Die Hexenjagd von Salem Falls

der dich kurz nach Mitternacht am ersten Mai vergewaltigt hat?«
    Die Muskeln um Gillians Unterkiefer spannten sich. »Ich spüre noch immer seinen Körper auf mir. Ich rieche ihn manchmal, in leeren Räumen. Und ich wache auf und ringe nach Luft, weil ich glaube, daß es wieder passiert.« Ihre Augen suchten die Zuschauerbänke ab, bis sie auf ihrem Vater verweilten. »Ich habe nicht den geringsten Zweifel«, flüsterte Gillian. »Er war es.«
    »Keine weiteren Fragen«, sagte Matt und setzte sich.
    Sobald Jordan sich erhob, spürte er förmlich das Drahtseil unter den Füßen. Er mußte behutsam vorgehen. Matt hatte es in der letzten halben Stunde geschafft, bei allen im Gerichtssaal Mitleid für Gillian zu erzeugen; wenn Jordan sie zu hart ins Kreuzverhör nahm, würden die Geschworenen sich gegen ihn statt gegen das Mädchen wenden.
    Er ließ ihr einen Moment Zeit, die Fassung zurückzugewinnen, und näherte sich ihr langsam. Aus Erfahrung wußte er, daß selbst der erbarmungswürdigste kleine, streunende Hund sich plötzlich umdrehen und nach einem schnappen konnte. »Miss Duncan, als Sie mit Ihren Freundinnen im Wald waren und Mr. St. Bride dazu kam, hatten Sie da Angst?«
    »Ja. Schließlich hatte ich seit Wochen zu hören bekommen, ich sollte mich möglichst weit von ihm fernhalten.«
    »Aber Sie haben auch gesagt, es sei für Sie und Ihre Freundinnen so etwas wie eine Mutprobe gewesen, in der Nacht in den Wald zu gehen. Aus Trotz gegen das Verbot Ihrer Eltern, die Ihnen eingeschärft hatten, sich von Mr. St. Bride fernzuhalten. Dann war es also die allergrößte Herausforderung, ganz in seiner Nähe zu sein, nicht wahr?«
    Gillian schüttelte den Kopf. »Das hätte ich nie getan.«
    »Sind Sie sofort gegangen, als er plötzlich auftauchte?«
    »Ja.«
    »Aber vorhin haben Sie ausgesagt, er habe gefragt, ob Sie Kartoffeln geröstet haben, und sich zu Ihnen gesetzt, richtig?«
    Ein Licht glimmte in Gillians Augen. »Aber dann habe ich zu ihm gesagt, wir wären im Begriff zu gehen, weil wir ihn so am schnellsten loswerden konnten.«
    »Ihn loswerden? Weil Sie noch immer Angst hatten?«
    Sie hob das Kinn. »Ja.«
    »Aber Sie haben doch gesagt, sobald er gegangen war, hatten Sie keine Angst mehr.«
    »Das stimmt.«
    »Ihnen ist nie der Gedanke gekommen, Mr. St. Bride würde Sie angreifen?«
    Gilly schüttelte den Kopf. »Dann wäre ich ja wohl bei meinen Freundinnen geblieben.«
    »Ihnen ist nie der Gedanke gekommen, er würde Sie angreifen, obwohl Sie seit Wochen nichts anderes gehört hatten, als daß er nur auf die Gelegenheit wartet, sich an jungen Frauen zu vergreifen?«
    Sie steckte in der Zwickmühle – und das wußte sie. Jordan wartete geduldig auf ihre Antwort. »N-Nein«, sagte Gillian.
    »Also gut. Sie haben sich dann auf den Weg nach Hause gemacht und sind umgekehrt, um nachzusehen, ob das Feuer wirklich aus war?«
    »Ja.«
    »Wie weit waren Sie gegangen, bevor Sie kehrtmachten?«
    »Nicht weit. Nur ein kurzes Stück.«
    »Und Mr. St. Bride hat Sie angefallen, als Sie wieder auf der Lichtung waren?«
    »Das ist richtig«, sagte sie leise.
    »Haben Sie gesehen, ob er sich versteckt hat, bevor Sie und Ihre Freundinnen gegangen sind?«
    »Nein. Er ist den Weg runtergegangen.«
    »Und wie lange hat es gedauert, bis ihr gegangen seid, nachdem er weg war?«
    »Ein paar Minuten vielleicht. Nicht lange.«
    Jordan nickte. »Wenn er davon ausgegangen ist, daß Sie jeden Moment gehen würden, Miss Duncan, warum hätte er dann zu der Lichtung zurückkommen sollen, um Sie anzufallen? Wäre es nicht logischer gewesen, er hätte Ihnen irgendwo aufgelauert?«
    Gillian blickte Jordan an. »Ich weiß es nicht.«
    »Wenn Sie nicht beschlossen hätten, noch einmal nach dem Feuer zu sehen, wären Sie doch gar nicht zu der Lichtung zurückgekehrt, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Hat Mr. St. Bride Sie ausgezogen?«
    »Er hat mir die Jeans und die Unterwäsche runtergezogen«, wisperte Gillian.
    »Und Ihre Bluse? Hat er Ihnen die ausgezogen?«
    »Nein.«
    »Hat er sie aufgeknöpft?«
    »Nein«, sagte Gillian.
    »Und seine eigenen Sachen?«
    »Die Hose.«
    »Hat er zuerst seine Hose heruntergezogen und dann Ihre oder umgekehrt?«
    Tränen traten ihr in die Augen, und sie schüttelte den Kopf. »Miss Duncan«, sagte die Richterin freundlich, »ich muß Sie bitten, die Frage zu beantworten.«
    »Ich weiß nicht mehr«, murmelte Gillian.
    »Hat er sich die Hose heruntergezogen, bevor er Sie aufgefordert hat, ihm das Kondom