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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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lasst sie die Nacht über liegen. Morgen wird das Gericht erneut versuchen, ihren Starrsinn zu brechen«, ordnete Munzinger mit heiserer Stimme an.
    Man konnte ihm heute deutlich eine gewisse Erschütterung über den Ausbruch des Mädchens ansehen.

KAPITEL 30
    MIT EINEM RUCK RISS DER BAUER die Tür zur Stube auf.
    »Heilige Maria, Mutter GOTTES, bitt für uns arme Sünder …«, hörte Jakob Hagenbusch erbost sein auf dem Boden kniendes Eheweib Walburga murmeln.
    Mit der Bäuerin kauerten eine Anzahl Mägde und ein paar der älteren Knechte vor dem Kruzifix im Herrgottswinkel und leierten seit etwa einer Stunde den »Rosenkranz« herunter.
    »Willst denn nicht endlich einmal mit dem faden Getue aufhören, Weib?«, sagte der ehemalige Schultheiß. »Hast nichts Besseres zu tun, als jeden Tag stundenlang diese ewig langen Litaneien runterzubeten? Du hältst damit bloß die Leut von der Arbeit ab – Schluss jetzt!«, gebot der Hausherr grimmig. »Ab in den Stall. Und der Karren draußen ist auch noch nicht abgeladen.«
    Sofort verdrückte sich das Gesinde zu seinem jeweiligen Arbeitsplatz, nur Walburga kniete noch wie verloren im Raum.
    Jakob reichte seiner Frau die Hand, um ihr aufzuhelfen, aber sie reagierte nicht. »Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnaden«, murmelte sie weiter. Da wurde der Hagenbusch heftig. »Frau, es reicht mir! Fromm sein ist gut und recht, vor allem für ein Weibsbild, aber nicht so, wie du das machst. Das Hauswesen verschlampt. Kochen tust du überhaupt nicht mehr, und der Fußboden schaut aus, als wären wir ein liederliches Volk. Das hilft unserem Kind auch nicht, wenn du die Mägde so lasch behandelst. Da werden sie bloß faul, weil Beten allemal leichter ist als Schaffen.«
    »Das verstehst du nicht, Jakob«, behauptete Walburga, erhob sich mühsam und strich sich die graublonden Haare aus dem Gesicht. »Ich muss doch den HERRN JESUS und die liebe Gottesmutter anrufen, wenn uns sonst keiner in unserem Elend hilft. Nicht einmal der Pfarrer tritt für unser Helen ein. Obwohl der geistliche Herr doch am besten wissen müsst, was für ein braves und fleißiges Ding sie ist.«
    »Pah, den Pfaffen interessiert doch bloß, wenn ein Bauer Schlachttag hat, dass möglichst viel für ihn abfällt an Speck und Wurst. Alles andere geht ihm an seinem feisten Arsch vorbei. Das Einzige, wofür der sich erwärmt, ist die Fut seiner Wirtschafterin, das lass dir gesagt sein, Frau.«
    »Jesus, Maria!« Walburga bekreuzigte sich erschrocken. »Was redest du da für ein sündhaftes Zeug, Jakob?«
    »Wo ist da die Sünd, wenn ich die Wahrheit sag?«, fragte der Bauer trotzig. Dann zog er sein Weib ganz dicht an sich heran und flüsterte: »Horch zu, Frau. Versprich mir, dass du zu keinem Menschen etwas sagst. Der Georg weiß, dass der junge Graf Hasso und seine Schwester Adelheid etwas unternehmen, um unser Helen aus dem Hänsele-Turm zu holen. Heute Nacht soll die Sache gemacht werden, weil es pressiert. Die bringen unser Kind sonst um. Das dauernde Martern haltet keines lang aus, und wenn’s erst einmal auf dem Holzstoß steht, wär es eh zu spät.«
    »Um Gottes willen, Mann. Wie wollen die das machen? Das geht doch gar nicht. Der Turm hat so dicke Mauern und …«
    »Sei beruhigt; die machen das mit Hirn, weniger mit Gewalt, Walburga.«
    Und der Jakob erzählte seinem Eheweib, was die Leute vom Schloss anzustellen gedachten.
     
     
    »Ich könnte die ganze Welt umarmen und besonders dich, Schwester.«
    Und genau das tat der junge Graf: Er griff sich Adelheid und tanzte mit ihr durch die große Halle auf Schloss Ruhfeld.
    »Lass mich los. Was hast du denn?«, fragte sie kichernd. So gut gelaunt hatte sie ihren Bruder seit der bösen Geschichte mit Helene nicht mehr erlebt.
    »Jetzt ist die Rettung meiner liebsten Helene kein Problem mehr. Der Himmel hat ein Einsehen und uns die beste Gelegenheit verschafft, die wir uns nur denken können.«
    »So? Und worin besteht diese Gelegenheit, lieber Bruder?«, erkundigte sich skeptisch die schöne Edeldame und ordnete ihre etwas durcheinandergeratene, schwarze Haarpracht. Da berichtete ihr Hasso von der geplanten Hochzeitsfeier auf Schloss Ortenberg.
    »Da kommen Hunderte zusammen – auch unsere Familie ist eingeladen. Der Schlosserbe heiratet eine württembergische Gräfin. Die ist zwar bereits Witwe und um einiges älter als ihr Bräutigam, aber sie ist noch ganz ansehnlich – sagen die Leute. Außerdem bringt sie einen anständigen Batzen Geld

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