Die Hexengraefin
der so dringend benötigten Mangelware zu versorgen.
»Ob der Bauer dabei auch mitmacht und das nötige Kapital beim Juden beschaffen wird?« Matthis befielen auf einmal Zweifel.
»Aber sicher«, lachte Georg, »weshalb sollte er nicht?« Dann stutzte er. »Na ja. Vielleicht findet der Vater meinen Einfall doch nicht so gut. Also, Matthis, sag ihm deutlich, ich will das Geld bloß geliehen haben. Er kriegt es zurück, sobald wir wieder daheim sind und die polnischen Gäule an die Kaiserlichen verkauft haben. Und der Preis wird weiter steigen, das garantiere ich.«
Beide Männer blickten auf die zerstörte Kapelle, und Georg fiel dazu eine Geschichte ein: »Einst hat der Teufel eine riesige Felsplatte herangewälzt, um die Bergle-Kapelle zu zerstören. Doch der Brocken war ihm zu schwer, und als er sich schließlich noch einen seiner Bocksfüße schmerzhaft einklemmte, reichte es ihm. Er ließ die Felsplatte liegen, wie du unschwer sehen kannst. Weil dem Leibhaftigen die Arbeit so sauer geworden war, heißt man den Felsen, der da drüben liegt, den ›Sauerstein‹.«
Die zwei Burschen lachten. Nachdem sie ihren Plan gefasst hatten, war beiden viel wohler. Natürlich würde es nicht leicht werden, ihn umzusetzen – schließlich war Georg ein behördlich Gesuchter -, aber irgendwie würde es schon klappen.
Sie waren jung, verwegen und optimistisch, und außerdem würde der heilige Jakobus schon auf sie aufpassen!
»Da fällt mir noch eine Geschichte ein«, sagte der junge Hagenbusch und erhob sich aus dem taufeuchten Gras.
»Auf, lass uns gehen, Matthis, während ich unterwegs erzähle. Neben der Kapelle hier stand einst eine Klause. Darin lebte ein frommer Bruder, der armen Leuten half und die Wallfahrer betreute. Einmal wurde er sehr krank und konnte sich nicht einmal mehr von seinem Strohsack erheben. Da erschien in seiner Zelle ein fremder Mann in einem langen Gewand und erbot sich, ihn während seiner Krankheit zu vertreten. Der Einsiedler war froh darüber, aber der Fremde fiel überall, wo er hinkam, durch seine seltsamen Lehren auf. Als der geheimnisvolle Mann während einer Prozession ebenfalls den Dienst des Einsiedlers übernahm, stolperte er über einen Stein und siehe da: Unter seinem langen Gewand wurden zwei Bocksfüße sichtbar.
Nun war allen klar, mit wem sie es zu tun hatten.
Wütend über diese Entlarvung rannte der Teufel auf den nahen Einbethenberg, schlug seine feurigen Pranken in den Felsen und verschwand lästerlich fluchend in der Erde. Diesen seltsamen Felsbrocken da drüben« – Georg deutete auf eine Stelle des Berges -, »nennt man seither ›Teufelskanzel‹.«
Als sein junger Herr geendet hatte, lachte der Knecht unsicher auf. Ein wenig ängstlich schaute Matthis sich um und sagte dann: »Wir sollten uns ein wenig sputen, Georg. Es liegt noch eine weite Strecke vor uns, und der Gottseibeiuns möcht uns vielleicht hören und uns Steine in den Weg legen.«
»Ach was«, grinste übermütig der junge Hagenbusch, »ich pfeif auf den Teufel. Ich bin sicher, der Schutzpatron aller Reisenden – und zu denen gehören wir zwei ja irgendwie – wird uns schon beistehen. Ich jedenfalls vertrau auf Sankt Jakobus.«
KAPITEL 77
GRAF FERFRIED VON RUHFELD fühlte sich einsam. Sicher, das Bett wärmte ihm Salome Bürgi nach wie vor zu seiner vollen Zufriedenheit, aber er hatte Sehnsucht nach seinen Kindern.
»Da sitze ich elender Krüppel und bin zu nichts nutze«, klagte er mürrisch und strich sich mit grämlichem Gesichtsausdruck die inzwischen weiß gewordenen Haare aus dem faltigen Gesicht. »Ein alter Mann wie ich sollte zu seinem Trost seine Kinder um sich haben«, sagte er nach einer Weile. Der Blick, den er Salome zuwarf, war herzzerreißend, und diese ergriff eine seiner mager gewordenen, blau geäderten Hände und drückte sie liebevoll.
»Seht, Herr, es ist nun einmal das Schicksal Eures Sohnes, dass er seinem Kaiser in diesem schrecklichen Krieg zu Hilfe eilen muss. Ich bete jeden Tag für die baldige, glückliche Heimkehr des jungen Herrn.«
»Ach, Sali«, sagte der Graf, »du bist eine herzensgute Seele. Wenn es dich nicht gäbe, ich glaube, ich hätte mich schon längst erschossen.«
»Herr, so etwas dürft Ihr nicht einmal denken. Das ist eine große Sünde, und …«
»Ja, ja, ich weiß, meine gute, liebe Salome. Ich habe nur so dahergeredet. Kein Wunder, wenn es einem alten Mann leid wird.«
»Wo ist hier ein alter Mann? Ich kann hier keinen sehen, Herr.« Salome
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