Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
Vom Netzwerk:
kleinen Schlucken. Und Ihr sollt nicht sprechen, hat der Herr Medicus gesagt.»
    Das kühle Wasser tat ihrer trockenen Kehle gut. Als sie sich aufrichten wollte, fuhr ihr ein stechender Schmerz in die Brust.
    «Schön liegen bleiben und nicht bewegen. Ich geh den Ritter holen.»
    Eine Tür quietschte in den Angeln, dann war es wieder still. Vergeblich versuchte Antonia, ihre Gedanken zu ordnen. Aber da war nichts. Sie wandte den Kopf ein wenig zur Seite und sah ein verschlossenes Fenster. Durch den Spalt zwischen den Fensterläden drang ein fahler rosenfarbener Lichtschein. Das sah nach Morgendämmerung aus.
    Mit einem leisen Stöhnen schloss sie wieder die Augen. Nicht nur ihr Schädel, ihr ganzer Körper fühlte sich wie zerschlagen an. Sie hätte gern geschlafen, aber in ihrem Innern brannte eine Frage wie Feuer: Warum lag sie hier, verletzt und mutterseelenallein, auf Burg Holderstein?
     
    «Antonia? Bist du bei dir?»
    Da war wieder die tiefe Stimme. Sie holte Antonia zurück in die Wirklichkeit, fort von diesen albtraumhaften Bildern ineinander verkeilter Pferde und Reiter, von strömendem Regen und Blutlachen. Bilder, die für sie immer noch keinen Sinn ergaben.
    Sie öffnete die Augen. Im Morgenlicht schimmerte ein bleiches, bärtiges Gesicht, das sie fast nicht erkannt hätte. Zwei tiefe Falten hatten sich in Markwart von Holdersteins Mundwinkel eingegraben, das Haar über der Stirn war plötzlich schlohweiß. Er wirkte wie ein Greis. Neben ihm stand Hieronimus Negelin, der kleine, überaus dicke Offenburger Stadtarzt.
    Mit zitternder Hand wischte sich der Holdersteiner über die rot geränderten Augen, die aussahen, als habe er tagelang keinen Schlaf gefunden.
    «Was ist geschehen?», presste Antonia mühevoll hervor. Das Sprechen stach ihr in der Lunge.
    Die beiden Männer tauschten einen Blick aus, dann schüttelte der alte Ritter den Kopf. An seiner Stelle antwortete der Medicus.
    «Es gab ein Unglück. Mehr können wir einstweilen nicht sagen. Komm erst einmal zu Kräften. Du hast dir beim Sturz vom Pferd Rippen und Arm gebrochen, und auch dein Kopf hat übel gelitten.» Er bedeutete ihr, den Mund zu öffnen, und flößte ihr ein bitteres Elixier ein. «Das wird dir Ruhe spenden und deine Schmerzen lindern.»
    Vom Burghof drangen Stimmen und Hufgeklapper herauf. Eine kühle Brise strich ihr über die verschwitzte Stirn. Sie glaubte, Lautenspiel zu hören, eine bekannte, zärtliche Melodie, die ein klein wenig missgestimmt daherkam.
    «Phillip», flüsterte sie, dann fiel sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
     
    Als sie wieder erwachte, saß die junge Magd an ihrem Bett.
    «Geht es Euch besser?», fragte das Mädchen. In ihrem Schoß hielt sie ein irdenes Töpfchen mit einem Löffel darin.
    Antonia nickte.
    «Dann solltet Ihr was essen. Milchbrei mit Honig und geschmälzter Butter.»
    Die Magd hielt ihr einen halbvollen Löffel an die Lippen. Aber Antonia mochte nichts essen.
    «Nun nehmt schon, es schmeckt wunderbar. Ihr müsst was essen. – Sonst bekomme ich Ärger», fügte sie hinzu.
    Antonia sah die Milchspuren in ihrem Mundwinkel. In einer anderen Lage hätte sie hierüber lachen müssen. Jetzt aber öffnete sie nur widerwillig den Mund und schluckte. Der Brei schmeckte nach nichts.
    «So ist’s brav», ermunterte die Magd sie, als hätte sie ein Kleinkind vor sich. «Und jetzt noch einen Löffel.»
    Nach fünf, sechs Löffeln drehte Antonia den Kopf zur Seite.
    «Nichts mehr», murmelte sie. «Für dich – der Rest. Aber sag mir – wie lang bin ich schon hier?»
    «Seit drei Tagen.» Das Mädchen verschlang gierig den restlichen Brei. «Aber die meiste Zeit habt Ihr nur geschlafen. Ein Wanderhirt hat Euch gefunden.»
    «Erzähl mir, was geschehen ist.»
    «Das darf ich nicht.»
    «Dann hol Ritter Markwart her.»
    «Sehr wohl, Fräulein Antonia.»
    Nachdem das Mädchen verschwunden war, versuchte Antonia sich aufzurichten. Sofort kehrten die stechenden Schmerzen in ihrem Brustkorb zurück. Also blieb sie reglos liegen. An den Sturz konnte sie sich mit einem Mal wieder erinnern, sie sah das Gestrüpp und die tiefhängenden Äste des Waldrands vor sich, den dunklen Hals ihres Pferdes, die angstvollen Augen des reiterlosen Zelters. Nur: Warum? Je angestrengter sie darüber nachdachte, desto mehr verkrampfte sich ihr Gehirn.
    Nach einer halben Ewigkeit betrat Markwart von Holderstein die Gästekammer.
    «Wie gut, dass es dir bessergeht.» Seine Stimme klang dünn. «Die Magd sagt, du hast

Weitere Kostenlose Bücher