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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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mitgeteilt, dass sie, statt zu leiden, mehr als glückselig war. Dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis sie an Phillips Arm dieses Kloster verlassen und ein neues Leben beginnen würde.
    Von Agnes hatte sie in hämischen Worten erfahren, dass sie drei Tage im Loch verbringen sollte. Doch bereits am nächsten Vormittag erschien Camilla von Grüningen persönlich.
    «Ich denke, du hast genug gebüßt. Glaub nicht, dass ich mich nicht einfühlen könnte in euch junge Mädchen», ihre Stimme wurde plötzlich sanft, «die ihr mit euren erwachenden Trieben, dieser Geißel menschlicher Fleischlichkeit, allzu rasch ein Opfer teuflischer Verführung werden könnt. So will ich denn angesichts deines jugendlichen Alters im Namen des Herrn Gnade vor Recht ergehen lassen.»
    Sie streichelte Antonias Hand.
    «Schmerzt der Rücken noch sehr?»
    «Nein, Mutter Camilla.»
    «Das ist gut.» Die Priorin drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. «Und nun sei wieder aufgenommen in unsere Gemeinschaft. – Ach, da ist noch etwas. Die Äbtissin ist zurück. Besser, wir bewahren alle Stillschweigen über diese Sache.»

20 Abtei Marienau, September 1521
    D ie Äbtissin brachte von ihrer Reise die erstaunliche Nachricht mit, dass Martin Luther gar nicht ermordet sei, vielmehr versteckt gehalten an einem geheimen Ort. Dies indessen nicht von seinen Widersachern, sondern von einem unbekannten, mächtigen Freund und Unterstützer.
    Mit ihrer Rückkehr fand sich rasch wieder die alte Ordnung im Konvent ein und damit auch die Stille. Strenger denn je achtete Mutter Lucia darauf, dass das Schweigegelübde eingehalten wurde. Wer das Silentium ungerechtfertigt brach, wurde bestraft. Auch die Mahlzeiten wurden wieder kärglicher, die Nonnen durften das Kloster nicht mehr verlassen, die Novizinnen blieben unter sich, von ihrer Meisterin mit Argusaugen überwacht. Es hieß, Camilla von Grüningen sei vor versammeltem Konvent schwer gerügt worden. Auch wenn ihr als Priorin die Aufsicht über das Alltagsleben in der Klausur oblag, seien ihre Eigenmächtigkeiten hinsichtlich der Novizinnen zu weit gegangen.
    Antonias Erleichterung darüber, dass die Priorin in ihre Schranken verwiesen war, war gepaart mit einer guten Portion Schadenfreude. Alles nämlich, was diese Frau nach Gutdünken umgestaltet hatte, wurde nun wieder rückgängig gemacht. Für Antonia bedeutete dies allerdings, dass die Stunden im Kräutergarten ein Ende fanden und sie nachmittags wieder zu den anderen in die Arbeitsstube musste. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte sie das traurig gemacht. Doch sie schwebte noch immer so sehr über den Wolken, dass sie selbst bei den verhassten Handarbeitsstunden am liebsten gesungen hätte. Manchmal schloss sie dabei die Augen und sah Phillips Gesicht vor sich. Dann musste sie an sich halten, nicht beseelt zu lächeln. Nicht selten malte sie sich sogar aus, was geschehen wäre, wenn man sie nicht im Weinberg überrascht hätte. So sehr war sie mit sich selbst beschäftigt, dass sie gar nicht mehr wahrnahm, was um sie herum geschah.
    Doch als der Herbst einzog, wich ihr Hochgefühl schon bald banger Anspannung. Warum nur ließ Phillip nichts von sich hören? Etliche Wochen waren nun schon seit ihrem Beisammensein verstrichen. Wollte man ihn auf Neu-Eberstein nicht ziehen lassen? Oder hatte er womöglich vor seinem Vater einen Rückzieher gemacht?
    Ihr fiel ein, dass Phillip von einem Brief gesprochen hatte. Was konnte er damit nur gemeint haben? Der letzte Brief, den sie hier gemeinsam mit Magdalena erhalten hatte, war von seinem Vater gewesen und hatte die traurige Nachricht enthalten, dass Phillips Mutter friedlich und ohne Schmerzen entschlafen sei. Diesen Brief konnte er kaum gemeint haben, zumal das schon ein halbes Jahr her war. Jetzt ärgerte sie sich, dass sie im August, als Kilian und Ritter Markwart zu Besuch gekommen waren, mit einem Sommerkatarrh im Bett gelegen hatte.
    War Phillip womöglich – und dieser entsetzliche Gedanke suchte sie nun immer häufiger heim – etwas zugestoßen? Sie hätte nach Holderstein schreiben können, aber da alle Briefe aus dem Kloster der Priorin vorgelegt werden mussten, konnte sie sich die Mühe sparen. Im Übrigen hatte Camilla von Grüningen sie nie mehr auf jenen Vorfall im Weingarten angesprochen, und es schien, als hätte die Äbtissin tatsächlich nichts hiervon erfahren.
    Mehr und mehr verfiel Antonia wieder in die alten Grübeleien, fühlte sich eingesperrt, empfand das geistliche Leben als

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