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Die Himmelsleiter (German Edition)

Die Himmelsleiter (German Edition)

Titel: Die Himmelsleiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Lalli
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etwas heraus." Sie machte keine Anstalten, ihre Hand zur ückzuziehen.
    "Machen Sie sich keine Sorgen, Karen." Etwas Besseres fiel mir nicht ein. Dann f ügte ich noch ein paar Floskeln hinzu, die beruhigend wirken, aber vor allem den Augenblick hinausschieben sollten, an dem die pochende Verbindung zwischen uns wieder abrisse.
    "Ich habe Angst, dass ihm etwas zugestoßen ist", sagte sie leise. Zögernd, fast bedauernd trennten wir uns.
    Auf dem Weg zu meinem Mietwagen kamen mir ihre Zwillinge entgegen. Sie waren j ünger als ich sie mir vorgestellt hatte.
    Anstatt zur ück ins Hotel zu fahren, verließ ich in Genf die Autobahn Richtung Flughafen. Gleich dahinter bog ich nach Westen ab. Schon nach wenigen Kilometern stellte ich den Wagen auf dem Besucherplatz des European Laboratory ab.
    Obwohl ich nicht zum ersten Mal hier oben stand, war ich erneut von der Unauff älligkeit der Anlage überrascht. Eine Forschungseinrichtung von Weltrang wie diese muss irgendwie beeindruckender, gewaltiger sein - ein Gefühl, das sich ohne mein Zutun aufdrängte, so als spiegelte sich Autorität zwangsläufig in der äußeren Erscheinung wider.
    Stattdessen versanken wenige flache Bauten im dichten Nadelwald. Nur den wissenden oder wenigstens aufmerksamen Beobachter befiel eine Vorstellung der tats ächlichen Größe des Komplexes, wenn irgendwo unverhofft das Rot eines Ziegeldachs, die weiße Wand einer Halle oder eines Schuppens durch das Grün brachen oder ein Sonnenstrahl in einem unsichtbaren Fenster aufblitzte. Es gab nichts, was den eigentlichen Zweck der Anlage verraten hätte. Wäre nicht das meterhohe Schild am Ende der Zufahrt gewesen, das bekannte Symbol mit dem verschlungenen Ring, der zufällige Besucher hätte vielleicht auf ein großes Sanatorium getippt, eine Rehabilitationseinrichtung für geistig und körperlich Behinderte oder ein modernes psychiatrisches Krankenhaus.
    Fast schien es Absicht, eine sorgsam kalkulierte Unauff älligkeit. Nicht umsonst bestand ein Großteil der Anlage aus endlosen in den Granit des Berges gesprengten Labyrinthen: hell erleuchtete sterile Gänge, Maschinenräume aller Art, kathedralenartige Detektorhallen mit mehreren Stockwerke hohen Apparaturen, aus denen armdicke Kabelbündel wie Haarbüschel heraushingen. Und nicht zu vergessen das Herz der Anlage, der Kilometer durchmessende Beschleunigerring. Ein kreisrunder Tunnel, dem man stundenlang folgen konnte, ohne das Gefühl zu haben, im Kreis gegangen zu sein.
    An der Pforte mu sste ich warten. Die Ausweisprozedur dauerte länger als sonst. Außer dem Foto musste jetzt auch ein Metallstreifen in die Hülle eingeschweißt werden. Bell wollte mich persönlich abholen. Auf gut Glück hatte ich ihn von der letzten Raststätte aus angerufen und war erstaunt gewesen, als er sagte, er könne etwas Zeit für mich erübrigen.
    Mittag war zwar schon lange vor über, aber da er noch nicht dazu gekommen war und auch mein Hunger sich schon eine Weile nachhaltig zu Wort meldete, gingen wir zuerst in die Kantine. Überall wurden wir freundlich und respektvoll gegrüßt, und ich bekam einen Eindruck von der Position meines Begleiters.
    Bell war eine Managerpers önlichkeit Mitte Fünfzig. In seinem dunkelblauen Anzug, gebräunt und selbstsicher hätte er in die Vorstandsetage jedes beliebigen Unternehmens gepasst. Nur sein weißes Haar war etwas zu lang, noch voll fiel es ihm ungeordnet in die Stirn. Er schien um den Ruf der Einrichtung besorgt. Gerade jetzt, wo die Bewilligung der Mittel für den Ausbau den Zyklotrons unmittelbar bevorstehe, eine Summe in Milliardenhöhe, sei eine solche Publicity höchst schädlich, sagte er. Er hoffe nicht, dass auch ich in das gleiche Horn zu blasen gedächte. Ich beruhigte ihn und versicherte, mir liege die Aufklärung des Unfalles vor allem aus privaten Gründen am Herzen.
    Was er von Altomonte erz ählte, hinterließ einen zwiespältigen Eindruck. Über alle Details des fraglichen Experiments hatte ihn dieser offenbar nicht informiert, und während die Polizei ermittelte, konnte von Seiten des Instituts wenig zur Klärung des Unglücks unternommen werden. So sehr Bell meinen früheren Freund und Wegbegleiter fachlich zu schätzen schien und dessen Leistungen wohl nicht zuletzt deshalb anerkannte, weil sie seine eigene Reputation vergrößerten, meinte ich, aus seinen Worten auch Verärgerung herauszuhören, Unmut über den Stil, mit dem Altomonte seit der Verleihung des Nobelpreises mit ihm und den anderen

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