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Die Himmelsleiter (German Edition)

Die Himmelsleiter (German Edition)

Titel: Die Himmelsleiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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solches System kreativ . Es war, als ob es lebte.
     
    Als Altomonte mir am nächsten Tag von dem ersten Treffen der Gruppe berichtete, glänzten seine Augen.
    E r hatte mich am Mittag aus meinem nur wenige Stunden alten Schlaf gerissen. Und als ich mit schwerem Kopf in die Helle dieses Frühsommertages blinzelte, war ich froh, dass Alessandra mein Angebot abgelehnt hatte und nach Hause gegangen war, um sich dort von der durchwachten Nacht zu erholen. Es klingt seltsam, aber ich hätte mich so ertappt gefühlt, als hätte er mich in flagranti mit seiner eigenen Freundin erwischt. Tief in mir meinte ich, sein Vertrauen missbraucht oder zumindest eine kleine Unaufmerksamkeit schamlos ausgenutzt zu haben.
    Ich wei ß nicht, ob er etwas ahnte, als er sich auf meine durchgelegene Matratze setzte und mich heftig schüttelte. Irgendwelche sichtbaren Spuren hatte diese Nacht nicht hinterlassen. Meine Klamotten lagen wie immer auf dem Boden verstreut, und in den Holzkisten, die mir als Regale dienten, standen zwischen Büchern und Zeitschriften die üblichen leeren Weinflaschen und halb abgebrannten Kerzen.
    So sehr jeder von uns das Bed ürfnis hatte, seine Freude mit dem anderen zu teilen, so wenig wollte uns das gelingen. Nur schwer konnte man jemandem etwas abgeben, wenn dieser selbst so voll davon war.
    Begeistert erz ählte Altomonte von seinen Mitstreitern, nannte Namen, die ich gleich wieder vergaß, schwärmte von Projekten und Experimenten, von den tausend Ideen, die seine Phantasie bevölkerten. Ich dagegen fieberte nur einer günstigen Gelegenheit entgegen, um von der Vollversammlung zu berichten, der Universitätsbesetzung, von dem, was sich zwischen Alessandra und mir anbahnte. Obwohl ich die entscheidenden Details ausließ, wollte ich keinen Zweifel aufkommen lassen, dass das vormals gemeinsame Objekt der Begierde mir jetzt alleine zustand.
    Das alles stand pl ötzlich zwischen uns. Es war, als habe am Vorabend jeder von uns eine folgenschwere Entscheidung getroffen.

SUCHET , SO WERDET IHR FINDEN
     
    Quarendo invenietis
     
    So oft ich meine Tabaks Pfeife
    mit gutem Knaster angefüllt,
    zur Lust und Zeitvertreib ergreife,
    so gibt sie mir ein Trauerbild -
    und füget diese Lehre bei,
    dass ich derselben ähnlich sei.
     
    Die Pfeife stammt von Ton und Erde,
    auch ich bin gleichfalls draus gemacht,
    auch ich muß einst zur Erde werden,
    sie fällt und bricht, eh ichs gedacht
    mir oftmals in der Hand entzwey
    mein Schicksal ist auch einerley.
     
    Die Pfeife pflegt man nicht zu färben
    sie bleibet weiß. Also der Schluß,
    dass ich auch dermaleins im Sterben
    dem Leibe nach erblassen muß
    im Grabe wird der Körper auch -
    so schwarz wie sie nach langem Brauch.
     
    Wenn nun die Pfeife angezündet
    so sieht man, wie im Augenblick -
    der Rauch in freier Luft verschwindet
    nichts als Asche bleibt zurück,
    so wird des Menschen Ruhm verzehrt -
    und dessen Leib in Staub gekehrt.
     
    Wie oft geschiehts nicht bei dem Rauchen
    dass wenn der Stopfer nicht zur Hand
    man pflegt den Finger zu gebrauchen
    dann denk ich, wenn ich mich verbrannt:
    O macht die Kohle solche Pein!
    Wie heiss mag erst die Hölle sein?
     
    Ich kann bey so gestallten Sachen
    mir bei dem Taback jederzeit
    erbauliche Gedanken machen.
    Drum schmauch ich voll Zufriedenheit
    zu Land - zu Wasser und zu Haus
    mein Pfeifchen stets in Andacht aus.
     
    (Johann Sebastian Bach)
     
    Das Telefon, das ich auf dem Scho ß wie eine kranke Katze gestreichelt hatte, klingelte erst am nächsten Morgen. Aber es war Liepman, der mir weiterhalf, und nicht meine schöne Unbekannte - tatsächlich, daran, dass sie schön war, zweifelte ich keinen Augenblick.
    Altomontes rechte Hand, der verschwundene Amerikaner, hatte eine Schwester in Biel. Das war die Kurzfassung dessen, was mir Liepman m ühsam zu erklären versuchte. Ich stellte ihn mir vor, wie er an seinem Schreibtisch schwitzte, stündlich von seiner Frau mit Unmengen Kaffee und kleinen Happen versorgt wurde und die Kinder verscheuchte, die regelmäßig wie Meeresbrandung durch sein Arbeitszimmer schwappten.
    Zwei Stunden sp äter war ich da. Vielleicht lag es an meiner Untätigkeit, zu der ich zu lange verdammt gewesen war, vielleicht haben wir Nicht-Schweizer ein besonderes Verhältnis zu diesem Land. Klammert man den italienischsprachigen Teil aus, der hinter hohen Pässen zu einem anderen Kontinent zu gehören scheint, so meint man, die Spielzeuglandschaft einer Modelleisenbahn vor sich zu haben.
    Aus Genf

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