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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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den zwei angeblich verhexten Milchkühen womöglich auch bloß eine Erfindung dieser hirnlosen Kreatur?«
    Bertold Munzinger schien kurz vor einem Schlaganfall zu sein. Wieder steckte er seine lange Nase in die Akte der Helene Hagenbusch. »Hier«, beinahe triumphierend deutete der Oberste Richter auf die Aussage Trudis, die mit eigenen Augen gesehen haben wolle, wie die Helene im Stall des Bentele einen Zauberspruch über dessen zwei beste Milchkühe gesprochen habe. Seit dieser Zeit wären die Viecher trocken, will heißen, sie gäben keinen einzigen Tropfen Milch mehr. Und alles sei erlogen?
    Der Munzinger sprang von seinem Sitz auf, ging auf den Bentele los und begann, ihn ordentlich zu schütteln. »Fünf Gulden verlange ich von dir als Sühne dafür, dass du dieses saudumme Weib hier angestiftet hast, Lügen zu verbreiten, und deine Magd – ich halte sie aber eher für deine Buhlerin – wandert für zwei Wochen in den Turm. Da kann sie sich bei Wasser und Brot darüber klar werden, ob sie es noch einmal riskieren will, das Gericht zum Narren zu halten.«
    Und er klingelte nach einem Diener, um die Gertrude Bammert sogleich abzuführen und in Gewahrsam zu nehmen. »Und jeden Abend vor dem Schlafengehen soll ihr ein Knecht des Henkers Scheible fünf Rutenstreiche verpassen.«
    Das Trudi begann daraufhin fürchterlich zu flennen, und ihr Herr, der Klaus, beschwor den Obersten Richter beinahe kniefällig, seiner Magd diese Strafe doch um Himmels willen zu erlassen. Man wisse schließlich, wie die Schergen des Scheible zuhauten, nicht wahr …
    »Nix da, die Prügel bleiben – oder willst du sie für deine Magd auf dich nehmen?«, fragte der Munzinger hinterhältig.
    Da hielt der Bentele schnell den Mund. Sich mit dem Trudi auf dem Strohsack zu wälzen, das war eine Sache, aber die Abreibung in Empfang zu nehmen für die Magd, eine andere …
     
     
    Jetzt fehlt nur noch, dass dieser wandernde Schneider, der bei den Leuten die über das Jahr angefallenen Flicksachen erledigt, auch noch umkippt, dachte der Oberste Richter missgelaunt.
    Nun, in diesem Fall lief es anders – doch das Ergebnis war dasselbe.
    Der Landvogt Maximilian Veigt ließ ihm in einem amtlichen Schreiben ausrichten, dass eine Weibsperson in mittleren Jahren, mit Namen Anna Kramer, bei ihm zusammen mit ihrem Ehemann Albrecht und ihrer kleinen Tochter Mariele, dem jüngsten ihrer sechs Kinder, vorstellig geworden sei.
    Auf die erstaunte Frage des Vogts nach ihrem Begehr, hätten die Eltern ausgesagt, dass man sie von der Aussage des Störschneiders Bertl Heimgasser unterrichtet habe, die Tochter ihres Nachbarn Hagenbusch habe ihr Kind böswillig mit einem Zauber belegt, und seitdem sei das kleine Mädchen krank.
    »Das ist ganz einfach nicht wahr«, sagte der Vater, und die Mutter ließ ihre Zweijährige, ein gesundes, munteres Menschenkind, auf den Vogt zulaufen, artig einen Knicks vor ihm machen und brav einen Gruß und ein Verslein herunterleiern, das sie ihm extra ihm zu Ehren beigebracht hatten.
    »Findet Ihr, gnädiger Herr, dass unsere Tochter krank und schwach aussieht?«, fragte der Vater, und der Landvogt konnte nur bestätigen, selten ein so hübsches, robustes Kind von zwei Jahren gesehen zu haben.
    Das Schreiben des Landvogts war voller hämischer Genugtuung, und der Munzinger war nahe daran, einen Tobsuchtsanfall zu kriegen. Am liebsten hätte er den ganzen leidigen Prozess gegen die Hexe Hagenbusch eingestellt. Wie sollte er unter diesen Umständen noch den Willen und die Kraft aufbringen, ein ordnungsgemäßes Verfahren abzuwickeln, wenn seine Zeugen reihenweise einknickten?
    Gerade noch rechtzeitig fielen ihm die beiden restlichen Weiber ein, die Bleile und die Mürfelder, geständige und überführte Hexen, die es wohl kaum wagen würden, ihre Aussagen zu revidieren – und wenn, dann würde der Scheible sie schnell wieder zur Räson bringen …

KAPITEL 25
    UND WIEDER STAND HELENE vor dem Hexentribunal und sollte Angaben über ihre angeblichen Verfehlungen machen. Der Oberste Richter würde sich nur noch auf die Aussagen der beiden, in Kürze hinzurichtenden Unholdinnen, stützen können.
    Die beiden hatten nur über Untaten des Mädchens berichtet, die ihrer Natur nach zwar äußerst verwerfliche, gegen Kirche und Religion sowie Sitte und Moral gerichtete Verbrechen waren, doch damit war es nicht getan.
    Zu einer Hexe gehörten auch und besonders: schädliche Taten, welche sich gegen Menschen, das Vieh oder die Natur

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