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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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der Folter verreckt wäre. Er hatte seinen Spaß mit ihr gehabt – sei es zu Anfang nachts im Turm, sei es tagsüber während der Torturen.
    Seit allerdings ein gewisser anderer Besucher begonnen hatte, jede Nacht im Hänsele-Turm zu erscheinen, hatte der Scheible zähneknirschend auf sein Vorrecht verzichtet …
    »Was gibt es da zu grinsen?«, fuhr Bertold Munzinger auf. »Findet Ihr so lustig, was ich Euch zu sagen habe?«
    »Aber nein, Euer Ehren, durchaus nicht. Ich musste nur daran denken, wie schön das junge Weib zu Anfang gewesen ist, und wie elend es jetzt ausschaut. Da hat gewiss auch der Teufel keine rechte Freude mehr an ihm.«
    »Es ist nicht Aufgabe des Ehrenwerten Gerichtes, sich um die Freuden des Satans zu bekümmern«, brummte der Oberste Richter ungnädig, »sondern wir sind gehalten, das sündige, vom rechten Glauben abgefallene Höllenweib zum Geständnis seiner Verfehlungen zu bringen. Das ganze Verfahren zieht sich viel zu sehr in die Länge. Unruhe macht sich bereits unter der Bevölkerung breit. Heute Morgen kursierten erneut anonyme Zettel – einer lag sogar vor der Tür zum Gerichtssaal -, worin der unbekannte Verfasser dem Gericht schwere Vorwürfe macht und die sofortige Freilassung der Hagenbusch verlangt. So eine bodenlose Frechheit ist mir überhaupt noch nicht untergekommen. Kein Respekt vor dem Ehrenwerten Gericht, das immerhin im Namen Seiner Hochwürdigen Eminenz, des Bischofs von Straßburg, seine Pflicht erfüllt. Das ist alles nur den verfluchten Protestanten zu verdanken. Sie haben den Samen der Unbotmäßigkeit gegen die Obrigkeit gesät, und wir haben jetzt die Schwierigkeit, uns gegen die Meinung des Pöbels wappnen zu müssen.«
    »Mit Verlaub, Herr, es ist noch viel schlimmer: Die Gräfin Adelheid gehört nicht zum Pöbel, und trotzdem macht das freche Weibsbild Ärger, wo es nur geht. Die hätte ich gerne auch einmal in meiner Folterkammer. Ich würde ihr die Flausen schon austreiben.«
    »Ja, man bedenke, sie hat sich doch tatsächlich erfrecht, das Reichskammergericht in Wetzlar gegen uns anzurufen. Zum Glück kenne ich dort einige Herren, die die Causa gehörig verzögern werden, bis man zu einer Entscheidung gelangt. Inzwischen, so hoffe ich zumindest, ist der Scheiterhaufen bereits niedergebrannt – mit der Tochter des Schultheißen obendrauf.«
    »Das bringt mich auf eine ganz andere, höchst profane Sache, Euer Ehren«, sagte der Scheible, gemein grinsend. »Wir sollten den Bauernlümmel Jakob Hagenbusch rechtzeitig darauf hinweisen, dass er für die dreißig Klafter Eichenholz zu sorgen hat, worauf seine Teufelsbrut geröstet wird. Je eher wir den Scheiterhaufen errichten, desto schneller werden die Leute begreifen, dass es mit dem Prozess zu Ende geht. Das blöde Volk freut sich doch über jedes Spektakel, und Ihr werdet sehen, Herr, dass der Unmut und die Proteste aufhören, wenn das Endgültige unausweichlich feststeht.«
    »Da könntet Ihr recht haben, Nachrichter«, gab der Munzinger zu.

KAPITEL 32
    »HÖRT MIR BLOSS AUF, WALDNAU!« Der Graf von Ruhfeld war erbost.
    Anselm von Waldnau hatte das leidige Thema »Silberbergwerk« zur Sprache bringen wollen, aber dem alten Edelmann reichte es.
    »Bis jetzt hat uns Eure glorreiche Idee bloß jede Menge Ärger und Verdruss eingebracht. Wie stehe ich denn da, wenn meine Tochter oder mein Sohn etwas davon erfahren? Außerdem: So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Das junge Weib kann ja wirklich nichts dafür, dass sein Vater so stur ist und partout das Stück Land nicht hat tauschen wollen. Womöglich hat er es spitzgekriegt, dass durch einen simplen Zufall ein Sauhirt auf eine Silberader gestoßen ist.
    Vielleicht hat auch der Junge, der dabei war, sein Maul nicht halten können. Aber sei es, wie es sei: Der Schaden ist nun einmal angerichtet. Das unschuldige Ding wird im Hänsele-Turm gefangen gehalten und steht als Hexe vor Gericht.
    Ausgerechnet die Helene Hagenbusch, dieses liebe und brave Kind, das quasi mit meiner Adelheid zusammen aufgewachsen ist. Wird das Bauernmädel als Unholdin verbrannt, fällt automatisch ein gewaltiger Schatten auch auf meine Tochter. Und der bloße Geruch der Hexerei wäre für meine Familie verheerend.
    Wie stünde ich vor dem Kurfürsten Maximilian von Bayern da? Und wie vor Seiner Majestät, dem Kaiser? Vom Heiligen Vater will ich gar nicht reden. Und wofür das Ganze? Für nichts. Ihr habt die Stirn und verkündet mir jetzt ganz trocken, dass diese elende Mine überhaupt

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