Die Hexengraefin
mittlerweile ein ziemlich dummes Gesicht machte, »Ihr solltet nicht vom Gewissen der Richter schwätzen, sondern nach Eurem eigenen fragen und wie Ihr es verantworten könnt, dass Euer schwachsinniger Sohn so einen gefährlichen Unsinn daherreden durfte. Mir ist bekannt, dass der Hannes einmal vom Helen eine saftige Ohrfeige bekommen hat, als er vor ihr seine Hosen heruntergelassen und an sich herumgespielt hat. Deshalb hat er eine Wut auf sie. Und das hat man ausgenützt, um ihn anzustiften, gegen sie auszusagen. Ihr solltet ihm dafür noch extra eine Backpfeife geben und ihm die Ohren lang ziehen.«
Enttäuscht, wütend und traurig war Adelheid von Ruhfeld an jenem Tag zum Schloss zurückgekehrt. Selbst ihre Zofe Ursula konnte sie nicht aufheitern. Auch ihr war zum Weinen zumute, denn sie hatte das Helen von Herzen gern und befürchtete das Allerschlimmste.
KAPITEL 10
FERFRIED VON RUHFELD und seine Begleiter waren noch nicht sehr weit geritten, als den Herren auffiel, dass der sonst so redselige und allen Späßen aufgeschlossene Graf immer einsilbiger wurde und nicht einmal mehr auf die anzüglichen Scherze seines Freundes, Graf Rüdiger von Hohlfeld, reagierte.
Ritter Moritz von Glarus, der am bescheidensten ausgestattete Edelmann der Gruppe, war es schließlich, der Ferfried unumwunden nach dem Grund seiner gedrückten Stimmung fragte: »Welche Laus ist Euch über die Leber gelaufen, mein Freund? Kaum seid Ihr ein paar Meilen von Eurem Zuhause entfernt, macht Ihr ein Gesicht, als hätte es Euch die Petersilie verhagelt. Was ist los mit Euch?«
Die anderen Herren pflichteten dem Ritter bei und drangen in den Grafen, ihnen doch den Anlass seines Missbehagens zu verraten. Dem Ruhfelder war’s peinlich, und er versuchte abzuwiegeln. Aber seine Reisegefährten waren nicht gewillt, ihn so billig davonkommen zu lassen.
»Raus mit der Sprache!«, befahl Ritter Moritz, »wir sind Eure Freunde und haben für alles Verständnis. Ist es womöglich so, dass Ihr eine Liebste zurücklassen musstet und bereits jetzt den Abschiedsschmerz nicht mehr ertragen könnt, haha?«
Die übrigen Reiter lachten ebenfalls, und Ferfried dünkte es am gescheitesten, seine Begleiter bei ihrer irrigen Meinung zu lassen. Ersparte ihm dies doch eine Erklärung, die er nicht geben konnte – und auch gar nicht wollte.
Mit jeder Meile, die sie zurückgelegt hatten, war es dem Grafen deutlicher zu Bewusstsein gekommen, welche Lawine er in Bewegung gesetzt hatte, und niemand schien sie mehr aufhalten zu können.
Jesus, Maria, so hatte er es doch nicht gemeint. Das hatte er nicht gewollt, als er seinem Schlossvogt die Erlaubnis erteilt hatte, dem Hagenbusch »Feuer unterm Arsch« wegen der Silbermine zu machen.
Er, Ferfried, hatte in seiner Naivität geglaubt, sein Verwalter von Waldnau würde »ein paar Leichen ausgraben, die der Schultheiß von Reschenbach garantiert in seinem Keller versteckt hatte«, und ihn so unter Druck zu setzen, damit er freiwillig in den Tausch einwilligte.
Aber er hatte nie gewollt, dass der hübschen Tochter, der Helene, ein Haar gekrümmt würde. Was hatte die junge Frau damit zu tun?
›Das Helen und eine Hex?‹, dachte der Graf. Das war ja zum Lachen. Obwohl, wenn er es sich genauer überdachte, war am Ende doch was Wahres dran. Wieso hatte die Bauerndirne es geschafft, seinem Filius den Kopf zu verdrehen? Wie der Hasso sich aufgeführt hatte, als er von der Verhaftung der Helene Hagenbusch gehört hatte, war schon sehr bezeichnend gewesen: So benahm sich nur ein Liebhaber und nicht der unbeteiligte Bruder einer Freundin.
Wenn sich da nicht nur neues Ungemach zusammenbraute – er hatte schließlich andere Pläne mit seinem Sohn und Erben. Womöglich hatte das Mädchen doch seine zauberischen Künste spielen lassen?
Vollkommener Unsinn, den ich mir da zusammenspinne, schalt er sich gleich darauf. Seit wann hat der Teufel damit zu tun, wenn sich ein junger, gesunder Mann in ein schönes Weib verliebt? Bedarf es da irgendwelcher außerirdischen Mächte?
Höchstens der »Hosenteufel« hat damit etwas zu tun, grinste er dann im Stillen, aber den haben wir Männer schließlich alle zwischen unseren Beinen. Dabei musste er unwillkürlich an Salome und die vergangene Nacht denken …
Dieses Vollblutweib schaffte es doch jedes Mal, ihn, der gewiss kein Jüngling mehr war, so geil zu machen, dass er in einer Nacht regelmäßig mehrere Male die willige Salome bestieg. An Schlaf war da nicht viel zu denken, wenn
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