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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Schrullen. Beispielsweise die, ein Wettrennen zu veranstalten, wenn ihm ein langer Ritt zu eintönig wurde.
    «Warte, Junker Phillip. Lassen wir ein wenig Abstand zu den anderen.»
    Auch Phillips Rappe begann nun zu tänzeln, nachdem er ihn zum Stehen gebracht hatte.
    «Auf geht’s!»
    Wie zwei Pfeile schossen die Pferde vorwärts, wobei Phillip seinen Rappen vorerst zurücknahm und im Windschatten des Ritters galoppierte. Mochte er sich im Waffenhandwerk mitunter auch ungeschickt anstellen, so machte ihm beim Reiten keiner so schnell etwas vor. Dumpf trommelten die Hufe auf dem weichen Grasweg, während sie sich dicht hintereinander dem Hügel näherten. Als es schließlich bergauf ging, zog Phillip sein Pferd an der Kruppe des andern vorbei, legte sich flach auf den Hals des Tieres und feuerte es an. Rasch hatte er aufgeholt, Seite an Seite preschten sie nun vorwärts, Ritter Wendel lachte aus vollem Halse, wobei sich ihre Knie fast berührten.
    «Das schaffst du nicht!», schrie er und gab seinem Pferd erneut die Sporen. Aber es war noch ein ganzes Stück hügelaufwärts, und mochte Phillips Rappe vielleicht nicht die Muskelkraft des Ritterpferds haben, so war es doch ausdauernder und leichtfüßiger und hatte vor allem weitaus weniger Pfunde zu tragen.
    «Lauf, Schwarzer, lauf», flüsterte er ihm ins Ohr. Da legte das Tier noch einmal zu, und sie erreichten mit deutlichem Abstand als Erste den Baum.
    «Ich hätte es wissen müssen», keuchte Ritter Wendel, nachdem auch er die mächtige Kastanie erreicht hatte. «Zu meinem Glück haben wir nicht gewettet.»
    «Ihr habt mich gewinnen lassen, gebt es zu», erwiderte Phillip gutmütig.
    Wendel von Rothenbach grinste. «Jetzt freue ich mich jedenfalls auf einen knusprigen Braten und einen Krug Roten. Hier in der Gegend wächst ein guter Wein.»
    Ein kräftiger Wind kam auf und kühlte ihnen die erhitzte Stirn. Der Ritter wendete sein Pferd wieder. Am Fuße des Hügels tauchten die Grafen auf und winkten ihnen zu.
    «Na, hat das nicht gutgetan?»
    «Ja, das hat es.»
    Phillip fühlte sich nach diesem scharfen Ritt tatsächlich wohler in seiner Haut. Dankbarkeit stieg in ihm auf, darüber, wie gut er es mit seinem Dienstherrn getroffen hatte. Und auch mit der Herrschaft. Vor allem Graf Bernhard und sein Sohn Wilhelm hatten dafür gesorgt, dass Phillip sich rasch eingelebt hatte auf Neu-Eberstein. Wie viele Adlige von Rang hatten auch die Ebersteiner ihre Burg, die hoch über der Murg und dem Städtchen Gernsbach thronte, zu einem wahren Schloss ausgebaut – im Vergleich zu Holderstein mit gewaltigen Ausmaßen. Wenn sie nicht auf Reisen waren, bewohnte Phillip zusammen mit Ritter Wendel ein Häuschen neben dem Marstall. Er bediente ihn und die anderen Ritter bei Tisch, reichte ihnen die Wasserschale zum Fingerwaschen, kleidete seinen Herrn an oder rüstete ihn zum Turnier, pflegte seine Waffen und Pferde, erledigte Botengänge, ging ihm bei der Jagd zur Hand. Dabei wurde er keineswegs als untertäniger Knecht angesehen. Weder von Ritter Wendel noch von dem alten Grafenpaar, das einen überaus geselligen Umgang mit seinen Kindern, Bediensteten und zahlreichen Gästen pflegte.
    Auf Neu-Eberstein hielt man die alte Ritterherrlichkeit noch hoch, lud zu mehrtägigen Turnieren, bestellte Gaukler und Spielleute ein, vergnügte sich bei Falkenjagd und Tanzgesellschaften. Anlässe zu solchen Vergnügungen gab es genug, vor allem wenn Markgraf Philipp von Baden zu Gast war, mit dem man die Herrschaft gemeinsam und in Frieden regierte. Aber auch das Schöngeistige wurde kultiviert, mit Literatur und Musikvorträgen, im Winter zumeist in kleinerer Runde am Kaminfeuer der gräflichen Kemenate.
    Der alte Graf Bernhard, ein weithin berühmter Rechtsgelehrter, war ein gebildeter, besonnener Mensch, der erst gründlich nachdachte, bevor er sich ein Urteil bildete. Sechs Söhne und zehn Töchter hatte seine Frau Kunigunde ihm geschenkt. Sein ältester Sohn Wilhelm, den Phillip wie einen großen Bruder bewunderte, kam ganz nach dem Vater. Auch er hatte die Juristerei studiert. Schon wenige Monate nach seiner Ankunft auf Neu-Eberstein wurde Phillip zu jenen Kamingesprächen eingeladen, was seine Verbundenheit mit Graf Bernhard und Wilhelm noch festigte. Mit Erstaunen hatte er dabei festgestellt, dass man in dieser Familie den bahnbrechenden Gedanken Doctor Luthers nicht abgeneigt war. Vor allem Wilhelm war fast schon ein Verfechter der neuen Lehre zu nennen. Er war es auch gewesen, der

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