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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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alle aufzulisten, zu zeichnen und genau deren Wirkungsweise und die Art der Anwendung aufzuzeichnen.
     
     
    Als Hélène um die Mittagszeit nicht zum gemeinsamen Mahl im Refektorium erschien, machte sich die Gräfin noch keine Gedanken. Ihre liebe Schwester vergaß häufig eine Mahlzeit, wenn sie von irgendeiner Aufgabe fasziniert war.
    Anne aber war nicht so sorglos. Der treuen Dienerin gefiel die Abwesenheit der erst kürzlich in die Wirklichkeit Zurückgekehrten überhaupt nicht.
    Kaum war nach der Mahlzeit das übliche Dankgebet gesprochen worden, entschuldigte sich Anne Larousse mit einem kleinen Knicks bei ihrer Herrin und verschwand im hinteren Teil des Klosters, von wo aus, neben der Krankenstation und der Klosterapotheke ein schmaler Pfad in den Heilkräutergarten führte.
    Demoiselle Hélène war nirgends zu sehen. Soweit Anne es überblicken konnte, war sie auch nicht im Küchengarten, wo das Gemüse und die Kräuter für die täglichen Mahlzeiten angebaut wurden. ›Wahrscheinlich ist sie zum Obstgarten gewandert, um ein paar Johannisbeeren oder Kirschen zu pflücken‹, glaubte die Zofe und war etwas beunruhigt, denn auf den Tisch des Refektoriums kamen täglich in reichlichem Maße Beeren und Früchte, sodass eine Eigenversorgung nicht nötig war. ›Vielleicht hat ein Heißhunger sie dazu getrieben, sich von den reifen Stachelbeeren einige zu nehmen‹, vermutete Anne und blickte sich im Obstgarten um.
    Sie rief den Namen des Helen auf deutsch und auf französisch, erst noch in gemäßigter Lautstärke, dann aber immer lauter, sodass schließlich mehrere Nonnen erschrocken herbeiliefen und fragten, was der Lärm denn bedeuten sollte.
    Aber auch die Suche der frommen Frauen erbrachte nichts. Von Demoiselle Hélène war keine Spur zu entdecken, weder im Garten noch im Klostergebäude, weder in den Ställen noch in der Kapelle, weder im Krankenbau noch im kleinen Anbau, welcher der Speisung zahlreicher Pilger und Bettler diente.
    Hélène de Morrisson, welche angeblich das wundertätige Hemd der Äbtissin aus ihrer Erstarrung befreit hatte, war auf geheimnisvolle Weise verschwunden. Und niemand von den Klosterinsassinnen und Knechten und keiner der Pilger hatte beobachtet, wie sie Sainte Cathérine verlassen hatte …
    »Es müssen doch noch irgendwelche Baupläne vom Kloster existieren, Ehrwürdige Mutter. Möglicherweise hat man darauf Geheimgänge eingezeichnet. Irgendwo muss meine Schwester doch sein.«
    Die Comtesse war vor Sorge ganz außer sich, und die provokative Trägheit der Mutter Oberin ärgerte sie maßlos.
    »Seid unbesorgt, Madame. Wir werden jeden Zentimeter der Abtei absuchen«, sagte Madame des Anges leichthin und gab einer jungen Nonne den Auftrag, nach den alten Plänen in einer bestimmten Truhe in ihrer Zelle zu suchen.
    Adelaide erschien das alles viel zu wenig an Engagement. Irgendwie hatte sie den Eindruck, die Äbtissin wollte gar nicht, dass die Nachforschungen in Gang kämen, beziehungsweise zu einem Ergebnis führten. Das konnte zweierlei bedeuten: Entweder wusste die Ehrwürdige Mutter, wo Hélène sich aufhielt und dass ihr nichts geschehen würde oder … Daran aber wollte die Gräfin keinen Gedanken verschwenden – noch nicht.
    Alle Nonnen hatten das Refektorium verlassen, angeblich waren sie mit der Suche nach der auf so merkwürdige Weise spurlos Verschwundenen beschäftigt.
    »Ich hatte Euch doch gesagt, Madame, weder Ihr noch jemand aus Eurem Gefolge möge den Klostergarten betreten, auch nicht das Siechenhaus. Das hatte schon seinen Grund.« Und mit verkniffener Miene fuhr die Äbtissin fort: »Ich habe nämlich eine Warnung erhalten, dass Ihr und die Euren in Gefahr seid, entführt zu werden. Ich wollte Euch natürlich nicht beunruhigen, Madame. Ich dachte, im Klostergebäude selbst wärt Ihr sicher vor feindlichen Nachstellungen. Aber wie ich sehe, habt Ihr und Eure Schwester meine Bitte nicht ernst genommen.«
    Das klang nicht unvernünftig, aber Adelaide konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, die Äbtissin suche nur nach einer Ausrede und sei bestrebt, jede Verantwortung von sich zu weisen.
    Am schlimmsten aber fand sie die Tatsache, dass sie nichts, aber auch gar nichts unternehmen konnte, außer abzuwarten.
     
     
    Kurz vor der Vesper tauchte Demoiselle Hélène wieder auf.
    Keineswegs eilig kam sie den schmalen Pfad zwischen den Obstbäumen daher geschritten, und als sie auf einige Nonnen traf, die schon von Weitem nach ihr riefen, tat sie, als bemerke

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