Die Hexengraefin
Musikanten standen im Hintergrund bereit, und alle warteten gespannt auf den Beginn des Festes. Aber noch ließ sich der Hausherr nicht sehen.
Endlich erschien der Gastgeber mit seinem Sohn und Madame Salome; hinterdrein schlurfte die Amme mit dem schlafenden Enkel auf dem Arm. Aber nachdem Ferfried seine Gäste freundlich begrüßt hatte, wobei er den Zweck des Festes immer noch nicht preisgab, trat wiederum eine Pause ein. Ganz offensichtlich erwartete man noch jemanden …
Inzwischen hatten die Musiker auf ein Zeichen von Hasso leise zu spielen begonnen, und Ferfried und sein Sohn wollten sich eben unter die Anwesenden mischen, da öffnete sich die Saaltür, und der Majordomus, den man seit Neuestem beschäftigte – vor Kurzem noch hatten die Dienste des Ersten Kammerherrn genügt -, kündigte die allerletzten Besucher an.
»Erschienen sind der hochedle Herr Martinus Schleiermann, seines Zeichens kaiserlich-königlicher Oberministerialrat aus Innsbruck, sowie Monsieur Jakobus de Hagenbusch mit seiner edlen Gemahlin, Madame Walburga, nebst Tochter, Demoiselle Helene!«
Wäre eine Stecknadel aufs Parkett gefallen, hätte man das Geräusch deutlich gehört, so mäuschenstill war es auf einmal im Saal. Was sollte das jetzt, bitte schön?
Erstens einmal, was wollte der alte Graf Ferfried mit diesem habsburgischen Beamten, der in seinem schwarzem Anzug und ebensolcher Perücke aussah wie eine traurige Krähe? Jeder seiner Bekannten wusste doch, dass die Kaiserlichen – trotz seiner unbedingten Loyalität zu Ferdinand – nicht unbedingt seine Busenfreunde waren.
Des Weiteren, was sollte die feierliche Ankündigung (»Monsieur de« und »Madame« und »Demoiselle« hatte der Majordomus sie genannt, und zu »edler Gemahlin« hatte er sich gar verstiegen) einer zwar recht vermögenden, aber immerhin gesellschaftlich weit unterhalb rangierenden Bauernfamilie? Weshalb wurden solche Leute überhaupt eingeladen?
Diese Frage stellte sich auch Helene, der alles andere als wohl zumute war. Schon das elegante Kleid, das ihre Mutter ihr zum Anziehen aufgedrängt hatte, hatte sie beinahe verstört.
»Aber, Mutter, ich bitte doch sehr. Was soll ich mit diesem Gewand einer feinen Dame? Auslachen wird man mich oder vielleicht sogar wegen Anmaßung hinausjagen.«
»Niemand wird dich verjagen, Tochter, im Gegenteil. Glaub mir, du bist eine Dame«, hatte Walburga kurz angebunden gesagt. Ohne zu widersprechen hatte die junge Frau der Mutter zwar gehorcht, sich aber ihre Gedanken gemacht …
Jetzt war für Ferfried und Hasso der Zeitpunkt gekommen, die Katze aus dem Sack zu lassen. Der alte Graf setzte sich in einen bequemen Sessel und nötigte seine Gäste, es ihm gleichzutun. Sein Sohn aber blieb stehen: »Verehrte Verwandte und liebe Freunde«, begann er und dann – löste er das Rätsel.
So vieler Worte der Klärung bedurfte es eigentlich gar nicht, aber die Wirkung des Gesagten war ungeheuer.
Erst hielt die Stille an. Die Zuhörer mussten die unerhörte Neuigkeit offenbar erst einmal verdauen. Dann aber setzte, zuerst zaghaft, dann lauter und zuletzt stürmisch, jubelnder Beifall ein.
»Das ist ja wie im Märchen.« – »Dass es so etwas Wunderbares gibt.« – »Bravo, Graf Ferfried!« – »Hoch lebe Graf Hasso!«
Und nach einer Weile: »Hoch lebe Ritter Jakob von Hagenbusch.« – »Ein Hoch auf die Edelfrau Walburga.«
»Jawohl«, verschaffte sich mit seiner alles übertönenden Stimme der junge Graf Gehör: »Und ein Hoch auf das schöne und edle Fräulein Helene von Hagenbusch, dem ich hiermit mein Herz zu Füßen legen und zugleich die Frage an die Dame stellen möchte, ob sie mich zum Gatten nehmen will.«
Dieser Antrag war nun allerdings für die meisten Gäste die nächste Überraschung. Nur, wer die zufriedenen Gesichter von Jakob und Walburga aufmerksam betrachtete, wusste, dass zumindest die künftigen Schwiegereltern Hassos von dessen Antrag nicht überrumpelt worden waren.
Adelheid brach gar in Tränen aus, als sie ihren Bruder vor dem Helen knien und um deren Hand anhalten sah. Ihre liebe Schwester wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
»Diese Überraschung ist Euch allen wohl gelungen«, flüsterte sie nach einer Weile mit erstickter Stimme und reichte ihrem Bräutigam die rechte Hand, welcher diese über und über mit Küssen bedeckte, ehe er ihr einen wundervollen Ring an den Finger steckte, ein Familienerbstück, das von seiner Mutter Sybilla stammte.
»Ehe wir uns zum
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