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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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noch einmal drehte der Henker an den Schrauben, und jetzt sahen sie das Blut hervorspritzen.
    Doch die Delinquentin gab nicht nach. Ewald Winterling fragte sie mehrmals, ob sie endlich gestehen wolle, eine Hexe zu sein, aber er blieb erfolglos.
    Also ließ man ihre zerquetschten Daumen im Daumstock.
    »Mal sehen, wie lange du es aushältst«, lachte der Scheible. »Dein Herr, der Teufel, scheint dir ja wacker beizustehen.«
    Als sie auch nach mehreren Minuten keinen Ton von sich gab, drehte der Henker, gegen dessen »Ehre« sich das Hexenmensch verging, wieder an beiden Schrauben, diesmal mit Erfolg.
    Mit einem lauten und entsetzlichen Schrei fiel Helene Hagenbusch in Ohnmacht.
    Der Pater drehte die Sanduhr, die bei einer Tortur stets in Gebrauch sein musste, wieder um und schrieb die Dauer der peinlichen Befragung auf. »Sieben Minuten hat sie es durchgestanden, ohne einen Ton von sich zu geben, dann hat der Teufel sie im Stich gelassen.«
    Der Scheible löste auf ein Zeichen Richter Winterlings die Daumenschrauben, und es zeigte sich, dass die ersten Daumenglieder zerquetscht waren. Die Nägel begannen sich bereits zu lösen. Einer der Knechte riss sie vollends mit einer Zange aus dem Fleisch heraus, was der Gefolterten, die man mittlerweile mit einem über den Kopf gegossenen Eimer mit eiskaltem Wasser zur Besinnung gebracht hatte, einen weiteren tierischen Schrei entlockte.
    »Na, also«, meinte einer der im Hintergrund sitzenden und gemütlich einen Becher Wein schlürfenden Zeugen, »es scheint, dass der Scheible diesmal schneller zum Ziel kommt als erwartet.«
    Alle mit dem Prozess Befassten waren davon ausgegangen, dass sich das Hagenbusch-Mensch als besonders zäher und hartnäckiger Brocken erweisen würde. Das hatten sie ihrem ziemlich beherzten, wie sie es nannten, frechen Auftreten entnommen.
    »Grad die mit dem größten Maul erweisen sich oft als die Wehleidigsten«, sagte ein anderer, »denn immer wieder hilft ihnen ihr Herr, der Satan. Das zeigt sich schon daran, dass Hexen niemals während der peinlichen Befragung weinen. Der Teufel erlaubt ihnen nämlich nicht, Tränen zu vergießen.«
    »Willst du jetzt gestehen, wessen dich der Ehrenwerte Oberste Richter anklagt?«, fragte der Henker grinsend.
    »Alles, was Ihr wollt, gestehe ich. Bloß, hört auf, mir wehzutun«, rief das arme Geschöpf und versank erneut in tiefer Bewußtlosigkeit.
    »Himmelherrgott, was hat das Hurenmensch bloß? Dauernd fällt es in Ohnmacht.«
    Unwillig brummend kippte ihr der Henker einen zweiten Kübel Wasser über den Kopf. Röchelnd und spuckend kam Helene wieder zu sich.
    Aus dem Hintergrund des Folterkellers war mittlerweile Bertold Munzinger herangetreten. »Für das erste Mal reicht es«, meinte er. »Womöglich hat sie ein schwaches Herz. Wir wollen doch nichts riskieren, nicht wahr?«
    »Dass sie uns gleich zu Anfang krepiert, das wär schlecht«, gab der Scheible lachend zu, »das verdürb uns ja den ganzen Spaß.«
    Helene Hagenbusch wurde von den Knechten des Hänsele-Turms wieder in ihre finstere Kerkerzelle zurückgebracht, wo sie gleich völlig erschöpft und vor Schmerzen wimmernd, zusammengekrümmt wie ein kleines Kind im Mutterleib, auf ihrem Strohhaufen zusammensank.
    Als nach einigen Stunden Theresia, die Frau des obersten Aufsehers, nach ihr schaute, lag sie noch genauso da. Die Frau holte erschrocken ihren Mann, weil sie zuerst glaubte, das Mädchen sei tot, da es weder auf Zurufe noch auf Rütteln reagiert hatte. Dem gelang es endlich, Helene ins Bewusstsein zurückzuholen.
    »Hättet Ihr mich doch nur schlafen lassen«, jammerte sie, »jetzt spüre ich bloß die fürchterlichen Verletzungen. Schaut Euch die Daumen an, ich glaube, meine Hände sind für immer unbrauchbar.«
    »So darfst du nicht denken«, tadelte Theresia sie und umwickelte ihr die böse malträtierten Finger mit einer reinen Leinenbinde. »Das kann wieder heilen, und die Nägel wachsen nach.«
    »Und wozu?«, fragte das Helen. »Damit ich mit zwei heilen Händen auf den Scheiterhaufen komm?«
    Darauf wusste Theresia keine Antwort.
    Nach einer weiteren Stunde brachte ihr der Gefangenenwärter einen Napf mit ziemlich gut riechender Suppe.
    »Ich helfe dir beim Essen«, bot der Mann ihr an, weil sie ihre Hände nicht benutzen konnte. Aber Helene wehrte ab. Sie hatte keinen Appetit. Bloß nach Wasser verlangte sie, und er hielt ihr den Krug an die spröden Lippen. Dann schlurfte der Aufseher mit dem Suppennapf wieder davon.
     
     
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