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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Dorfes bedeutet hätte. Selbst diesen Kampf gewannen sie nur knapp und wahrscheinlich nur, weil es in den letzten Tagen so heftig geregnet hatte und der Wald mit Feuchtigkeit getränkt war wie Moos, das drei Tage im Wasser gelegen hatte. Unterholz und Blätter waren einfach zu nass, um richtig zu brennen.
    Schließlich versagten Arris Kräfte endgültig. Jemand reichte ihr einen gefüllten Eimer, aber ihre tauben Finger waren nicht mehr in der Lage, ihn zu halten. Der geflochtene Henkel entglitt ihr, und der Eimer fiel zu Boden und ergoss seinen Inhalt über den aufgeweichten Morast, und im nächsten Moment sank auch Arri auf die Knie und dann kraftlos nach vorn. Es gelang ihr, den Sturz mit ausgestreckten Armen aufzufangen, aber ihre verkrampften Muskeln waren nicht mehr in der Lage, das Gewicht ihres Körpers in die Höhe zu stemmen. In ihren Ohren rauschte das Blut. Ihr war übel, und wenn sie die Augen schloss, dann drehte sich die Dunkelheit hinter ihren Lidern immer rascher.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    Die Stimme drang so dumpf und verzerrt an ihr Bewusstsein, als hätte sie Wasser in den Ohren. Mit einiger Mühe gelang es ihr, die Lider zu heben, aber das Gesicht, in das sie emporblickte, trieb immer wieder vor ihren Augen auseinander und brach in Stücke, wie eine Spiegelung auf bewegtem Wasser. Sie wollte nicken, aber selbst dafür fehlte ihr die Kraft. Das Gesicht trieb noch einmal auseinander und setzte sich dann endgültig zu dem eines dunkelhaarigen Burschen mit breiter Nase und einem löcherigen Bart zusammen.
    Rahn. Abgesehen von Sarn wohl der Mensch, den sie im Moment am allerwenigsten sehen wollte.
    Ihr Stolz reichte allerdings nicht so weit, dass sie die Hand ausschlug, die er ihr hinhielt, um ihr beim Aufstehen behilflich zu sein. Kaum allerdings stand sie wieder auf den Beinen (und hatte sich davon überzeugt, dass sie es auch tatsächlich aus eigener Kraft konnte), zog sie mit einem Ruck die Hand zurück und funkelte den Fischer an. »Es geht schon«, schnappte sie. Mit einer winzigen Verzögerung, aber deutlich widerwilliger fügte sie hinzu: »Danke.«
    Rahn reagierte ganz anders, als sie erwartet hätte. Der Blick, mit dem er sie maß, wirkte allenfalls belustigt, zu Arris Ärger aber auch ganz eindeutig ein wenig mitleidig.
    »Wo ist meine Mutter?«, fauchte sie. Als ob ausgerechnet Rahn das wüsste! Es war einfach das Erste, was ihr eingefallen war.
    »Wahrscheinlich ist sie damit beschäftigt, sich anzusehen, welches Unheil sie diesmal angerichtet hat«, antwortete eine Stimme, von der Arri erst nach einigen Augenblicken begriff, dass es nicht die Rahns war. Noch etliche Atemzüge mehr brauchte sie, um die nötige Kraft zusammenzukratzen, den Kopf zu drehen und in das faltige Gesicht des Besitzers dieser Stimme zu blicken.
    »Ich kann nur hoffen, dass sie nicht zu enttäuscht ist«, fuhr Sarn fort. »Immerhin ist es uns gelungen, das Allerschlimmste zu verhindern und wenigstens das Dorf zu retten.«
    Arri war sich nicht ganz sicher, ob sie über diese Worte wirklich nachdenken wollte, geschweige denn, sie verstehen. Ihr lag eine ganze Menge auf der Zunge, was sie dazu sagen konnte, aber sie war in diesem Moment - glücklicherweise - einfach zu benommen, um auch nur einen Ton herauszubringen. Sie starrte den Schamanen einfach nur an.
    Immerhin fiel ihr auf, dass Sarn kein bisschen anders aussah als sonst - ein dürrer, alter Mann, der ein ausgemergeltes und von Falten zerfurchtes Gesicht mit einem sorgfältig gestutzten Bart und bis auf die Schultern fallendes, strähniges graues Haar hatte und stets wie unter einer unsichtbaren Last nach vorn gebeugt dastand. Sein Wickelgewand und der buntfarbene Umhang waren schmutzig und an zahllosen Stellen geflickt, doch weder an seinen Kleidern noch auf seinem Gesicht oder seinen Händen war Ruß, und sein Gesicht glänzte auch nicht vor Schweiß, noch war er außer Atem und so vollkommen erschöpft wie alle anderen hier. Seine Beteiligung an den Löscharbeiten hatte sich offensichtlich auf reines Zusehen beschränkt.
    Arri hütete sich, eine entsprechende Bemerkung zu machen, doch allein der Blick, mit dem sie den Dorfältesten maß, schien verräterisch genug zu sein, denn sein Gesicht verdüsterte sich noch weiter, und in seinen vom Alter trüb gewordenen Augen blitzte es wütend auf. »Was starrst du mich so an, Hexenkind?«, zischte er.
    Arri schwieg noch immer beharrlich, aber sie bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Rahn ein Stück von ihr

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