Die Hexengraefin
Kurtisane oder wenigstens mit einer hübschen – und vor allem willigen – Magd beenden.
»Dieser Maximilian ist wahrlich ein komischer Heiliger«, lästerte Bruno von Steinberg. »Ich kenne keinen Mann, der so viel auf den Knien rumrutscht wie der Bayer. Er hätte vielleicht besser Pfaffe werden sollen.«
»Da wäre er schon längst Papst«, warf Ritter Moritz von Glarus trocken ein. »Die Skrupellosigkeit, seine Wahl zum Pontifex Maximus auch mit Gewalt durchzusetzen, besäße er mit Sicherheit.«
»Darf ich Euren Worten entnehmen, dass Ihr dem Kurfürsten von Bayern nicht gerade gewogen seid, werter Freund?«, fragte Ferfried von Ruhfeld.
»Das dürft Ihr, mein Lieber, das dürft Ihr«, gab ihm der Ritter unumwunden zur Antwort. »Ich frage mich überhaupt, was das Treffen in Regensburg eigentlich sollte. Dass der Kaiser den Wallenstein wieder zurückpfeift, war von vorneherein klar. Was soll er denn ohne ihn machen? Der alte Tilly macht es wohl nicht mehr lange. Das beispiellose Abschlachten der Magdeburger durch seine zügellosen Horden war ein erstes Signal, dass er seine Leute nicht mehr im Griff hat. Unseren Rat hat Kaiser Ferdinand jedenfalls nicht gebraucht. Also, was sollte dann das Ganze?«
Herr Rüdiger von Hohlfeld ergriff jetzt das Wort: »Ich denke, die Idee stammte von Maximilian, und Ferdinand hat ihr zugestimmt. Sie wollten meiner Meinung nach bloß schauen, wer alles auf den Wink des Bayern, welcher gut Freund mit dem Kaiser und durch seine zweite Heirat auch sein Verwandter ist, antanzt.«
»Mag sein, dass das ebenfalls eine Rolle gespielt hat«, gab ihm der Ruhfelder recht, »aber das allein wäre als Grund für den ganzen Aufwand doch zu mager. Ich glaube eher, die hohen Herren und der allerhöchste in Wien wollten eine Demonstration ihrer Macht veranstalten, die sowohl dem Wallenstein deutlich machen sollte, dass er sich bei eventuellen Spielchen mit dem Kaiser vorsehen soll, als auch dem Schweden Gustav Adolf und seinen Anhängern ein Zeichen setzen, dass er sich im Süden des Reichs möglicherweise schwerer tut, als er gerne glauben möchte.«
»Euer Wort in GOTTES Ohr, Herr Ferfried. Aber es ist leider nicht zu übersehen, dass der Protestantismus nicht mehr aufzuhalten ist. Wie eine Krebsgeschwulst frisst er sich durchs Land«, ergänzte Moritz von Glarus, »und wie man dieser Entwicklung gegensteuern kann, weiß der Himmel.«
Unter derartigen Gesprächen verging die Zeit. Die Herren waren abgelenkt, und besonders der Ruhfelder vergaß für eine Weile sein schmerzendes Gesäß und das ekelhafte Ziehen im Rücken. Und die Probleme, die zu Hause auf ihn warteten …
Der Oberste Richter war nun ernsthaft über die ständigen Ohnmachten der jungen Hexe besorgt und ließ seinen Unmut am Henker aus.
»Himmelherrgott, Scheible, könnt Ihr denn nicht besser aufpassen? Soll uns das Hexenmensch noch vor der Verbrennung draufgehen? Dass sie mit Sicherheit den Scheiterhaufen zu erwarten hat, bedeutet doch nicht, dass Ihr sie während der peinlichen Befragung umbringen dürft. Die Sache macht sowieso schon genug Wind. Viel zu viel für meinen Geschmack.«
»Tut mir leid, Herr«, entgegnete Martin Scheible devot, aber es klang nicht allzu zerknirscht. Irgendwie war dem Henker das ganze Verfahren allmählich zuwider, denn es verlief keineswegs so, wie er es von früher her gewohnt war.
Da hatte er es mit ungebildeten, abergläubischen Dorftrampeln zu tun gehabt, die am Ende selber glaubten, mit dem Teufel einen Pakt geschlossen zu haben. Die waren zu guter Letzt noch froh, wenn sie auf den Scheiterhaufen »durften«, damit die Geschichte ein Ende hatte. Die meisten waren erstaunlich zäh gewesen und hatten die Folter ziemlich lange ausgehalten. Das hatte ihm Spaß gemacht: So konnte er sich hin und wieder etwas Spezielles einfallen lassen …
Doch diese Hagenbusch-Hexe wurde alle Augenblicke bewusstlos, und er musste Angst haben, dass sie ihm unter den Händen wegstarb. Außerdem besaß das Luder »Protektion«. Er, Martin Scheible, blickte ja nicht so ganz durch bei der ganzen Geschichte, aber: Der alte Graf von Ruhfeld hatte angeblich – so erzählte man sich hinter vorgehaltener Hand – die Sache indirekt ins Rollen gebracht. Und jetzt machten zuerst seine Tochter und dann der Sohn einen derartigen Wirbel, dass man meinen konnte, eine Heilige stünde vor den Schranken des Gerichtes.
Wenn er ehrlich war, wäre es ihm gar nicht mal so unrecht gewesen, wenn das Hexenweib unter
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