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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Scheiterhaufen.
    »Wir passen jedenfalls nicht hierher, und es ist nur gut, wenn wir uns so bald wie möglich aus dem Dunstkreis dieser verrückten, Verzeihung, heiligen Äbtissin entfernen«, schloss die Gräfin das Gespräch ab.
    Sie entschied, sich bald zur Ruhe zu begeben und am nächsten Tag in aller Gelassenheit zu überlegen, was unbedingt mitgenommen werden musste und worauf man gut verzichten könnte.
    Als Adelaide und ihre Schwester bereits im Bett lagen, klopfte es ganz zart an die Zellentür. Hélène war sofort munter, sprang auf, machte Licht und ging zur Tür.
    »Ach, Ihr seid es, Schwester Madeleine, kommt herein«, murmelte sie, und auch Adelaide war umgehend hellwach.
    »Ich bringe Euch gute Neuigkeiten, Mesdames.«
    Die junge, hübsche Klosterschwester lächelte, als sie davon berichtete, dass die Mutter Oberin so gütig wäre und erneut gestattet hätte, dass die Damen sich im Heilkräutergarten aufhalten dürften und in der Krankenstation, falls sie es wünschten.
    »Woher kommt dieser plötzliche Sinneswandel?«, fragte die Comtesse verblüfft.
    »Nun, die Ehrwürdige Mutter hat wohl eingesehen, dass sie viel zu streng zu Euch gewesen ist, obwohl sie es nur gut gemeint hatte«, erwiderte Schwester Madeleine mit treuherzigem Augenaufschlag.
    »Mag sein. Jedenfalls wird uns das unsere Flucht sehr erleichtern. Sonst hätten wir drei uns davonstehlen müssen, und das wäre womöglich aufgefallen. Aber so? Jetzt sehe ich keine Schwierigkeiten mehr. Es bleibt doch bei unserer Abmachung, Schwester?«, wollte Adelaide, plötzlich misstrauisch geworden, wissen. Sie fasste das junge Ding im braunen Habit dabei scharf ins Auge.
    »Selbstverständlich, Madame la Comtesse. Wie mit Eurer verehrten Schwester, Mademoiselle Hélène, besprochen. Mein Bruder pflegt sein Wort stets zu halten«, fügte sie stolz hinzu.
     
     
    In dieser Nacht konnten die drei Flüchtlinge nach längerer Zeit wieder einmal gut schlafen. Erst am nächsten Morgen fiel ihnen ein, dass sie vor lauter Freude über die bevorstehende Freiheit vergessen hatten, nach dem Namen des hilfreichen Herrn zu fragen …

KAPITEL 71
    DIE NÄCHSTEN BEIDEN TAGE schienen die Gäste der Abtei förmlich zu schweben. Jede der jungen Frauen war es herzlich leid gewesen, noch länger in diesem Kloster unter der Fuchtel der Ehrwürdigen Mutter zu leben. Und da hatte sich ihnen, als sie schon beinahe verzweifelten, diese Chance eröffnet!
    Jetzt hieß es nur noch, sich unauffällig zu verhalten, um in letzter Minute nicht noch selbst zum Scheitern des gewagten Unternehmens beizutragen.
    »Sind wir etwa keine guten Schauspielerinnen?«, fragte Hélène, und ihre beiden Freundinnen kicherten.
    »Sag mal, meine Liebe: Hast du nicht daran gedacht, dich nach dem Namen unseres liebenswürdigen Retters zu erkundigen?«, wollte Anne schließlich wissen.
    Hélène schüttelte beschämt den Kopf. »Leider nein. Ich war so durcheinander. Aber halt: Er hat sich mir sogar vorgestellt, doch in der Aufregung habe ich seinen Namen und Titel vergessen. Irgendein Comte war es – glaube ich jedenfalls. Aber wenn Ihr wollt, kann ich ja Schwester Madeleine fragen. Sie wird uns den Namen ihres Bruders gewiss verraten.«
    »Ach, lass nur, wir kennen den Herrn ja doch nicht. In zwei Tagen sind wir ohnehin klüger. Hoffentlich hält er sein Versprechen – alles andere kann uns gleichgültig sein. Irgendwie werden wir uns dann schon in Richtung Rhein durchschlagen«, meinte die Comtesse zuversichtlich.
    Dann würden sie ihre Ohren offenhalten und zu erfahren versuchen, ob die Spürhunde aus Wien immer noch den Hof des Bischofs in Straßburg unsicher machten …
    Sie waren jung und hübsch und steckten voller Optimismus: Irgendwie würde das Leben für sie weitergehen.
    Besonders Adelaide wünschte sich sehnlichst einen Verehrer, wie ihn andere Mädchen schon längst hatten – die meisten ihrer Altersgenossinnen waren sogar schon verheiratet.
    Anne litt seit geraumer Zeit an »Liebesentzug«, wie sie es nannte. Auch sie hoffte, dass sich bald wieder ein junger Bursche ernsthaft für sie interessierte.
    Nur von Hélène war diesbezüglich keine Klage zu hören.
    Die nächsten beiden Tage arbeiteten alle drei Damen fleißig im Klostergarten und halfen erneut bei der Krankenpflege. Neben zahlreichen Lungenentzündungen mit hohem Fieber hatte es auch wieder einige Fälle von Pocken gegeben – diese Seuche war einfach nicht auszurotten. Jedes Jahr fielen ihr in Europa viele Tausende zum

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