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Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Hexenköchin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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Erfolg, denn trotz ehrlichen Bemühens fielen meine Antworten stets beschämend aus. Ich war kaum fähig, dem Unterricht zu folgen, da sich mein Verstand gegen die hier praktizierte trockene Lehrweise aufbäumte wie ein Junghengst gegen das erste Zaumzeug.
Bis ich mich mit diesem Problem an die Äbtissin wandte und sie mir einen brauchbaren Rat erteilte: „Wende beim Unterricht deine dir eigene Art des Denkens an, lausche nicht mit den äußeren Ohren, sondern mit den inneren, und stelle dir alles bildlich vor, was die Schwestern erklären. Du selbst hast mir gesagt, dass du auf diese Weise oft blitzartig entscheidende Zusammenhänge erfasst.“
Ich beherzigte ihren Rat. Doch es bedurfte vieler Tage unentwegter Konzentration, ehe ich auf diese Weise dem Unterricht einigermaßen folgen konnte. Und anschließend musste ich noch üben, bei Beantwortungen das unterbewusst Erlernte in passende Worte zu kleiden.
Daneben deutete sich etwas für mich Unfassbares an - der aparte messingblonde Student, Raimund war sein Name, bekundete Interesse an mir. Er an mir. Wo er der ansehnlichste aller Schüler war und ich das unansehnlichste Fräulein. Zunächst hatte ich vermeint, mir das einzubilden, doch bald wurden auch meine Mitschülerinnen darauf aufmerksam und blickten mich neckend, teils aber auch rätselnd an - was nur findet er ausgerechnet an der entstellten, nonnenhaften Tora? Ich konnte mir ihre unausgesprochene Frage selbst nicht beantworten. Welche Stätten wir neuen Studenten gemeinsam mit den älteren auch aufsuchten - die Bibliothek, das Labor, den Speiseraum oder in den Pausen den Park - Raimund stahl sich in meine Nähe, warf mir charmante Blicke zu und richtete auch mal ein nettes Wort an mich. Ich aber, voller Herzklopfen und Unsicherheit, reagierte auf seine freundlichen Fragen entweder mit tauben Ohren oder mit patzigen Bemerkungen. Worauf er sich immer seltener in meine Nähe wagte und ich bald nur noch von der Ferne dann und wann einen scheuen Blick von ihm empfing.
Es sei nichts als kurz aufgewallte Sympathie bei ihm gewesen, sagte ich mir schließlich, um meine falsche Hoffnung auf ihn einzudämmen und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder strikt auf das Studium. Dabei spornte mich die Tatsache an, dass meine Leistungen gegen Ende des Schuljahrs immer entscheidender für meine Versetzung in die Mittelstufe werden.

    I m Sonnmond begannen schließlich die nervenaufreibenden Jahresabschlussprüfungen. Da ich mich bei den schriftlichen Aufgaben gut konzentrieren konnte, fielen die Ergebnisse nach meiner Einschätzung einigermaßen passabel aus. Bei den mündlichen Prüfungen dagegen versagte ich. Wie zu Beginn dieses Halbjahrs bekam ich kaum eine annehmbare Antwort zustande. Welche Folgen hatte ich zu erwarten?
Endlich waren alle Prüfungen abgelegt. Unsere Nerven aber waren angespannter als zuvor, denn jetzt mussten wir Schüler tagelang harren, wie die Lehrerinnen und bei den Katholiken auch Pater Karolus unsere Leistungen bewerten. Vorbei waren unsere gemütlichen Mahlzeiten, wenn wir jetzt zu Tisch saßen vibrierte der Speiseraum wie ein Bienenstock.
„Ich habe geantwortet, Berberis vulgaris pflückt man zur Marsstunde, war das falsch?“, hörte ich Gisbert, einen Studenten der Oberstufe, ängstlich seinen Freund Horst fragen.
Der beruhigte ihn: „Es war richtig, Gisbert, Berberis vulgaris ist dem Mars zugeordnet.“
Falko warf sich zum unzähligen Mal vor: „Ich Idiot habe bei der Herstellung von Wundsalbe statt Arnica Apis angegeben. Apis, Bienengift!“, und gleich drauf Sebalde, das jüngste der Fräulein:
„Mir ist einfach nicht eingefallen, wie lange Calmustinktur ziehen muss, und ob man bei Hypericum die Blätter oder die Stengel verwertet.“
Und wieder Falko: „Statt Arnica Apis, ich Idiot, ich!“
Mir selbst stellte sich während alledem nur eine Frage - muss ich die Unterstufe wiederholen?

    D er erste Brachettag. Im Festsaal herrschte spannungsgeladenes Schweigen, heute, zum Sommerbeginn, sollen wir die Zeugnisse empfangen. Die Tür öffnete sich, und herein traten Schwester Elisabeth, Schwester Mira und Pater Karolus, in ihren Händen die von uns bang erwarteten Leistungsergebnisse. Die Lehrerinnen und Pater Karolus wussten, wie uns zumute war, weshalb sie ohne Umschweife begannen, die Zeugnisse zu verteilen.
Während die ersten Studenten sie dann durchlasen, zeichneten sich in ihren Gesichtern Zufriedenheit oder aber Betroffenheit ab. Ich schielte zu Raimund, seine Miene war zufrieden,

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