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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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alles Übrige sind nicht so wichtig.«
    Später besprachen die beiden Freundinnen, warum der junge Mann – ein Comte, wie das Helen wohl herausgefunden hatte – sich bereit erklärt hatte, auf die Bitte seiner Schwester den fremden Damen zu helfen.
    »Schwester Madeleine sagte mir, ihr Bruder wäre ein Mensch, der immer selbstlos anderen unschuldig in Not geratenen Menschen beistünde. Das sei eben seine Art. Mehr weiß ich auch nicht«, sagte Hélène de Morrisson, die sich eigentlich nichts sehnlicher wünschte, als endlich wieder Helene Hagenbusch heißen zu dürfen …
    »Nun gut, sei es, wie es sei. Hauptsache, er ist in zwei Tagen wirklich da und die Sache klappt. Ich habe in der Tat keine Lust mehr, mich den jeweiligen Stimmungen der launischen Oberin zu unterwerfen. Ich weiß sowieso nicht, warum sie auf einmal so abweisend zu uns ist. An der Suche nach dir heute Nachmittag hat sie sich auch bloß pro forma beteiligt«, sagte die Comtesse und schaute mürrisch drein.
    »Es ist höchste Zeit, Adelheid, dass wir das Kloster verlassen«, sagte nach einer Weile das Helen leise. »Ich habe noch etwas anderes in Erfahrung gebracht, und das hört sich überhaupt nicht gut an.«
    Und so erfuhr Adelaide, dass die anscheinend vom Neid zerfressene Äbtissin einen perfiden Plan geschmiedet hatte, um die lästige »Wunderkonkurrenz« ein für alle Male auszuschalten.
    »Du erinnerst dich doch, dass ich beim Bedecken mit dem Hemd beim dritten Mal laut ›Nein! Nein! Nein!‹ gerufen habe, nicht wahr? Und daraus will man mir nun einen Strick drehen. Ich hätte das heilige Öl des heiligen Thomas nicht ertragen können und hätte dessen Berührung verabscheut. Deshalb mein ›Nein‹. Du verstehst: Einmal Hexe, immer Hexe. Das eigentliche Wunder meines Zurückfindens in die Normalität bestünde darin, dass es trotzdem geglückt ist, obwohl ich es offensichtlich nicht gewollt habe und als Hexe den Kontakt mit heiligen Dingen nicht aushalten kann. Die Äbtissin will mir angeblich in einigen Wochen den Prozess machen lassen als einer ganz abgefeimten Zauberin, die sich bereits einmal der irdischen Gerechtigkeit durch einen Irrtum des Gerichts entzogen hat – was mir dieses Mal mit Sicherheit nicht gelänge.«
    »Oh, mein Gott, das ist ja grauenhaft!« Adelaide war vor Schreck einer Ohnmacht nahe. »Die Äbtissin hat Erfahrung in diesen Dingen – man muss nur an den armen Abbé Simon Canfort denken. Und das alles wusste die kleine Madeleine?«, fragte die Gräfin ungewohnt verzagt.
    »So ist es, Adelheid«, nickte die andere. »Aber wir haben ja zum Glück eine Alternative und werden der intriganten Ehrwürdigen Mutter ein Schnippchen schlagen.«
    »Hol Anna. Wir müssen ihr Bescheid sagen. Es gibt eine Menge zum Vorbereiten und noch mehr zum Überlegen: Zum Beispiel, wohin wir uns nach der geglückten Flucht wenden sollen. Ich will nicht von einer Abhängigkeit in die nächste geraten.«
    Als Anne die wunderbare Neuigkeit erfuhr, war auch sie überglücklich. »Dass es noch solche guten Menschen gibt, die Unschuldigen selbstlos helfen, lässt einen direkt hoffen«, sagte sie. »Ich denke, der liebenswürdige Bruder der jungen Nonne wird uns sicher weiterhelfen können.«
    »Dein Wort in GOTTES Ohr. Ehe wir uns nicht wirklich jenseits der Mauern von Sainte Cathérine befinden, glaube ich an gar nichts mehr. Sollte unsere Flucht allerdings wirklich gelingen, wäre das aber ein Grund für mich, ein Gelübde abzulegen, das ich nach unserer glücklichen Heimkehr erfüllen würde.«
    »Welches Gelübde denn, um Himmels willen?«, fragte ganz erschrocken Hélène. »Du willst doch nicht etwa den Schleier nehmen?«
    »Ach was. Das käme mir als Allerletztes in den Sinn. Das frühe Aufstehen, das dauernde Beten in der kalten Kirche und der Gehorsam gegen eine Mutter Oberin – das wäre gewiss nichts für mich.«
    »Ja. Armut und Gehorsam fallen einem mindestens so schwer wie das Gelübde der Keuschheit, nicht wahr?«, wollte Anne wissen.
    »Mit der Keuschheit ist es in vielen Klöstern nicht so weit her. Unsere Madame des Anges hat ihren Frater Philibert, und die Nonnen halten sich an die Klosterknechte und an die jungen Pilger.«
    »Mag sein. Aber sehr befriedigend ist das Ganze anscheinend nicht, sonst wäre dieser kürzlich erfolgte Ausbruch an Hysterie gar nicht möglich gewesen. Immerhin hat er diesem unglücklichen Geistlichen das Leben gekostet«, erinnerte Hélène an die schaurige Hinrichtung auf dem

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