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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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sie deren Aufgeregtheit gar nicht.
    Adelaide, Anne und die Äbtissin und auch der inzwischen verständigte Beichtvater, Frater Philibert, rannten, so schnell es ihre langen Gewänder und Kutten erlaubten, in den Klostergarten hinaus, als man ihnen vom Erscheinen der Dame berichtete.
    »GOTT sei Lob und Dank!« Die Gräfin schloss die Vermisste in die Arme und drückte sie vor Freude an sich.
    »Wo um alles in der Welt habt Ihr Euch aufgehalten?«, begehrte die Äbtissin leicht verärgert zu wissen.
    Und der Pater schnappte nach Luft und rief verblüfft aus: »Jetzt sagt uns, bitte, wo Ihr über Stunden gewesen seid, Mademoiselle, während wir nach Euch gesucht haben, wie nach einer Nadel im Heuhaufen?«
    Hélène de Morrisson musterte erstaunt die aufgeregten Menschen, die sich um sie geschart hatten. »Ich verstehe nicht. Weshalb sind alle so durcheinander, bloß weil ich unter den Himbeerbüschen eingeschlafen bin? Die starke Sonne hat mich wohl müde gemacht. Da habe ich mich in den Schatten gelegt und muss eingenickt sein. Eben bin ich erwacht. Jetzt fühle ich mich erfrischt und bin nicht mehr erschöpft.«
    Und nach einem Blick auf die sie umringenden Nonnen und den Pater wandte sie sich an die Äbtissin: »Sollte ich Unruhe ins Kloster gebracht haben, bedauere ich das aufrichtig, Madame. Aber ich versichere noch einmal: Jede Sorge um mich war völlig unnötig. Wie sollte mir denn an geweihter Stätte etwas Böses zustoßen?«
    Beim letzten Satz funkelten ihre tiefblauen Augen ein wenig boshaft – so dünkte es zumindest Adelaide.
    »Seht Ihr, Madame la Comtesse«, wandte die Äbtissin sich an die Gräfin, »ich habe Euch gleich gesagt, dass Ihr keine Bedenken die Sicherheit Eurer Schwester betreffend haben müsstet.«
    Im Nu hatte sich die Gruppe im Klostergarten aufgelöst. Der Pater und die frommen Frauen nahmen den Weg in die Kapelle zur Andacht. Adelaide und Hélène aber strebten geschwind ihrer gemeinsamen Klosterzelle zu.
    Kaum hatte sich die hölzerne Tür hinter den beiden jungen Frauen geschlossen, beorderte die Gräfin ihre Zofe Anne als Wachtposten auf den Flur mit dem Auftrag, sich sofort zu melden, falls sich jemand der Zelle nähern sollte.
    »Und nun, Hélène, erzähl mir, was tatsächlich passiert ist.«
    Die Comtesse hatte keinen Augenblick lang an die Komödie mit dem Einschlafen im Garten geglaubt. Und das junge Mädchen berichtete …
    »Hattest du denn keine Angst, als plötzlich der junge Mann über die Klostermauer geklettert kam?«, wollte Adelaide anschließend wissen, aber sie erntete nur ein Lachen.
    »Ach, woher denn. Du musst wissen, eine von den ganz jungen Nonnen, die erst vor etwa einem Jahr in das Kloster eingetretene Schwester Madeleine, hatte mir vor ein paar Tagen diesen Besuch angekündigt. Sie hatte mitbekommen, wie schlecht wir auf einmal von der Mutter Oberin behandelt werden und will uns offenbar helfen, aus dem Kloster zu fliehen. Ich hatte dir nichts davon gesagt, weil ich keine falschen Hoffnungen wecken wollte. Es hätte ja alles bloß dummes Gerede sein können, nicht wahr? Heute nun wartete ihr Bruder vor den Klostermauern an einer Stelle, wo kaum jemals einer vorbeikommt; und als sein Knecht mir hinübergeholfen hatte, schilderte der freundliche Monsieur mir seinen Fluchtplan im Detail.
    Er ist im Grund ganz simpel. Auf demselben Weg, den ich heute bereits mit Hilfe dieses jungen Mannes genommen habe, werden wir drei zusammen in zwei Tagen aus Sainte Cathérine flüchten. Der Bruder von Schwester Madeleine wird vor der Vesper an derselben Stelle wie heute mit mehreren Knechten und Pferden für uns bereitstehen. Man wird uns mithilfe einer über die Mauer geworfenen Strickleiter vom Gelände der Abtei holen.«
    »Du meine Güte, das hast du eingefädelt? Das ist ja großartig. Und ich habe schon befürchtet, wir müssten unser künftiges Leben unter den Schikanen der wetterwendischen Äbtissin verbringen. Komm her zu mir, meine liebe Schwester, und lass dich umarmen.«
    »Der einzige Nachteil ist, dass wir nur sehr wenig Gepäck mitnehmen können, es würde doch auffallen, wenn wir mit unserer Reisetruhe durch den Klostergarten marschierten.«
    Dann lachten beide übermütig und tanzten ausgelassen im Kreis herum.
    »Als wir von zu Hause nach Straßburg geflohen sind, haben wir auch fast nichts mitgenommen. Geld und Schmuck ist die Hauptsache, und das können wir am Körper tragen, und für unser Heilpflanzenbuch findet sich auch noch ein Versteck. Kleider und

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