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Die Himmelsbraut

Die Himmelsbraut

Titel: Die Himmelsbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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oberster Stelle standen, wenn die Klosterfrauen ihren eigenen Altar nicht berühren durften, geschweige denn ein geistliches Amt ausüben? Ja, nicht einmal um ihre wirtschaftlichen Belange durften sie sich selbst kümmern! Das Amt des Bursars, der Geld und Vermögen verwaltete, gab es nur in den Mönchsklostern. Hier war dies Sache der Männer von außerhalb des Konvents: des Schaffners, des Propstes, des Klostervogtes.
    Sie hatte sich schon zur Tür gewandt, als die Äbtissin sie zurückrief.
    «Warte – das hätte ich beinahe vergessen.» Sie zog zwei Papierrollen aus der Schublade ihres Schreibtisches. «Diese beiden Briefe sind für dich und Maria Magdalena. Von Burg Holderstein.»
    Augenblicklich begann Antonias Herz schneller zu schlagen. Damit hatte sie am allerwenigsten gerechnet. Sollte das der Brief sein, von dem Phillip geredet hatte? Aber warum kam er so spät? Hatten die Priorin oder die Äbtissin ihn etwa zurückgehalten?
    Sie murmelte einen Abschiedsgruß und hastete, die Papierrollen fest an die Brust gedrückt, zurück ins Novizenhaus. Dort, im Flur vor der Arbeitsstube, sammelten sich ihre Gefährtinnen gerade zur Handarbeitsstunde, und so übergab sie ihrer Schwester dasjenige Schreiben, auf dem außen ihr Name stand. Magdalenas Gesicht zeigte keine Regung, als sie es in ihre Schürzentasche steckte.
    Antonia zögerte. Von ihrer Novizenmutter war noch nichts zu sehen. So trat sie hinaus in den Kreuzgang und verbarg sich in einer der Nischen, in denen die Lesebänke eingelassen waren. Mit zitternden Fingern entrollte sie das Papier, dessen Siegel wie zu erwarten bereits erbrochen war, und ihr Auge flog über die Zeilen hinweg zu der schwungvollen Unterschrift. Zu ihrer großen Enttäuschung war der Brief von Ritter Markwart.
    Gott zum Gruße, meine liebe Antonia!
    Verzeih mir, dass ich jetzt erst von mir hören lasse. Aber mein Augenlicht wird immer schlechter und die Mühe, zu schreiben, immer größer. Auch plagen mich nun allerlei Zipperlein des Alters, die es mir vergällen, auf lange Reisen zu gehen. So ist der Weg nach Breisach doch recht weit, und du musst mir nachsehen, dass ich euch seit vergangenem Sommer, als du krank darniederlagst, nicht wieder besucht habe. Doch mit eurer Äbtissin bin ich weiterhin im steten Briefkontakt, da mir viel an eurem Wohlergehen liegt. Lucia Störkin schreibt übrigens immer voller Anerkennung von dir. Sie lobt deinen wachen Geist, deine Herzensgüte, deine Geduld. Erst recht die Kraft, mit der du den Verlust deiner Familie damals überwunden hast, ohne dich in Verzweiflung zu verlieren.
    Vor allem Letzteres beruhigt mich sehr, denn wie du weißt, standen mir deine Eltern – Gott hab sie selig! – sehr nahe. Jetzt, im fortgeschrittenen Alter, denke ich immer häufiger an sie und an deinen Bruder. Sie alle werde ich, wie auch mein liebes Eheweib, wohl bald schon wiedersehen.
    Sollte sich unser beider Weg auf dieser Welt nicht noch einmal kreuzen, so bitte ich dich inständig: Behalte mich in guten Gedanken und bete für mich. Ich mag vieles falsch gemacht haben im Leben, doch war ich immer bemüht – auch für dich –, die richtigen Entscheidungen zu fällen. Und glaube mir, es waren nicht immer leichte Entscheidungen.
    Zum Abschluss möchte ich dir noch Neues über deinen Freund Phillip berichten – er hat eine Jungfer aus gräflichem Hause kennengelernt, ein braves, bescheidenes Mädchen. Sie ist eine der Töchter der Ebersteiner, und so Gott will, werden sie sich bald vermählen.
    In Gedanken werde ich ganz bei dir sein, am Sonntag nach Sankt Silvester, wenn du und deine Schwester eure Profess ablegen werdet. Wenn du diesen Brief liest, wird es schon bald so weit sein. Ich werde an diesem Tag in unserer Dorfkirche eine Messe lesen lassen für euch und mit euch sein bei diesem wichtigsten Schritt in eurem Leben.
    Gott schütze dich und segne dich, meine liebste Antonia, und bleibe allzeit gesund.
    Ritter Markwart von Holderstein, im December anno
1521
.
    Mit brennenden Augen riss Antonia das Papier in Fetzen. Ihre anfängliche Rührung über die Selbstzweifel Ritter Markwarts war einer schier unerträglichen Wut gewichen. Sie fühlte sich verspottet vom Schicksal, durch und durch betrogen von ihrem Muntherrn und zuallermeist von Phillip. Wie hatte sie nur so dumm sein können, seinen Liebesschwur ernst zu nehmen? Zu glauben, er würde sie zur Frau nehmen? Selbst wenn er im Sommer noch nicht näher bekannt gewesen sein sollte mit dieser Grafentochter,

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