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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Klinge empor, strichen über den wuchtigen, aus dem gleichen Metall gefertigten Griff, und hielten schließlich inne, bevor sie den bunten, kunstvoll gestalteten Knauf berührten.
    So sonderbar das Schwert an sich schon war, die runde Metallscheibe an seinem oberen Ende war noch viel sonderbarer. Sie hatte den Durchmesser von drei oder vier nebeneinander gelegten Fingern und bestand aus einem dunkelgrünen Material, bei dem es sich weder um Metall noch um Stein zu handeln schien, auch wenn es mindestens ebenso hart war. In die glatte Oberfläche waren verwirrende Symbole eingelassen; Radkreise, Punkte und Linien, die ein bestimmtes Muster zu bilden schienen, das Arri zwar nicht erkennen konnte, von dem sie aber ganz deutlich spürte, dass es da war. Und allein der Blick ihrer Mutter machte ihr klar, dass es sich dabei nicht nur um ein Schmuckstück oder Zierrat handelte. Jeder Kreis aus grünem und gelbem Metall, welches die Sonne manchmal so grell widerspiegelte, dass der Anblick in den Augen schmerzte, bedeutete etwas. Und da sie spürte, dass ihre Mutter ganz genau diese Frage von ihr erwartete, hob sie schließlich abermals den Kopf und stellte sie ihr. »Was bedeutet das?«
    »Das«, antwortete ihre Mutter ernst, »ist es, was Nor als Mitgift von mir fordert.«
    »Dein Schwert?«, fragte Arri verwundert.
    Lea schüttelte heftig den Kopf, antwortete aber trotzdem: »Ja. Er will auch das Schwert. Aber viel mehr noch will er das, was es bedeutet. Es ist das Geheimnis meiner Macht. Dein Erbe, Arianrhod.«
    Arri schauderte. Es war das zweite Mal binnen kurzer Zeit, dass ihre Mutter sie mit ihrem wirklichen Namen ansprach, und dass sie es gerade jetzt und in diesem Moment tat, war ganz gewiss kein Zufall. Plötzlich spürte sie, dass sie einen sehr wichtigen Augenblick erlebte, vielleicht den wichtigsten überhaupt bisher, und auch wenn sie immer noch nicht verstand, was hier eigentlich vor sich ging, ließ sie doch allein diese Erkenntnis noch einmal und viel heftiger erschauern. »Hast du mich deshalb gestern mit. mit in den Wald genommen?«, fragte sie zögernd.
    »Ich werde dich lehren, dieses Schwert zu gebrauchen«, antwortete ihre Mutter. Seltsam - Arri war beinahe sicher, dass sie damit mehr meinte, als diese Klinge wie ein Krieger zu führen und sich damit ihrer Feinde zu erwehren. »Ich hätte längst damit beginnen müssen. Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät. Ich habe wirklich geglaubt, es könne immer so weitergehen. Aber es geht nie immer so weiter. Die Welt dreht sich, und die Götter und ihre Hohepriester treiben ihr Spiel mit uns.«
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Arri.
    »Und wie auch?«, gab ihre Mutter zurück. Plötzlich hörte sie sich traurig an. »Ich hätte dir längst so vieles sagen sollen, aber manchmal tun Erinnerungen weh, weißt du, und manchmal ist es leichter, einfach die Augen zu schließen und sich selbst einzureden, dass alles nur ein böser Traum ist, aus dem man irgendwann schon noch erwachen wird.«
    Betroffen von der sonderbaren Mischung aus Trauer und quälenden Selbstzweifeln in der Stimme ihrer Mutter, wagte es Arri nicht, auch nur eine der zahllosen Fragen zu stellen, die ihr plötzlich auf der Seele brannten. Stattdessen griff sie - sehr vorsichtig - mit beiden Händen nach dem Schwert und hob es auf die gleiche Weise hoch, wie ihre Mutter es zu tun pflegte; ihre Rechte schloss sich um den lederbezogenen Griff, der sich ganz anders als die Klinge anfühlte, zwar ebenso hart, zugleich aber so anschmiegsam, als wäre er eigens für sie angefertigt worden. Ihre Linke umfasste vorsichtig die rasiermesserscharfe Schneide, und sie spürte einen dünnen, brennenden Schmerz, obwohl das Metall ihre Haut nicht einmal ritzte. Erneut glaubte sie das gewaltige Geheimnis zu spüren, das diesem Schwert innewohnte und das weit über seine bloße Zerstörungskraft und Gefährlichkeit hinausging.
    »Sei vorsichtig damit«, mahnte ihre Mutter, nun aber in jenem sanften, mütterlichen Ton, der Arri meist wütend machte, gab er ihr doch das Gefühl, ein kleines Kind zu sein, dem man bei jedem Handgriff sagen musste, was gut für es war und was nicht.
    Unendlich behutsam hob sie das Schwert hoch. Es war viel leichter, als sie erwartet hatte - die schweren, großen Klingen, die Nors Krieger trugen, waren um einiges kürzer, dafür aber mindestens dreimal so dick und plump, und mussten das Doppelte wiegen, wenn nicht mehr -, und als sie auf ein weiteres aufforderndes Nicken ihrer Mutter hin
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