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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aufrechterhalten konnte.
    Das Schlimme war, dass sie ihm auch diesmal insgeheim Recht geben musste. Es war ihre Mutter gewesen, die ihr Wort gebrochen hatte, nicht er. Was hatte sie zur Sarn gesagt, als er sie aufgefordert hatte, sich zu ergeben? Mein Wort gilt nicht? Arri hatte es für eine Finte gehalten, und wahrscheinlich war es das auch, aber vielleicht nicht nur. Was, wenn Lea in diesem Augenblick zum ersten Mal die Wahrheit gesagt hatte und ihr Wort wirklich nicht galt?
    Natürlich war das Unsinn.
    Arri schämte sich ihres eigenen Gedankens. Aber einmal gedacht, nahm er Bestand an, und auch wenn sie ihn mühsam niederkämpfte, so saß er doch wie ein Stachel in ihrer Seele und begann schon jetzt, ihre Gefühle zu vergiften. »Was willst du von mir, verdammt?«, fuhr sie ihn an.
    Statt direkt zu antworten, blickte Rahn sie nur einen weiteren Moment lang auf diese unentschlossene, aber auch mehr denn je enttäuschte Weise an, dann hob er die Schultern, seufzte leise und glitt in der Hocke ein kleines Stück von ihr zurück. Seine linke Hand kroch unter den Umhang, den er sich lose um die Schultern geworfen hatte, und kam gleich darauf mit einem gut faustgroßen Beutel aus Leder wieder hervor. Als er ihn zu Boden setzte, hörte Arri das Geräusch von Wasser, das ihren Durst sofort wieder anfachte.
    Rahn machte jedoch keine Anstalten, ihre Schale noch einmal zu füllen, was sie insgeheim beim Anblick des Wasserbeutels gehofft hatte. Stattdessen griff er noch einmal unter seinen Mantel und zog ein unordentlich zusammengeknülltes Tuch hervor, das er mit dem mitgebrachten Wasser tränkte, bevor er den Beutel sorgfältig wieder verschloss. Arri sah mit wachsender Verwirrung zu, wie er sich wieder vorbeugte und dann mit dem nassen Tuch über ihr Bein zu streifen begann. Die bloße Berührung tat schon wieder so weh, dass sie die Zähne zusammenbiss, aber es verging nur ein kurzer Augenblick, bis das kalte Wasser seine Wirkung zeigte: Der Schmerz erlosch nicht, wurde aber erträglicher, und sie fühlte, wie sich die verkrampften Muskeln in ihren Beinen ganz allmählich zu lockern begannen.
    Rahn beließ es allerdings nicht dabei, nur ihr geschundenes Knie zu säubern und gleichzeitig zu kühlen. Als er damit fertig und offensichtlich mit den Ergebnissen seiner Bemühung zufrieden war, befeuchtete er das Tuch neu und säuberte ihren Unterschenkel bis zum Knöchel hinab, und dann machte er sich daran, auch ihr Bein oberhalb des Knies zu säubern. Was er sah, schien ihm ganz eindeutig zu gefallen, obwohl ihr Knie hässlich angeschwollen war und ihre Haut nicht nur hoffnungslos verdreckt und zerschunden und mit zahllosen Schrammen, Kratzern und verschorften Wunden übersät war und sie noch dazu so erbärmlich roch, dass es ihr selbst unangenehm war. Seine Bewegungen wurden sanfter. Seine Finger strichen wie zufällig über ihre Haut, während er mit dem Tuch kleine, kreisende Bewegungen über ihren Unterschenkel vollführte und dabei immer höher fuhr und so tat, als wolle er den Schmutz von ihrer Haut waschen. Und da war etwas in seinen Augen, was Arri zugleich erschreckte, wie es ihr auch auf eine Art gefiel, die sie noch viel mehr erschreckte.
    Natürlich wäre Rahn nicht Rahn gewesen, wäre da nicht ein lüsternes Funkeln gewesen. Aber gleichzeitig war da noch mehr. Etwas, das sie bisher allenfalls an Dragosz gesehen hatte - wobei sie nicht einmal sicher war, dass es tatsächlich da gewesen war oder sie es nur gesehen hatte, weil sie es hatte sehen wollen.
    Aber doch nicht. Rahn!
    Arri verscheuchte nicht nur fast erschrocken den Gedanken, sondern schlug auch mit einer übertrieben zornigen Bewegung seine Hand beiseite. »Lass das!«, sagte sie scharf. »Wenn du mich anrührst, werde ich schreien!«
    »Um was zu erreichen?«, fragte Rahn beleidigt, zog aber trotzdem gehorsam die Hand zurück, klaubte dann nach einem weiteren Moment, in dem er sie ebenso kühl wie abfällig gemustert hatte, Wasserbeutel und Lappen auf und wich mit einer ungeschickt aussehenden, froschartigen Bewegung in der Hocke um zwei oder drei Schritte vor ihr zurück, sodass sie sich ganz eindeutig nicht mehr in seiner Reichweite befand. Doch nun konnte sie auch sein Gesicht nicht mehr erkennen, er war nun wieder - fast - eine Stimme ohne Körper; etwas, das sie plötzlich so sehr verunsicherte, dass sie sich um ein Haar bei ihm entschuldigt und ihn gebeten hätte, wieder näher zu kommen.
    Und vielleicht hätte sie es tatsächlich getan, wäre er

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