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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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in ihrem Kerker aufzusuchen. Wir nehmen noch ein paar Sachen für sie mit. Schließ dich uns an, dann kannst du dir selbst ein Bild von Helenes Zustand machen.«
    Das ließ sich ihr Bruder nicht zweimal sagen, und die sechsköpfige Gruppe brach sofort auf.
    Auf dem Weg zum Hänsele-Turm im Ortenberger Schloss wurde nicht viel gesprochen. Jeder der jungen Menschen hing seinen eigenen Gedanken nach.
    Was würden sie vorfinden? War die Tochter des Schultheißen körperlich noch unversehrt, oder hatten die Schergen schon ihre gierigen Hände nach ihr ausgestreckt, um ihren Willen zu brechen? Was für dreiste Übergriffe gegenüber der Wehrlosen leistete sich das Wachpersonal? Hatte sie etwa schon »gestanden« oder leugnete sie standhaft, irgendetwas mit diesen absurden Anklagepunkten zu tun zu haben? Was war mit den Zeugen?
    Das waren viele Fragen, die sich Adelheid von Ruhfeld und Georg Hagenbusch stellten.
    Aber auch Ursula wälzte verschiedene Ideen in ihrem Kopf herum. Ihr Vater war nur ein unbedeutender Ritter, aber er hatte mehrere Söhne, die alle bereits ein Schwert und eine Lanze zu führen wussten. Wie wäre es, wenn …
    Mit ihren Überlegungen war die junge Frau gar nicht so weit von den Gedanken Georgs entfernt, der sich ebenfalls mit der Frage beschäftigte, wie er die Befreiung seiner Schwester mit Gewalt bewerkstelligen könne …
    Nur die drei Knechte hatten ihren Sinn auf anderes gerichtet. Fürs Denken waren sie nicht da. Das war Sache der Herrschaft. Doch jeder der Burschen empfand großes Mitleid mit Helene, die sie als eine anständige und gottesfürchtige Jungfrau kannten.
    »Also im Hänsele-Turm ist sie«, meinte nach einer Weile der junge Hagenbusch niedergeschmettert. »Das lässt nichts Gutes hoffen. Dahin bringen sie doch alle, die nie mehr das Licht der Sonne sehen werden.«
    »Du darfst dir jetzt nicht mit solchen Überlegungen den Kopf und das Herz schwer machen, Georg«, rügte Adelheid ihn sanft. »Von uns wird ein kühler Kopf und vermutlich ein tapferes Herz verlangt, wenn wir dem Helen von Nutzen sein wollen.«
    »Verzeiht, edles Fräulein.« Beschämt zog der junge Mann, vom gleichen blonden und blauäugigen Typus wie seine Schwester, den Kopf ein, »Ihr habt natürlich recht.«
    Schweigend setzten sie ihren Ritt fort.
     
     
    Als die Gräfin von Ruhfeld dieses Mal ans Tor des Turms klopfen ließ, dauerte es nur einen Augenblick, bis sich ein Wächter blicken ließ. Er wirkte nicht ganz so verkommen, wie derjenige vom letzten Mal; der Mann grüßte respektvoll und kündigte an, umgehend das schwere Tor öffnen zu wollen.
    Der verantwortliche Aufseher und seine Frau erwarteten sie dann im Hof und verbeugten sich tief. »Fräulein von Ruhfeld, wir wurden von Eurem Kommen benachrichtigt. Wenn Ihr uns gütigst folgen wollt.«
    Der Aufseher huschte flink voran, während seine Frau hinter Adelheid, Georg und Ursula, die den Korb schleppte, herschlurfte. Die Knechte blieben im Hof zurück, die Hände am Knauf ihrer Schwerter und mit grimmigen Blicken.
    Die Gänge im Inneren des finsteren Baus schienen kein Ende nehmen zu wollen, und der modrige Geruch, welcher den dicken Mauern entströmte, stieg den dreien unangenehm in die Nase.
    Adelheid hatte den Eindruck, der Mann würde sie absichtlich in die Irre führen, um sie zu verwirren und es ihnen später unmöglich zu machen, eventuell alleine den Weg zu der Gefangenen zu finden.
    Endlich blieb der Wärter, ein schmuddeliger Bursche, der ein bisschen schielte, vor einer niedrigen, hölzernen Tür stehen und nestelte an seinem mächtigen Schlüsselbund herum.
    »Was die Jungfer zu essen kriegt, ist alles von mir selber gekocht«, fing die Frau des Gefangenenwärters unvermittelt ein Gespräch an, »und alle sagen, dass ich eine gute Köchin bin«, fügte sie naiv hinzu.
    Niemand reagierte darauf. Alle warteten ungeduldig, dass endlich diese schreckliche Tür geöffnet würde. Was erwartete sie dahinter?
    Die ungeölten Angeln quietschten laut, und Adelheid schrak zusammen, während Ursula gequält das Gesicht verzog. Die beiden ließen dem Bruder den Vortritt ins Innere des finsteren Gelasses. Georg musste die Augen zusammenkneifen, um überhaupt etwas sehen zu können.
    »Bring Licht, Weib!«, befahl der Aufseher, und seine Frau kehrte um. Was den drei Besuchern sofort auffiel, war der entsetzliche Gestank in diesem Raum.
    »Oh, Gott! Es stinkt hier ja ganz grauenhaft. Kann man denn hier nicht einmal ordentlich lüften? Das hält ja kein

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