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Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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betrachten wir uns jetzt von innen. Wirst deine Freude daran haben.“
Sie hatte nicht übertrieben, bereits während des Eintretens überwältigte mich Großzügigkeit. Durch mehrere Fenster mit gelblichen Butzenscheiben fiel Licht in den Vorplatz, der dadurch vergoldet wirkte, und die Wände waren teils mit bunten Gobelins behangen. So musste es in Burgen und Palästen aussehen. Im Parterre führte mir Mira den mindestens so komfortablen Speisesaal sowie mehrere äußerst gemütliche Aufenthaltsräume vor. Im ersten Stockwerk lagen die Unterrichtsräume, in denen ich an den Wänden etliche Abbildungen des menschlichen, teils krankhaft veränderten Körpers hängen sah. Als wir uns schließlich wieder dem Treppenhaus zuwandten, erkundigte sich Mira: „Na, wie gefällt es dir hier?“
„Großartig“, begeisterte ich mich und konnte nur mit Mühe den Gedanken unterdrücken - welcher Unterschied zu den grauen Steinhöhlen des Klosters.
Dieser Gedanke musste mir im Gesicht gestanden haben, denn Mira glaubte offenkundig, mir eine Freude zu bereiten, als sie mir sagte: „Es steht dir natürlich frei, deine Mahlzeiten hier einzunehmen, und die Nachmittage kannst du ebenfalls hier zubringen. Das empfehle ich dir sogar, du bekämst dadurch einen vertrauteren Kontakt zu deinen Mitschülern.“
Oh nein, nachmittags werde ich weiterhin in der Küche stehen, immerhin will ich nicht Apothekerin, sondern Heilköchin werden. Doch ich werde abwarten, wie sich alles zurechtläuft.

    E rfreulich locker lief es sich zurecht, mein Schulbeginn mit vier neuen Fräulein und acht neuen jungen Herren erwies sich als ausgesprochen problemlos. Die Lehrerinnen stellten während des Unterrichts kaum Forderungen an mich, meine Mitschüler begegneten mir dezent und freundlich und schienen mich tatsächlich für eine Sechzehnjährige zu halten.
Deshalb fiel es mir leicht, mein Frühstück und Mittagsmahl gemeinsam mit allen neuen und den bereits älteren, eingefleischten Studenten im Schulspeisesaal einzunehmen, und bevor ich mich dann zur Klosterküche begab, verbrachte ich gerne noch eine Plauderstunde mit den Fräulein in dem hübschen Zierpark.
Nun gebot es die Höflichkeit, mich den Fräulein näher vorzustellen, doch als ich endlich dazu ansetzte, bekundeten sie mir, ich brauchte mich nicht zu erklären, sie hätten bereits erkannt, dass ich Nonne werden wolle. Ich widersprach nicht, bog ihre Vermutung lediglich etwas ab: „Fest steht das noch nicht, zunächst will ich mir das Apothekerdiplom erwerben, worüber ja mindestens drei Jahre hingehen, und erst danach werde ich mich entscheiden.“
Dazu meinte die stets besonders aufgeputzte Hella: „Keine Frage, dass du dann ins Kloster eintrittst, Tora, du bist ganz der Mensch dafür“, worauf die anderen überzeugt zustimmten.
Praktisch für mich, das erklärte ihnen vieles von alleine - mein Verzicht auf Schleifchen, Schmuck und Schminke, mein Wohnen im Kloster und vor allem meine Zurückhaltung, wenn sie in Schwärmereien über ihre Verlobten zerflossen.
Bald konnte ich mir selbst nicht mehr beantworten, wo ich mich lieber aufhielt, unter den zweiunddreißig heiteren Studenten in ihrem herrlichen Schulkomplex oder in der Küche, wo mich Gerlinde immer tiefer in ihre umfangreichen Heilkenntnisse einführte. Die Schule, jene mir neu erschlossene Welt unter gleichaltrigen Menschen, übte einen unwiderstehlichen Reiz auf mich aus, und Gerlindes, wie einst auch Palmatias Welt, berührte mich unverändert bis ins Mark. Wo nur gehörte ich hin? Doch so oft sich mir diese Frage auch aufdrängte, ich ging ihr nie länger nach, verschob sie auf später, in der Hoffnung, beide Wege könnten sich einst treffen und zu meinem eigentlichen Ziel führen. Schließlich seien sie gar nicht so weit voneinander entfernt. - Nein, nein, das redete ich mir nicht nur ein.

    N achdem das erste Schulhalbjahr beendet war, erledigte sich diese Frage, ich arbeitete mit Freuden während der zehnwöchigen Winterferien ganztags in der Küche, ohne die Schule zu vermissen.
Schon, weil ich während dieser Wochen meine unbequeme Adelsgarderobe mit diesen Zierhütchen, den ausladenden Röcken und den einengenden Spitzschuhen nicht zu tragen brauchte. Ich trug jetzt ausschließlich Küchenkittel und setzte auch im Refektorium nie die Küchenhaube ab, zumal ich unter ihr meinen mittlerweile fingerlangen rot-blond-gesträhnten Haaransatz verbarg. Wohler hätte ich mich außerhalb der Küche in meiner früheren Privatkleidung

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