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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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seine Ursache darin, dass das äußerst kinderliebe Helen die Kleine verhext hatte.
    Ziemlich heikel war die Sache mit dem Hannes Leiblein. Im Dorf kursierte seit Langem das Gerücht, er sei nicht der Neffe, sondern der Sohn der Marthe Schnewlin, der Köchin Herrn Ingo Hasenauers, des örtlichen Pfarrers. Und ganz Gescheite behaupteten sogar, der geistliche Herr selbst wäre sein Erzeuger … Nun, das musste man dahingestellt sein lassen.
    Tatsache war jedoch, dass der junge Bursche schwachsinnig und sich mit Sicherheit der Tragweite seiner Behauptung gar nicht bewusst war. Wer hatte ihn dazu verleitet?
    Bertold Munzinger mochte um den heißen Brei herumreden, wie er mochte, die Gräfin war sicher, von ihm keine Hilfe erwarten zu können. Jahrelang hatte es in der Ortenau keine Verfolgungen unschuldiger Frauen gegeben, doch nun war man gewillt, wieder damit anzufangen.
    Der Oberste Richter gab Adelheid ganz im Vertrauen zu verstehen, dass die »Causa« gravierend sei, und er riet ihr, sie solle davon Abstand nehmen, sich für die Beschuldigte einzusetzen. Ja, mit scheinheiliger Besorgnis ließ er sogar durchblicken, es möchte ihr am Ende selbst nicht gut bekommen, mit »so einer Malefizperson« gut Freund zu sein.
    Er wisse von mehreren hochgestellten Personen, die man vor ein Hexentribunal habe stellen müssen, flüsterte er ihr am Ende der Unterredung vertraulich zu. Er meine es doch bloß gut mit der Frau Gräfin …
    Unter schärfstem Protest hatte die junge Edeldame das Haus dieses Rechtsgelehrten verlassen.
     
     
    Ihr nächster Weg führte sie zum Schultheiß Jakob Hagenbusch. Er und seine Frau waren schließlich nach der Verhafteten die Hauptleidtragenden dieser Tragödie.
    Wie groß war allerdings ihr Entsetzen, als sie das ansehnliche Haus des Dorfoberhauptes verschlossen vorfand. Auch auf ihr Rufen und Klopfen reagierte niemand. Ihre beiden Begleiter hatten sich in der Zwischenzeit in den Ställen und Scheunen des Gehöftes umgesehen. Keine Menschenseele schien da zu sein.
    »Seht, Frau Gräfin, ich habe jemanden aufgestöbert«, rief schließlich einer der Ruhfeld’schen Knechte und schob einen mageren, kleinen Buben vor sich her. Der vollkommen eingeschüchterte Hütejunge, das Jaköble, wusste bloß, dass die Schultheißin, »das Walburga«, wie er sie nach Art der Badener nannte, mit »schlimmem Herzweh« darniederläge, während ihr Mann Jakob, der sein Amt vorläufig nicht ausüben dürfe, niemanden zu sprechen wünsche.
    »Der Bauer wartet jetzt auf den Georg, der bald aus dem Elsass zurückkommt. Dahin ist er nämlich geritten nach der Gerichtsverhandlung in Offenburg. Mit dem will er sich bereden, was er tun kann, um das Helen wieder heimzuholen.«
    »Gütiger Himmel!«, rief Adelheid betroffen. »Das dauert doch viel zu lange. Ich kann meine liebe Schwester nicht tage-, womöglich wochenlang in den Händen von solchen Leuten wie Martin Scheible lassen. Der Mann ist doch in der ganzen Ortenau dafür bekannt, wie gerne er Menschen und vor allem Frauen quält.«
    Als vor ein paar Jahren die letzten »Hexenprozesse« ausgestanden waren – die allerletzten, wie vernünftige Personen gehofft hatten -, war es doch genau jener Scheible gewesen, der es laut bedauert hatte, »keines dieser höllischen Luder« mehr aufziehen, brennen, stechen und auf mancherlei andere Art foltern zu dürfen.
    Immer deutlicher wurde der jungen Gräfin bewusst, dass es ihr ohne Hilfe von kompetenter Seite niemals gelingen würde, diesen Gordischen Knoten an Irrglauben, Verbohrtheit und Grausamkeit zu durchtrennen.
    ›Gerade jetzt musste Vater verreisen, und Hasso ist auch nicht da‹, dachte sie verzweifelt. Pater Ambrosius hatte leicht reden. Von wegen »nicht lockerlassen« und »immer nachbohren«. Alle lassen mich auflaufen. Bis jetzt habe ich bloß erreicht, die Namen der Denunzianten zu erfahren. Aber das hilft mir auch nicht weiter. Oder doch?
    Sie wurde immer verwirrter. Doch sie richtete sich entschlossen auf, gab ihren beiden Begleitern das Zeichen zum Aufsitzen und sagte zu dem Hütejungen: »Wenn du deinen Herrn siehst oder das Walburga, sag ihnen schöne Grüße von mir, Jaköble. Und richte ihnen aus, dass ich alles unternehmen werde, um ihre Tochter zu befreien.«
    »Ja, Frau Gräfin«, antwortete der Junge leise, drehte sich dann um und verschwand wieder in einem der Ställe.
    Adelheid von Ruhfeld ritt als Nächstes zum Pfarrer der Gemeinde, Herrn Ingo Hasenauer. Der hochwürdige Herr, der

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