Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)
nach Beendigung des Frühstücks alleine im Speisehaus saßen. Was jetzt aber ein Ende fand. Raul trat ein, brachte uns meine gewünschten Schreibunterlagen, und ich trug ihm auf, im Dorf Frau Sommer wie auch Frau Föhr zu bitten, uns ab morgen Früh für ein paar Tage in der Küche behilflich zu sein. „Richte ihnen aus, ich werde sie für diese Dienste entschädigen, ebenso wie alle anderen Helfer“, fügte ich hinzu.
Seinem und Frowins erstaunten Blick über meine letzte Bemerkung schenkte ich keine Beachtung.
Sodann erstellten Frowin und ich den Speiseplan für die folgende Woche, wobei wir auch die zu erwartenden Sonderwünsche der verwöhnten Gäste nicht außer Acht ließen. Eine komplizierte, langwierige Arbeit. Anschließend verfertigten wir Einkaufslisten, alle versehen mit dem Datum und den Läden, wann, wo und von wem die jeweiligen Einkäufe zu tätigen seien. Nachher wird Frowin die Listen an die beiden Köche verteilen.
Es war fast Mittag, bis wir diese Hirnarbeiten endlich zu einem zufriedenstellenden Abschluss gebracht hatten. Erleichtert begab sich Frowin dann in die Küche und ich mich ins Gutshaus, um das Herrichten der vielen Gästestuben unter Kontrolle zu bekommen.
Mit nun freiem Kopf fühlte ich mich wieder so beflügelt, so unbeschreiblich selig wie gestern Abend und heute Früh. Immer wieder schweiften während der Arbeit meine Gedanken zu Mutter.
Was am Nachmittag, als bereits die ersten schwarz gekleideten Verwandten meines verstorbenen Vaters eintrafen, noch zunahm. Wieder und wieder bekam ich Mutters glückliches Antlitz vor Augen, verbunden mit diesem warmen Mutterblick, und, als stehe sie neben mir, erklang sporadisch ihr perlendes Lachen in meinem Ohr. Ob sie ebenso oft an mich denken musste? Nach dreizehneinhalb langen Jahren hatten wir uns wiedergefunden, und sie war noch liebreizender, als ich sie mir vorgestellt hatte. Für mich war sie die Verkörperung einer Dise. Doch ich musste mich noch bis morgen gedulden, um sie wieder zu sehen und dann auch meine so lang und schmerzlich vermissten Geschwister zu begrüßen.
U nmittelbar nach dem Mittagsmahl des folgenden Tages ließ Mutter mich in ihr Gemach bitten. Am Treppenabsatz des ersten Stockwerks erwartete mich bereits Dietrich, ich eilte die letzten Stufen hoch, und er schloss mich in die Arme: „Endlich, Dorith. Wie lange habe ich auf diesen Moment warten müssen.“
Ich drückte ihn wortlos an mich. Da ich jedoch fühlte, dass seine Nerven vibrierten, lockerte ich nach wenigen Augenblicken die Umarmung. Er gab mich auch widerstandslos frei und erklärte mir: „Bevor wir hinein zu Mutter gehen, muss ich dir etwas mitteilen. Eine unangenehme Nachricht, Dorith. Du erinnerst dich ja jetzt wieder an unsere Geschwister.“
„Nur dunkel, wir haben noch eine ältere Schwester und einen älteren Bruder, nicht?“
„Ja“, bestätigte er mit gedämpfter Stimme, „Johannes und EM. Aber Johannes - er ist nicht mehr, Dorith. Johannes lebt nicht mehr. Er hat einen tödlichen Unfall erlitten.“
„Oh, nein.“
Natürlich, die Zeit war schließlich weitergelaufen, ich konnte nicht damit rechnen, die heile Familie meiner Träume hier anzutreffen. - Johannes lebte nicht mehr.
Dietrich holte mich aus meinen Gedanken: „Du musst wissen, Dorith, dass es Mutter schwer fällt, über Johannes zu sprechen, deshalb habe ich dich vorher von seinem Unfall unterrichtet.“
„Danke, Dietrich!“
Ein freundlich heller, typischer Damensalon. Mutter saß alleine an einem zierlich geformten Eibentisch mit vier dazu gehörenden altrosa gepolsterten Stühlen und lächelte mir entgegen: „Meine Dorith!“
Während Dietrich und ich rechts und links von ihr Platz nahmen, sagte sie mir: „Sicher hast du auch deine Geschwister und Schwäger hier erwartet, doch ich habe euer Wiedersehen auf morgen verschoben. EM und Dietrichs Frau Bertrada sind noch zu erschüttert vom Hinscheiden eures Vaters.“
„Ich weiß, Mutti, die Lakaien haben mir berichtet, die beiden jungen Damen wirkten sehr mitgenommen. Deshalb habe ich ihnen zu Mittag eine erhellende Heilkost zubereitet, sie wird ihnen guttun.“
„Beruhigend zu wissen“, freute sich Mutter, doch als sie weitersprach überschattete sich ihr Gesicht: „Nur, Dorith, dein Bruder Johannes . .“
Dietrich strich ihr über den Arm: „Lass, Mutter, ich habe es ihr gerade eben mitgeteilt.“
Nur allmählich belebte sich Mutters feines Antlitz wieder. Dann erkundigte sie sich, ob ich denn nach Vaters Beerdigung
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