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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Herren hinauszubegleiten.«
    Und ehe es sich »die Kaiserlichen« versahen, standen sie draußen im Hof, umgeben von scharrenden Hühnern und schnatternden Gänsen. Eine Schar grimmig aussehender Knechte, die wie zufällig alle entweder eine Sense oder einen Dreschflegel in der Hand hielten, ließ es ihnen geraten scheinen, das Hagenbusch-Anwesen schleunigst zu verlassen.
    Auch der hünenhafte Hausherr und sein Weib waren jetzt noch zusätzlich auf der Bildfläche erschienen.
    »Möglicherweise kommen wir schon bald wieder – und dann vielleicht sogar zu mehreren«, ließ es sich einer der beiden Herren nicht nehmen, abschließend laut und drohend anzukündigen, wobei er seinen ärgerlichen Blick über die Anwesenden schweifen ließ.
    »Stets zu Euren Diensten, Ihr werten Herren«, sagte Jakob gleichmütig, während das früher so eingeschüchterte Walburga seelenruhig neben ihm stand. Er verbeugte sich knapp und schloss hinter den Kaiserlichen betont nachdrücklich das Hoftor.
    Dass Helene so gelassen geblieben war, lag an ihrer Wesensart und an ihrem Engagement für alle Leidenden, denen sonst keiner half. Sie hatte für nichts anderes mehr Interesse.
    Aber dass Jakob und selbst seine ehedem so ängstliche Ehefrau Walburga neuerdings so selbstsicher gegenüber der Obrigkeit auftraten, das hatte seinen besonderen Grund …
     
     
    Adelheid kannte sich mit ihrer Freundin nicht mehr recht aus. Stets war deren Gefühlswelt für sie wie ein offenes Buch gewesen, aber seit sie sich in der alten Heimat befand, erschien Helene ihr verschlossen wie eine Auster.
    Beide jungen Frauen befanden sich in Adelheids Gemach und machten Handarbeiten. Selten genug kam das vor, war Helene doch meistens mit ihren Kranken beschäftigt.
    »Jetzt sag mir doch, Leni, wie findest du meinen Bruder? Dir muss doch auffallen, wie Hasso wieder um dich wirbt. Was alle Welt weiß, das kann ausgerechnet dir doch nicht verborgen geblieben sein.«
    »Der junge Herr Graf war sehr liebenswürdig zu mir, das habe ich schon bemerkt, aber Herr Hasso ist ein Kavalier und zu allen Damen freundlich, nicht wahr? Ich bilde da gewiss keine Ausnahme.«
    »Dass ich nicht lache«, rief Adelheid temperamentvoll aus. »Sobald du im Raum bist, sieht er überhaupt keine andere mehr an. Das ist die Wahrheit – und du weißt das auch. Also: Wie stehst du zu ihm?«
    »Ich mag ihn sehr, das ist bekannt. Aber damit hat es sein Bewenden. Mir Hoffnungen auf mehr zu machen, wäre Unsinn. Er ist ein Graf, und ich bin ein Bauernmädchen – da hilft auch meine ganze Bildung nichts. Die Herkunft macht bei uns den Menschen und nicht das, was er wirklich ist.«
    Sie hatte das ganz ruhig, wenn auch ein wenig bitter gesagt, und fürs Erste war Adelheid verstummt. Aber nach einer Weile fing sie erneut an.
    »Früher warst du doch in ihn sehr verliebt, und auch er hat behauptet, für dich sogar auf sein Erbe verzichten zu wollen. Erinnerst du dich nicht mehr daran?«
    »Natürlich, Heidi, aber das waren Kindereien. Und eines darfst du auch nicht vergessen, meine liebe Schwester: Trotz der zeitweiligen Ohnmachten nach meiner Rettung habe ich genau gespürt, dass Hasso sich angeekelt von mir abgewandt hat.«
    »Das darfst du ihm nicht mehr übel nehmen, Leni«, bat Adelheid. »Bedenke, er war damals noch sehr jung. Und Männer sind überhaupt länger unreif als wir Frauen. Er hat sein Zurückschrecken vor dir inzwischen tausendmal bereut – das darfst du mir ruhig glauben.«
    Helene sah ihre Freundin eindringlich an. »Was willst du mir eigentlich damit sagen, Heidi?«, fragte sie leise.
    Da war die Gräfin auf ihre liebe Schwester zugegangen, hatte sie ganz fest in die Arme geschlossen und nur gesagt: »Vergiss bitte nie, dass ich dich über alles liebe – was immer auch geschehen mag.«
    Danach hatte sich Adelheid umgedreht und schnell den Raum verlassen.
     
     
    So oft ein Bote mit Neuigkeiten auf Ruhfeld erschien, bemächtigte sich aller Bewohner des Schlosses eine spürbare Unruhe. Einem Fremden wäre das vermutlich nur natürlich erschienen. Man lebte schließlich nicht im Frieden, und wer konnte sagen, welche Gräuel sich mittlerweile ereignet hatten?
    Aber das war es nicht. Der mittlerweile »ganz normale Wahnsinn« des Krieges hatte alle Bewohner der betroffenen Landstriche gegenüber Horrormeldungen abgestumpft.
    So seltsam es klingen mochte, aber die Menschen hatten sich mit dieser Art von Bedrohung arrangiert. Sie taten so, als wäre alles in Ordnung und versuchten, das

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