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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Mädchen beim ersten Mal erklärt. «Zum einen dient der Aderlass der Reinigung und Gesundheit des Leibes. Zum Zweiten wollen wir hiermit den sieben Blutvergießungen unseres Heilands gedenken. Nun aber werdet ihr euch fragen, warum so häufig? Dies ist der dritte und vielleicht gewichtigste Grund. Mit dem Aderlass reinigen wir Haupt und Glieder von kranken Phantasien. Gerade bei euch aufblühenden jungen Menschen muss den bösen Begierden der Leibeslust rechtzeitig Einhalt geboten werden.»
    Nach wie vor hatte Camilla von Grüningen wochenweise ihre Lieblinge unter den Novizinnen, an die sie ihre Belohnungen und Privilegien verteilte, während die anderen derweil gänzlich unbeachtet blieben. Nach Magdalena und Vrena war es plötzlich die kleine Dorothea, die mit der besonderen Gunst der Priorin bedacht wurde, dann erneut Antonias Schwester. Antonia selbst gehörte nie dazu, und sie merkte, wie es sie zu ärgern begann, dass sie auch nach Wochen nicht ein einziges Mal zu den Gesprächen im nahen Weinberg mitgenommen worden war. Die Priorin schien sie schlichtweg nicht wahrzunehmen. Nicht, dass sie sonderlich erpicht gewesen wäre auf einen Gedankenaustausch mit Camilla von Grüningen, von der sie wusste, dass sie vornehmstem deutschem Adel entstammte. Nein, ihr ging es einzig und allein um die kleine Freiheit, das Kloster verlassen und Gottes freie Natur genießen zu dürfen.
    «Was redet ihr da eigentlich immer im Weinberg?», fragte sie Vrena, als sie mit ihr gemeinsam den Abwasch beim Küchendienst zu verrichten hatte. «Du warst doch gestern mit Dorothea draußen?»
    «Na ja, es geht fast immer um dasselbe. Um die Anfechtungen im täglichen Leben, gerade von uns jungen Klosterfrauen. Du weißt schon – dass wir stets gegen unser Fleisch und Blut kämpfen müssen, gegen Begierde und Lust. Hättest mal sehen sollen, wie unsre kleine Dorothea rot wurde! Bis über beide Ohren! Richtig schlimm geschielt hat sie vor lauter Schamhaftigkeit. Dabei hat Mutter Camilla nur allzu recht: Das geistige Leben im Schutz unserer Gemeinschaft, der Rückzug hinter diese Mauern bewahrt uns vor einem der größten Übel, vor den Mannsbildern.»
    «Das hat die Priorin gesagt?» Antonia blieb vor Erstaunen der Mund offen stehen.
    Vrena stieß ein bitteres Lachen aus und goss frisches Wasser in das Spülbecken. «Nein, das sind meine Worte. Sie kann das viel bildhafter ausdrücken, wenn sie vom wüsten Leben dort draußen spricht, von all diesen Edel- und Eselsmännern, die ihren Schwanz nicht im Zaum halten können. Die auf sieben Äckern gleichzeitig säen, um hernach die Frucht ihrer Wollust zu verleugnen. Die damit einfältige und törichte Jungfrauen zu Huren machen und ins Unglück stürzen.»
    Ihre Stimme war rau geworden. So heftig bearbeitete sie die Essensnäpfe mit dem Spülschwamm, dass Antonia schon damit rechnete, sie würden entzweigehen.
    In dieser Nacht hatte Antonia von der Priorin geträumt. Sie war ihr im Kreuzgang begegnet, mit einem riesigen Aderlassmesser in der Hand, und als Antonia davonrennen wollte, hatte Camilla von Grüningen sie plötzlich an sich gepresst und ihr einen feuchten Kuss auf den Mund gedrückt. Voller Ekel war sie daraufhin erwacht.
    Nein, im Grunde durfte sie froh sein, dass sie so wenig mit dieser Frau zu tun hatte. Außerdem ging ihr die kindische Bewunderung, die die Mädchen der Priorin gegenüber an den Tag legten, gehörig gegen den Strich. Neuerdings wurden ihre Lieblinge sogar zu ihr in die Zelle eingeladen. Erst gestern war Antonia auf der Suche nach der Siechenmeisterin durch den Flur des Nonnenschlaftraktes gegangen und hatte hinter Camilla von Grüningens Tür Dorotheas Stimme gehört, begleitet vom glucksenden Lachen der Priorin.
    Diese Frau wurde ihr immer unerträglicher. Mit ihrer Frömmigkeit und ihrem Übereifer für den Ordensalltag, insbesondere für ihre «jungen Schützlinge», wie sie die Novizinnen nannte, schien sie Antonia so unecht wie ein Esel, der dem Vogel das Singen lehren wollte.
     
    Mitte August vermeldete die Äbtissin über einen Boten ihre baldige Heimkehr. Diese Nachricht stürzte das Kloster in hektische Betriebsamkeit. Überall wurde gefegt, geputzt, geräumt, Einkäufe wurden getätigt, schadhafte Kleidung geflickt, Leib- und Bettwäsche gewaschen. Selbst die Nonnen und Novizinnen wurden zu solcherlei Arbeiten herangezogen, und niemand murrte. Nur Camilla von Grüningen zeigte sich gereizt. Niemand konnte es ihr recht machen, und der unter Mutter Lucia

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