Die Hexengraefin
sollte, dann nehmt Euch eines von Euren zahlreichen Schoßhündchen mit in die Federn.«
Daraufhin war die hübsche, aber verzogene Herzogstochter beleidigt gewesen.
Ferfried seufzte. Auf einmal empfand der Graf eine unbändige Sehnsucht nach seiner klugen und schönen Tochter. Wenn Adelheid nur erst wieder da wäre. Auf seinen Sohn musste er mit Sicherheit noch lange warten. Dieser elende Krieg, dessen Sinn schon längst keiner mehr erkannte – sollte er jemals einen gehabt haben -, würde wohl noch lange andauern. Jeden Tag bat er seinen Beichtvater, Vater Ambrosius, dass er ein Extragebet zum Himmel schickte für seinen Hasso, damit der junge Mann gesund an Körper und Geist zurückkehrte.
Er selbst konnte an dem entsetzlichen Morden nicht mehr teilnehmen: Der HERRGOTT hatte ihn »geschlagen«. Und das war wörtlich zu verstehen: Ende Januar hatte ihn ein Gehirnschlag getroffen, von dem er sich nur langsam erholte.
Jetzt, nach einem guten Vierteljahr, war die linksseitige Lähmung beinahe überwunden. Er konnte wieder normal sprechen, und der linke Arm war gebrauchsfähig, wenigstens halbwegs. Nur das linke Bein wollte noch nicht so recht. Außerdem wurde er schnell müde.
So saß er noch häufig in einem wuchtigen Sessel in seinem Gemach oder bei schönem Wetter in einer Art Rollstuhl im Schlossgarten, wohin er sich jeweils von zwei Dienern über die Treppen tragen ließ.
Aber Ferfried war guten Mutes, dass er auch diese Schwäche überwinden könnte – dank Salomes liebevoller Pflege.
Diese einfache Frau hatte keinerlei Bildung genossen, nicht einmal lesen und schreiben konnte sie. Aber ihr Herz war aus Gold und ihr Geschick als Pflegerin stellte sie täglich unter Beweis. Ferfried überlegte schon eine ganze Weile, wie er sich ihr gegenüber dankbar erweisen könnte …
»Bleib doch noch bei mir, Sali«, bat der Graf und legte seinen rechten Arm um ihre stattliche Hüfte.
»Ich muss leider zurück in die Küche und mich ums Gesinde kümmern, Herr. Sonst wird das nie was mit dem Essen. Die Mägde darf man nicht zu lang aus den Augen lassen, sonst fangen sie an zu faulenzen, Herr. Aber ich werde Euch den Pater herausschicken. Vater Ambrosius soll Euch etwas vorlesen, damit Ihr Euch nicht langweilt.«
Nun, langweilig war es nie auf dem Schloss. Der Graf konnte zwar jetzt noch nicht auf die Jagd gehen, aber die Tatsache, dass er eine Einquartierung schwedischer Offiziere hatte, sorgte doch dafür, dass der Herr auf Ruhfeld nicht in einen Dornröschenschlaf versank.
Die Herren aus dem hohen Norden hatten sich als wahre Ehrenmänner herausgestellt, nachdem sie sicher waren, dass der Graf keinerlei Anstalten machte, sich gegen die Besatzung zur Wehr zu setzen. Andere mochten ihm das als Feigheit auslegen – wenn nicht gar als Schlimmeres -, aber Ferfried war kein Dummkopf. Er hatte sofort erkannt, dass jeder Widerstand kindisch gewesen wäre, bei dieser Übermacht der Schweden. Man »arrangierte sich«, wie die Franzosen das nannten, und Ferfried fuhr recht gut dabei. Es gab in seinem kleinen Reich jedenfalls keine Übergriffe mehr. Was dem Hannes Leiblein zugestoßen war, blieb ein Einzelfall, welchen der Ärmste selbst heraufbeschworen hatte.
Im Übrigen hatte man die Täter schwer dafür bestraft, dass sie sich in dieser viehischen Weise an einem offensichtlich Geistesschwachen vergangen hatten. Ihr verantwortlicher Offizier hatte alle sechs kurzerhand im Schlossgarten aufhängen lassen …
Alles in allem konnte sich der alte Graf nicht beklagen. Gelegentlich spielte er mit einem der Herren eine Partie Schach, wobei er den anderen meistens gewinnen ließ – ein kleiner Trick, geeignet, die Atmosphäre nicht nur im Schloss, sondern in dem gesamten besetzten Gebiet noch mehr zu verbessern.
So fühlte Graf Ferfried sich doch einigermaßen wohl, wenn nur die Sehnsucht nach seiner Tochter nicht gewesen wäre …
Zu Adelheids achtzehntem Geburtstag hatte er seinerzeit ein Gemälde von ihr anfertigen lassen. Es hing in seinem Gemach zwischen zwei Fenstern, und sooft er das schlanke, bildschöne Geschöpf auf der Leinwand ansah, musste er immer an seine viel zu früh verstorbene Gemahlin denken: Contessa Sybilla, ein Habsburgerspross, aufgewachsen am herzoglichen Hof zu Mailand.
Obwohl es selbstverständlich eine »arrangierte Heirat« gewesen war, hatte er sie über alles geliebt. Was die Gräfin Sybilla allerdings für ihn empfunden hatte, das hatte er leider nie herausbekommen …
Adelheid war ihr
Weitere Kostenlose Bücher