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Die Hexenjagd von Salem Falls

Die Hexenjagd von Salem Falls

Titel: Die Hexenjagd von Salem Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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»Für mich sieht das alles wunderbar aus.«
    »Weil du praktisch blind bist.« Selena stieg die Leiter hoch, bis sie direkt hinter Jordan war. Er drehte sich etwas, so daß sie unter seinem Arm hindurchtauchen konnte. Dann zeigte sie auf eine Stelle, die nicht richtig abgedeckt war. »Da«, sagte sie.
    Aber Jordan hörte nicht hin. Er atmete den Duft von Selenas Haut ein, spürte die Wärme ihres Körpers. Er schloß die Augen und neigte den Kopf ein winziges bißchen näher. »Ich bin nicht blind, Selena«, raunte er.
    Sie verharrten in einem Wirrwarr von Möglichkeiten. Und gerade als Jordan sich vorneigte, um Selena zu küssen, drehte sie den Kopf weg, so daß er nur über ihren Nacken streifte. »Jordan«, flüsterte sie. »Wir sind doch aus Fehlern klug geworden.«
    »Diesmal könnte es anders werden. Ich bin anders.«
    Sie lächelte sanft. »Eine Erektion ist kein Zeichen für Persönlichkeitsreife.«
    Er wollte ihr widersprechen, doch da klingelte das Telefon. Er löste sich aus ihrer Umklammerung, wobei er sowohl Selena als auch die Farbrolle wieder zu Boden beförderte, sprang von der Leiter, lief ins Wohnzimmer und griff nach dem Telefon.
    Gleich darauf tauchte er wieder in der Tür zu Thomas’ Zimmer auf. Selena stand auf der Leiter, die Farbrolle über den Kopf gehoben. Als sie ihn anschaute, war ihr Blick völlig ausdruckslos, als wäre vorhin nicht das geringste zwischen ihnen passiert. »Bitte sag, daß es der idiotische Mechaniker war und mein Wagen fertig ist.«
    »Das war Bernie Davidson, vom Gericht«, sagte Jordan, noch immer ein wenig benommen. »Anscheinend bin ich wieder im Geschäft.« Er blickte Selena fragend an.
    »Ich bin dabei«, sagte sie und stieg von der Leiter.
    Wie jeder Einwohner von Salem Falls, der älter als acht Jahre war, wußte auch Jordan, daß Jack St. Bride wegen eines Sexualdeliktes im Gefängnis gesessen hatte. Daß ihm jetzt eine Anklage wegen Vergewaltigung blühte, war so ziemlich das Schlimmste, was ihm widerfahren konnte. Und eines stand fest: Als einschlägig Vorbestrafter würde St. Bride keinesfalls gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt. Was Jordan nur recht war, denn ein Mandant hinter Schloß und Riegel konnte sich nicht noch mehr Ärger einhandeln.
    Seine Haare waren noch naß vom Duschen, als er im Büro der Staatsanwaltschaft in Ossipee eintraf. Er hatte nun mal ein Mandat, und somit mußte er möglichst früh an möglichst viele Informationen gelangen. Vergewaltigungsprozesse waren immer schwierig; je mehr Jordan wußte, desto besser waren seine Chancen.
    Er wartete auf Matt Houlihan, dem die Sekretärin Bescheid gegeben hatte. Jordan konnte den stellvertretenden Staatsanwalt nicht leiden. Der Typ war ihm zu großspurig. Jordan war nicht sicher, was ihm mehr gegen den Strich ging – daß der junge Staatsanwalt so hartnäckig war oder daß er noch keine Spur von schütterem Haar zeigte.
    Matt kam um die Ecke und grinste. »Er ist wiederauferstanden!«
    Auch Jordan setzte ein breites Lächeln auf und schüttelte ihm die Hand. »Die Meldungen über mein Ableben waren reichlich übertrieben.«
    Matt deutete in Richtung seines Büros. »Wo haben Sie gesteckt, Jordan? Nach dem Hart-Fall waren Sie plötzlich wie vom Erdboden verschluckt.«
    »Nein … ich hab mich bloß nach Salem Falls abgesetzt.« Jordans Mund zuckte. »Also hatten Sie vielleicht doch nicht ganz unrecht.« Er nahm Matt gegenüber Platz. »Man hat mich zum Pflichtverteidiger von Jack St. Bride bestellt«, sagte er ohne Umschweife.
    »Ich dachte, er kriegt jemanden aus dem Büro der Pflichtverteidiger.«
    »Anscheinend gab es da Probleme. Sie haben es also mit mir zu tun.«
    Matts Augen funkelten. »Ich freue mich immer über eine Herausforderung.«
    Jede Erwiderung darauf wäre Jordan im Halse steckengeblieben. Gegen Matt Houlihan anzutreten, um einen Mann zu verteidigen, der, wie es aussah, nicht die geringste Chance hatte, war so ziemlich das allerletzte, das Jordan sich gewünscht hätte. »Ich hoffe, Sie können mir die Polizeiberichte geben, die bisher vorliegen.«
    Matt warf ihm eine Akte zu. »Die Klageschrift und die Aussage des Opfers.«
    Das war ein Geschenk, wie Jordan wußte. Ohne diese Unterlagen wäre das Opfer eine unbekannte Größe, und es wäre ihm praktisch unmöglich, seine Verteidigung vorzubereiten. Er schlug die Akte auf, und der Name des Opfers sprang ihm förmlich ins Auge. Jordan verzog keine Miene. »Na dann«, sagte er. »Wir sprechen uns ja noch.«
    »Wozu?«

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