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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Seelenheil.»
    Phillip schluckte. Dann fragte er leise: «Hast du – hast du den Überfall mit angesehen?»
    «Nicht so richtig, ich bin ganz hinten geritten, zu weit weg. Und dann war da dieser Nieselregen, der fast wie Nebel im Tal stand.»
    Dem Allmächtigen sei Dank – sie hatte das Gemetzel nicht vor Augen gehabt. Wieder durchströmte ihn tiefe Dankbarkeit, dass sie überlebt hatte.
    «Ich möchte aufstehen, ans Fenster, an die frische Luft. Hilfst du mir?»
    Er schlug die Bettdecke zurück und half ihr, die Beine auf dem Boden aufzusetzen. Dann umgriff er sie behutsam und richtete sie auf. Schwankend versuchte sie ihren Körper ins Gleichgewicht zu bringen. In kleinen Schritten führte er sie in Richtung geöffnetes Fenster. Dort blickten sie hinaus, eng aneinandergelehnt.
    Unten in der Vorburg herrschte Geschäftigkeit. Ein Fuhrwerk brachte Holz, aus der Schmiede klang metallisches Hämmern, zwei Mägde schleppten Körbe voll Wäsche ins Waschhaus, eine andere machte sich im Kräutergarten zu schaffen. Es war einer dieser blassblauen Spätsommertage, die schon den Herbst erahnen ließen.
    Antonia deutete auf den Brunnen im Burghof. Ein Knecht tränkte fünf mit bunten Schabracken eingedeckte Rösser, daneben standen zwei Männer im Gespräch, beide in halbem Harnisch und mit gegürtetem Schwert.
    «Sind das der junge Graf und dein Ritter?»
    «Nein, unsere Reisige. Du siehst, wir sind gut bewacht auf unserem Weg. Ritter Wendel und Graf Wilhelm sind noch beim Essen, mit meinem Vater.»
    «Hast du schon gegessen?»
    «Ich habe keinen Hunger. Lieber bin ich bei dir.»
    Antonia blickte ihn an. Ihre dunkelgrünen Augen hatten allen Glanz verloren.
    «Geht es dir gut auf Neu-Eberstein?»
    «Ja. Ich hatte dir ja geschrieben, dass dort alles dreimal so prächtig ist wie hier, und das Land rundum ist wunderschön. Es würde dir gefallen. Über meinen Dienstherrn und über die Grafenfamilie kann ich mich auch nicht beklagen.»
    Fast verachtete er sich für diese leeren und schönfärberischen Worte. Um so vieles lieber wäre er hier auf Holderstein bei ihr geblieben. Er bemerkte, wie Antonias Blick hinüber zum Gestüt schweifte, das halb im Dunst auf dem Hügel gegenüber lag.
    «Wer sorgt sich jetzt um das Gestüt und die Pferde?»
    «Kilian ist ins Herrenhaus gezogen. Er übernimmt die Verwaltung.»
    «Was wird mit mir? Wo soll ich hin?»
    Aus ihrer Stimme war Mutlosigkeit zu hören. Er legte ihr den Arm um die Schultern, spürte dabei, wie schwach sie war.
    «Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass du gesund werden musst. Und dass mein Vater die Vormundschaft für dich übernommen hat.»
    Sie begann unter seinem Arm zu schwanken.
    «Ich möchte zurück ins Bett. Mir schwindelt.»
    Es schien ihr große Schmerzen zu bereiten, als sie sich mit seiner Hilfe wieder auf dem Bett ausstreckte. Wahrscheinlich würde es noch Wochen brauchen, bis sie wieder auf den Beinen war.
    Nachdem er sie zugedeckt hatte, griff sie nach seiner Hand und presste sie mit unerwarteter Kraft.
    «Sag mir die Wahrheit, Phillip – wem haben sie den Kopf abgeschlagen?»
    Erschrocken sah er sie an.
    «Bitte, ich muss es wissen. – War es mein Vater?»
    Er zögerte.
    «Nein», sagte er dann. «Nicht dein Vater. Es war dein Bruder Bernward.»
    Da entrang sich ihrem Mund ein Aufschrei, der in verzweifeltes Schluchzen überging.
    «Weine nur, Antonia, weine nur.» Er kauerte sich neben sie auf den Bettrand, legte sein Gesicht an ihre Wange, streichelte ihr Haar, sprach dabei wirre Worte des Trostes und wünschte sich, nie wieder von ihrer Seite weichen zu müssen, sie ein Leben lang beschützen zu dürfen.
     
    Bedrückt schwang er sich wenig später in den Sattel. Ein letztes Mal sah er hinauf zu dem offenen Fenster ganz oben im Palas, in der irrwitzigen Hoffnung, ihr Gesicht dort zu entdecken.
    «Nun komm schon, Junge!» Ritter Wendel von Rothenbach gab ihm einen Klaps gegen die Schulter. «Wir sind spät dran.»
    Das Hufgetrappel hallte von den Mauern wider, als sie hintereinander durch das innere Burgtor trabten und die Vorburg durchquerten, die beiden Reisige vorweg, dann der Graf und der Ritter und am Ende Phillip mit dem Knecht, der das Packpferd mitführte. Die beiden Torwächter vor der mit Zinnen, Zugbrücke und Fallgittern bewehrten äußeren Toranlage traten zur Seite und hoben zum Gruß ihre Hellebarden.
    «Ich weiß zu schätzen», Phillip schloss zu Ritter Wendel und dem jungen Grafen auf, «dass Ihr eigens mir zuliebe den Umweg über

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