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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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konnte sie rasch genug behandeln. Du wirst keine Narben zurückbehalten, und wenn, dann zumindest keine, die dich behindern. Aber Brandwunden sind sehr, sehr schmerzhaft. Ich wollte nicht, dass du unnötig leidest.«
    Seltsam - Arri spürte, dass das zugleich die Wahrheit war wie auch nicht. Sie blickte nachdenklich auf ihre dick verbundene rechte Hand hinab - der jähe Schmerz war erloschen, aber Leas Berührung hatte einen anderen, älteren Schmerz darin geweckt, der vielleicht die ganze Zeit über da gewesen war, den sie aber nicht bemerkt hatte und der nun im Takt ihres Herzens darin klopfte und pochte -, dann drehte sie sich mühsam auf der Bank um und sah zu den Bergen zurück, die nun fast so weit entfernt waren wie an dem Tag ihres Aufbruchs. »Du hättest mich nicht drei Tage lang schlafen lassen dürfen«, sagte sie vorwurfsvoll.
    »Hättest du lieber drei Tage lang vor Schmerzen geschrien?«, gab ihre Mutter unerwartet scharf zurück. »Wie kommt es eigentlich, dass ich mich immer verteidigen muss, wenn ich versuche, dir etwas Gutes zu tun?«
    Vielleicht, weil es selten vorkommt und sich oft genug als das Gegenteil herausstellt, dachte Arri. Sie hütete sich, diesen Gedanken laut auszusprechen, aber ihre Mutter schien diese Antwort dennoch irgendwie zu spüren, denn ihr Gesicht verdüsterte sich noch weiter, und ihre Stimme wurde nun so kühl, als spräche sie über ein krankes Tier; noch dazu über eines, das jemandem gehörte, den sie eigentlich nicht leiden konnte. »Die Wunde ist mittlerweile weit genug verheilt. Schon sehr bald geht die Sonne unter, dann rasten wir, und ich werde den Verband entfernen. Es ist deine Entscheidung, ob ich ihn erneuere oder du lieber Schmerzen leiden und eine Narbe behalten willst.«
    Arri schwieg auch dazu; nicht nur, weil sie sich noch viel zu elend und schwach fühlte, um sich auf einen Streit mit ihrer Mutter einzulassen, sondern auch, weil sie sich selbst sagte, dass sie sich reichlich undankbar benahm. Ganz gleich, welche Gründe Lea wirklich dafür gehabt haben mochte - sie hatte ihr eine sehr unangenehme Zeit erspart.
    Was nichts daran änderte, dass es immer noch mindestens zwei Fragen gab, die ihre Mutter ihr bisher ganz bewusst nicht beantwortet hatte. Doch statt sie jetzt - sie spürte, dass es der falscheste aller nur denkbaren Augenblicke gewesen wäre - anzusprechen, glitt sie nur ein kleines Stück auf der Bank von ihr weg und sah dann lange und nachdenklich an sich herab. Auch ihre linke Hand war verbunden, wenn auch nicht so dick wie die rechte, sodass sie zumindest die Finger ein wenig bewegen konnte, und sie spürte weitere, zum Teil zwickende Verbände unter ihren Kleidern. Ihre Mutter hatte ihren Rock und ihre Bluse geflickt, und wenn man bedachte, dass sie es vermutlich in großer Hast getan hatte, war das Ergebnis sogar erstaunlich gut. Dennoch verdüsterte sich Arris Gesicht beim Anblick des dünnen Lederriemens, der ihren Rock jetzt bis zum Saum hinab zusammenhielt, und vor allem bei der Erinnerung daran, wie dieser Riss zustande gekommen war. Und diesmal musste Lea sicherlich nicht über irgendwelche außergewöhnlichen Fähigkeiten verfügen, um ihre Gedanken zu lesen.
    »Deine anderen Verletzungen sind nicht schlimm«, sagte sie unaufgefordert. Arri sah sie zweifelnd an, und Lea fuhr mit einem unechten Lachen fort, das kein bisschen überzeugend wirkte: »Es sind nur Schrammen und Kratzer, die verschwinden. Keine Sorge.«
    »Der. der Krieger.«, begann Arri. Ihre Stimme versagte, aber Lea erriet, wie der Satz hätte weitergehen sollen. Vermutlich hatte sie die ganze Zeit darauf gewartet, dass ihre Tochter eine entsprechende Frage stellte.
    Sie schüttelte den Kopf. »Keine Angst. Er hat dich verletzt, aber es ist nicht schlimm.«
    »Hat er.«, begann Arri, wurde aber erneut und von einem diesmal heftigeren Kopfschütteln unterbrochen. »Nein, das hat er nicht«, sagte Lea in verändertem und plötzlich - Arri konnte sich nicht erklären, warum, aber es war so - fast angriffslustigem Ton. »Mach dir keine Sorgen. Dein heiligstes Gut ist unversehrt.«
    Arri war verwirrt. Für einen Moment konnte sie ihre Mutter nur hilflos ansehen. Es war nicht das erste Mal, dass Lea so scheinbar grundlos hitzig und abfällig reagierte, wenn sie über das sprachen, was doch ihren eigenen Worten zufolge eigentlich fast zu dem Schönsten im Leben einer Frau gehören sollte, und sie verstand dieses sonderbare Benehmen immer weniger, zumal in dieser Lage, wo ihre

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