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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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dreiundfünfzigjährige Seelenhirte der Gemeinde Reschenbach, tat überaus salbungsvoll. Nachdem er wortreich sein Bedauern über das Vorgefallene ausgedrückt hatte, kam er endlich zum Kern der Sache: Er redete vom »faulen Apfel«, der in der Lage sei, eine ganze Kiste voll Obst anzustecken und vom »dürren Ast«, welchen man abhauen müsste, um den gesamten Baum zu retten und zu kräftigen.
    Adelheid schnappte nach Luft und musste ernstlich an sich halten, um dem Geistlichen nicht ein paar saftige Grobheiten an den Kopf zu werfen. Gerade noch rechtzeitig konnte sie sich bremsen – schließlich wollte sie sich sein Wohlwollen nicht gleich zu Anfang verscherzen, denn sie brauchte seine Hilfe und deshalb überhörte sie seine Bemerkungen.
    »Der Oberste Richter hat mir die Namen der Personen verraten, die meine Freundin beschuldigen, und zu meinem großen Erstaunen ist auch der des Neffen Eurer Haushälterin darunter«, sagte sie direkt und blickte dem Pfarrer dabei scharf ins Gesicht.
    Hochwürden jedoch zuckte mit keiner Wimper. Er konnte seit jeher die Herrschaften vom Schloss nicht besonders gut leiden und verbarg dies auch nur mit großer Mühe – der Graf und die Seinen standen ihm zu sehr unter dem »laschen« Einfluss dieses Benediktinerpaters Ambrosius.
    »Ja, und?«, fragte er nach einer Weile betont desinteressiert.
    »Wieso habt Ihr den Jungen nicht davon abgehalten, Herr Pfarrer? Jeder weiß doch, wie es um den Verstand des Hannes bestellt ist – so einer darf doch niemanden beschuldigen. Er versteht nicht einmal, was er damit anrichtet. Und überhaupt: Wieso sollte Helene Hagenbusch die Schuld an seinem lahmen Arm haben? Das ist doch ein Riesenblödsinn«, ereiferte sich Adelheid.
    »Der liebe Hannes mag ja zu den einfältigeren Schäflein des HERRN gehören, Frau Gräfin, aber nichtsdestotrotz hat er das Recht, zu sagen, was wahr ist«, entgegnete Pfarrer Hasenauer stur. Und ohne die junge Frau zu Wort kommen zu lassen, fuhr er fort: »Der junge Herr Leiblein kann seinen rechten Arm nicht bewegen, seit ihm das Hagenbusch-Mensch einen Kräuterumschlag gemacht hat. Das ist nun mal die traurige Wahrheit.«
    »Wie könnt Ihr nur so etwas behaupten, Hochwürden?«, rief Adelheid empört. »Ihr wisst sehr wohl, dass der Arm des Hannes seit seinem Sturz vom Birnbaum in Eurem Pfarrgarten im letzten Jahr nicht mehr zu gebrauchen ist. Er hat einen komplizierten Bruch erlitten, und der Knochen ist nie mehr richtig zusammengewachsen. Nur gegen die Schmerzen hat ihm Fräulein Helene (sie betonte das ›Fräulein‹) seinerzeit die Kompresse angelegt. Sie hat nie behauptet, seinen Arm wieder gebrauchsfähig machen zu können.«
    Mit unechtem Pathos – wobei er sich seinen wabbeligen Bauch rieb – antwortete der geistliche Herr: »Hier scheint mir doch Aussage gegen Aussage zu stehen. Aber beruhigt Euch, edles Fräulein, ich werde für die arme Seele der Beschuldigten beten, und Ihr dürft mir glauben, dass GOTT der HERR es niemals zulassen wird, dass einer Unschuldigen Unrecht widerfährt.«
    Inzwischen waren auch die Pfarrersköchin, die dreiundvierzig Jahre alte Marthe Schnewlin, eine ebenso dreiste wie dralle Person, und ihr schwachsinniger Sohn Hannes in der Stube erschienen. Marthe fing umgehend an, scheinheilig zu betonen, wie leid ihr das Mädchen tue, aber man dürfe getrost Vertrauen in die Richter haben, die, wie man wisse, ihr verantwortungsvolles Amt nach bestem Wissen und Gewissen ausübten. Und die ganze Zeit hockte ihr angeblicher Neffe, von dem nicht wenige wissen wollten, er wäre in Wahrheit ihr und des Pfarrers in Unehre gezeugter, leiblicher Sohn, sabbernd dabei und lachte höhnisch.
    Nun, für das dumme Lachen konnte er nichts, denn er war in der Tat schwer geistig behindert, aber die Häme schien ihm eingetrichtert worden zu sein.
    Auf einmal packte Adelheid ein unbändiger Zorn gegen die beiden selbstgefälligen Erwachsenen und den heimtückischen Idioten. Außer sich vor Wut schrie sie die drei an: »Ihr, Herr Pfarrer, solltet nicht so tun, als stünde die Jungfer Hagenbusch bereits auf dem Scheiterhaufen. Die Gebete für ihre Seele könnt Ihr Euch also sparen. Ich nämlich werde nichts unversucht lassen, das arme Ding den Klauen dieser elenden Verschwörung zu entreißen; ich habe wohl bemerkt, dass üble Mächte dahinterstecken, um das Helen zu verderben. Ich weiß nur noch nicht, weshalb sie das tun. Und Ihr, Frau Marthe«, aufgebracht wandte sich Adelheid der dicklichen Frau zu, die

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