Die Himmelsbraut
außer unseren Kaiser zu beseitigen und ihre Schlösser und Klöster zu zerschlagen. Wenn’s sein muss, mit blutiger Gewalt.»
Phillip schüttelte entschieden den Kopf. «Gewalt darf niemals das Mittel zum Zweck sein. Denkt nur an die vielen Unschuldigen, die es treffen könnte.»
«Pah – dann zeig mir, wo du unter diesem Pack Unschuldige findest.» Der Mann geriet in Fahrt. «Grad bei den Geistlichen. Eher geht doch das Kamel durchs Nadelöhr! Die predigen uns von Christus als arm und barmherzig und leben selber in prunkvollen Palästen. Kann man denen ein einziges Wort glauben? Deshalb müssen die Klöster dem Erdboden gleichgemacht werden. Selbst Luther hat so gesprochen, bevor er sich als Fürstenknecht hat kaufen lassen:
Es wäre besser, dass alle Bischöfe ermordet, alle Stifte und Klöster abgerissen würden, als dass ein einzige Seele verderben sollte
. Man sollt’s nicht glauben.»
«Als ob du dich zum wahren Christenmenschen machst, wenn du die Klöster einreißt und die Geistlichen totschlägst!», widersprach Phillip.
«Weißt du was, du Junker von Irgendwo?» Ein junger, schmächtiger Kerl, halb wie ein einfacher Bauer, halb wie ein Landsknecht gekleidet mit seinem Federbarett, hatte sich an ihren Tisch geschoben. Dabei funkelte er Phillip und Egbert herausfordernd an. «Die Burgen der Ritter lassen wir gleich mit dazu brennen. Der Adel ist ein grad so schlimmes Übel wie der Klerus. Leben doch beide gleichermaßen von unserm Schweiß und von unserm Blut.»
Egbert lachte laut auf. «Na, dann hol schon mal deinen Zunder aus dem Beutel, du halbes Hemd. Ihr könntet froh sein, wenn ihr auf eurem Feldzug der Gerechten ein paar anständige Kämpfer zur Seite hättet, mit Ross und Rüstung und mit ein paar Schwertern statt Dreschflegeln.»
Der Grobschlächtige schraubte seinen mächtigen Oberkörper in die Höhe.
«Solch feine Rittersöhnchen wie ihr zwei etwa? Der Ochsenhensel hat recht. Solche Herrschaften haben in unsrer Runde nichts zu suchen. Und auf der Welt erst recht nicht. Wie heißt’s doch so schön: Als Adam grub und Eva spann – wo war denn da der Edelmann? Ganz und gar überflüssig ist euer Stand! Also haltet die Goschen oder verschwindet.»
Derweil hatte sich auch Egbert erhoben, mit zornrotem Gesicht. Er mochte vielleicht nicht ganz so breite Schultern wie sein Widersacher haben, dafür überragte er ihn um einen halben Kopf. Phillip spürte, wie sich die Stimmung am Tisch aufheizte. Am liebsten hätte er die Schenke verlassen, doch war da noch Marie, die ihn jetzt anlächelte, während sie frischgefüllte Bierkrüge zwischen die Streithähne stellte.
«Das Maul verbieten lass ich mir von einem wie dir noch lang nicht», brüllte Egbert durch den Schanklärm. «Und wenn dir das nicht passt, was ich sage, kommst am besten mit vor die Tür.»
«Da sag ich nicht nein, du Großkotz.» Der andere packte Egbert am Handgelenk und wollte ihn schon hinter dem Tisch hervorzerren, als eine durchdringende Stimme sagte: «Spart euch eure Kräfte für andere Schlachten auf.»
Es war Hans Müller von Bulgenbach. Im Eifer ihres Wortgefechts hatte ihn niemand bemerkt. Dabei musste er sie schon eine ganze Weile beobachtet haben. «Wenn einer unsere Sache für gut und richtig hält, ist er in unserer Runde willkommen», sagte er ruhig. «War nicht auch der Ritter Franz von Sickingen ein Schützer der Schwachen und Hüter des Rechts? Wollte nicht auch er ein einig Reich ohne geistliche und weltliche Fürsten, nur dem Kaiser zu Gehorsam?»
Ein älterer Bauersmann, der bislang stumm am Tisch gesessen war, erhob sich und überließ Hans Müller seinen Platz.
«Dank dir, Hensli.» Der Hauptmann stellte seinen Krug ab. «Und jetzt stellt einander vor, ihr Rappelköpfe. Du fängst an, Junker Egbert von Brausauf.»
Den Männern am Tisch war ihre Verblüffung darüber, dass Hans Müller sie beide kannte, deutlich anzusehen.
«Nun gut.» Egbert ließ sich wieder auf die Bank sinken. «Ich bin Egbert von Rainhausen aus der Gegend von Ingolstadt.»
«Jecklin Brecheisen, Dorfschmied zu Grießen», brummte sein Gegenüber und setzte sich ebenfalls.
«Hans Ochs aus Sankt Blasien, genannt Ochsenhensel.»
«Hensli Erdnit, Bauer aus Grießen.»
Nachdem sich als Letzter Phillip vorgestellt hatte, reichten sie sich auf Hans Müllers Geheiß die Hände.
«So ist’s recht. Und jetzt lassen wir uns von der schönen Marie eine Platte mit Bratwürsten kommen.»
Kurz darauf stand ein Berg knuspriger Würste
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