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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Ernte nicht verderben.
    Georg wusste nicht mehr, wo ihm der Kopf stand vor Sorge um seine Schwester und um seinen Vater. Er war dem Kleinen sehr dankbar.
    ›Der Bub sorgt sich um den Hof, als wär’s sein eigener‹, musste er gelegentlich denken. ›Na, wer weiß, womöglich ist er ja mein Halbbruder.‹ Diesen Gedanken hatte er nicht zum ersten Mal. Da war einmal die Ähnlichkeit mit »Jakob dem Älteren«, die zunahm, je größer der Knabe wurde, sowie gewisse Charaktereigenschaften, die das Jaköble zeigte, welche eine enge Verwandtschaft mit seinem Herrn wahrscheinlich machten.
    Wenn meine Schwester nicht mehr zurückkommt, sann er vor sich hin, dann mag ich auch nicht mehr hierbleiben. Dann hält mich nix mehr in der Ortenau, und in Baden auch nicht. Ganz Deutschland mit seinem Scheißkrieg und diesen ewigen Verfolgungen der sogenannten Ketzer und Hexen kann mir dann gestohlen bleiben. Ich werde auswandern, jawohl! Nach Amerika. So wie es schon viele getan haben, die es hier nicht mehr haben aushalten können vor lauter Spitzeln und Denunzianten. Sogar auf der Latrine hat die Obrigkeit ihre Augen. Die passen auf, dass auch jeder katholisch scheißt. Dann kann von mir aus das Jaköble den Hof haben.
    Entsetzlich wütend und verbittert war der Georg gewesen. Bis ihm einfiel, dass ihm womöglich auf dem Schloss jemand helfen könnte.
    Und nun war er hier im Hänsele-Turm und hätte vor Verzweiflung heulen können, als er seine Schwester in diesem Zustand sehen musste.

KAPITEL 17
    »DER GERICHTSSAAL IST ZIEMLICH GROSS – etwa so wie der Festsaal im Schloss«, begann Helene zu erzählen. »Hinter einem langen Tisch mit brennenden Kerzen saßen ein Dutzend in Schwarz gekleidete Herren, die Richter, und in ihrer Mitte als Dreizehnter thronte der Herr Bertold Munzinger auf einem hohen Stuhl. Er ist der Stabträger, der mich schon hier im Turm besucht hat. Er heißt so, weil er den Gerichtsstab in Verwahrung hat, den er nach der Urteilsverkündung, wenn der Angeklagte schuldig gesprochen wird, auseinanderbricht. Ich habe meine Kleider anbehalten dürfen: Damit ich nicht gar so zerlumpt ausgeschaut habe, hat mir die Frau des Aufsehers, sie heißt Theresia, noch geschwind mit einer großen Nadel und einem dicken Faden den Ausschnitt meiner Bluse zusammengeflickt. Vor dem Richtertisch war ein kleines Bänkchen aufgestellt. Darauf sollte ich mich setzen«, fuhr Helene fort. »Der Munzinger war liebenswürdig, hat mich nicht geduzt, sondern mich ganz freundlich gefragt, wie ich heiße, wie alt ich bin, woher ich komme und wer meine Eltern und Geschwister sind. Das war einerseits recht merkwürdig, denn er weiß das ja schon alles. Dann hat er wissen wollen, ob ich wüsste, warum man mich gefangen hält. Da habe ich beinahe lachen müssen.
    ›Aber Herr Munzinger‹, habe ich gesagt, ›Ihr selbst wart doch gleich in der ersten Nacht bei mir und habt davon gesprochen. ‹
    Aber er hat getan, als verstehe er mich nicht und hat seine Frage wiederholt. Darauf habe ich geantwortet, dass ich wisse, dass fünf Menschen, die ich persönlich kenne, behaupten, mich bei verschiedenen Übeltaten gesehen zu haben.
    ›Aber das sind lauter Lügen und außerdem ein großer Blödsinn, den die da über mich erzählen, Herr Munzinger‹, habe ich hinzugefügt.
    Darauf wurde einer der anderen Herren sehr böse auf mich und hat mich angeschrien: ›Elendes Hexenweib, was unterstehst du dich? Den sehr ehrenwerten Obersten Richter hast du gefälligst mit ›Euer Ehren‹ anzusprechen und außerdem steht es einer wie dir gewiss nicht zu, darüber zu befinden, was Lüge und was Blödsinn ist!‹«
    Adelheid rang die Hände, Ursula wurde leichenblass, und Georg knirschte mit den Zähnen, als er seiner Schwester zuhörte.
    »›Fangen wir mit dem ersten Fall an‹, hat der Richter dann gemeint und lang und breit vorgelesen, was die alte Sofie Bleile und die Agnes Mürfelder angegeben hatten. ›Sie haben euch beide gesehen, wie ihr beim letzten Vollmond auf dem Kandel auf dem Hexentanzplatz wart. Zusammen mit vielen anderen, deren Namen wir ebenfalls noch erfahren werden, habt ihr dort mit dem Teufel getanzt.‹
    Ich war fast ein wenig ärgerlich.
    ›Und wie, bitte schön, Euer Ehren, hätt ich auf den Berg gelangen sollen? Der Kandel liegt bekanntlich nicht gerade vor meiner Haustür.‹
    ›Was fällt dir ein, du freches Satansluder?‹, schrie mich daraufhin einer der Richter an, und als ich ihn erstaunt ansah, machte er mit den Fingern das

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