, wenn schon nicht die Zuneigung, so doch

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