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Die Hexengraefin

Titel: Die Hexengraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Also, sprecht!«
    »Nun, dieser Kerl ist eigentlich ein Fassbinder seines Zeichens, aber er betätigt sich auch als Rutengänger und Besprecher von allerlei Krankheiten bei Vieh und Mensch«, begann der Vogt, doch sein Herr unterbrach ihn.
    »Ich habe genügend Bier- und Weinfässer, einen zusätzlichen Brunnen benötigen wir meines Wissens nicht, und krank ist auch niemand aus unserer Familie. Wieso sollte dieser Mensch uns von Nutzen sein?«
    Anselm von Waldnau verzog listig sein spitznasiges Gesicht und näherte erneut seinen schmallippigen Mund dem Ohr des Grafen: »Er findet wie durch ein Wunder die Stellen mit einer Silberader im Berg, oder er spürt verfallene Bergwerke auf, die, obwohl aufgegeben, noch ergiebig sind.«
    »Na, wunderbar«, rief Graf Ferfried von Ruhfeld aus, »damit ist er doch genau der Mann, den wir brauchen. Weshalb habt Ihr Euch bloß so angestellt?«
    Der Vogt räusperte sich wieder umständlich, dann zog er ein Sacktuch aus der Tasche seines Überziehers, um sich die Nase zu putzen, ehe er erneut voller Verlegenheit zum Sprechen ansetzte. »Nun ja, Herr, die Dinge, die der Bursche dazu braucht, sind etwas, hm, eigenartiger Natur. Er findet die Silberader ja nicht einfach so im Vorbeigehen – er benötigt dazu schon einiges mehr.«
    »Aha. Und was zum Beispiel?«, fragte der Ruhfelder, jetzt neugierig geworden.
    Anselm von Waldnau gab sich einen Ruck.
    »Drei Rippen einer Leiche, drei Nägel aus einer Totentruhe, in der eine im Kindbett verstorbene Frau begraben war, sowie ein Stück Haut von der Wange oder der Stirn eines verstorbenen Mannes, der erst drei Tage im Grab gelegen hat«, platzte der Vogt heraus.
    Beinahe ängstlich schaute er dabei auf das Gesicht des Grafen. Wie würde sein Herr auf die Nennung dieser unappetitlichen Zutaten reagieren?
    Der war allerdings so verblüfft, dass er im ersten Augenblick schwieg. »Hm«, sagte er nach einer Weile. »Sonst noch etwas?«
    »Das sogenannte ›Corona-‹ oder Kronengebet muss er während der Suche nach dem Schatz im Berg vor sich hinmurmeln. Darin wird die heilige Corona, die Patronin und ›Erzschatzmeisterin‹ über alle verborgenen Schätze der Erde, um Unterstützung bei der Schatzsuche angerufen. Das Gebet soll auf das sechste und siebte Buch Mose zurückgehen, habe ich mir sagen lassen. Es steht also in der Bibel und kann deshalb nichts Schlimmes sein, Herr Graf.«
    »Na, das will ich hoffen, Waldnau. Nicht, dass es so geht wie mit dieser Helene. Ich will nicht noch einen Prozess wegen Hexerei am Hals haben. Der eine ist unerfreulich genug.«
    »Jawohl, Herr.«
    Der Vogt atmete auf. Er hatte diese Aussprache mit seinem Herrn in der Tat gefürchtet, aber Ferfried schien wegen der benötigten Dinge vom Friedhof keine Bedenken zu haben.
    »Die Sachen, die dieser Fassbinder braucht, sind zwar ekelhaft, aber ich denke, dass es nicht allzu schwierig sein dürfte, sie zu beschaffen. Gebt dem Totengräber ein Goldstück, und er wird mit Sicherheit wegschauen. Mir ist wichtig, dass kein lebender Mensch dabei zu Schaden kommt. Was mit den Toten passiert, liegt mir, ehrlich gesagt, nicht so sehr am Herzen. Hauptsache, es wirkt. Dann lasse ich hinterher gern ein paar Messen für ihre Seelenruhe lesen. Wie sagtet Ihr noch? Diese Corona sei eine Heilige? Na, dann ist ja alles gut, Waldnau. Sollte sie uns tatsächlich zu einer Silbermine verhelfen, werde ich ihr persönlich im Wald eine Kapelle stiften.«
    Damit endete die Unterredung des Grafen mit seinem Verwalter, der sich im Stillen vorgenommen hatte, anstatt des Goldstücks den Leichenbestatter von Reschenbach mit ein paar Litern Rotwein abzufinden. Wie er den Kerl kannte, wäre die alte Saufnase dann sogar bereit, selber mit Hand anzulegen …
    Als sich Anselm von Waldnau zum Gehen wandte, rief ihm der Schlossherr nach: »Sagt doch diesem Fassmacher, er soll seiner Heiligen befehlen, sich ein wenig zu beeilen. Es wäre für einen guten Zweck: Für den Sieg des Katholizismus gegen den Ungeist des Protestantismus.«

KAPITEL 33
    IM SCHEIN DER TRÜBEN FUNZEL konnte die Gefangene ihren nächtlichen Peiniger nicht genau erkennen. Nicht einmal die schwarze Ledermaske konnte sie richtig sehen, aber das spielte keine Rolle.
    Sie wusste auch so, wer dieser Teufel in Menschengestalt war.
    Gelegentlich brachte er einen Bekannten mit, der sie gleichfalls schändete. Inzwischen hatte es die arme, junge Frau aufgegeben zu zählen, wie oft sie vergewaltigt worden war.
    Sie konnte auch nicht

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